/Kongo: WHO-Direktor kritisiert Überfälle auf Ebola-Klinik

Kongo: WHO-Direktor kritisiert Überfälle auf Ebola-Klinik

WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus hat den dritten Überfall
auf ein Ebola-Behandlungszentrum im Kongo verurteilt. Bei einem Besuch
des Zentrums in der Stadt Butembo sagte er am Samstag, die Ebolakranken
verdienten einen Ort, an dem sie versorgt würden, überleben könnten und
ihre Angehörigen nicht anstecken. Bewaffnete Männer hatten das
Behandlungszentrum
am Samstagmorgen mit Schusswaffen angegriffen; dabei waren ein Polizist
getötet
und ein Mitarbeiter verletzt worden.

Das
Behandlungszentrum in der Provinz Nord-Kivu hatte erst vor einer Woche
wieder seine Arbeit aufgenommen, nachdem es wegen eines früheren
Überfalls hatte schließen müssen. Insgesamt gab es bereits drei Angriffe auf die Einrichtung. 

Der
Kampf gegen die bisher schlimmste Ebola-Epidemie
im Kongo
gerät durch solche Angriffe immer wieder ins Stocken. In der
Region ist die Sicherheitslage extrem angespannt, zahlreiche Milizen
sind dort aktiv. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums sind seit
August 919 Menschen an Ebola erkrankt, 578 von ihnen starben an der
Krankheit. Es ist bereits die zehnte Ebola-Epidemie in der Geschichte
des Kongo.

WHO will Infrastruktur ausbauen, um Vertrauen zu gewinnen

Gewalt,
Misstrauen und Frust der Bevölkerung im Osten des Kongo verhindern in
dem Konfliktgebiet einen erfolgreichen Kampf gegen das gefährliche
Ebola-Virus. Die WHO setzt deshalb auf
eine neue Strategie: Die Menschen brauchten neben dem Ebola-Einsatz
deutlich mehr Unterstützung, auch zur Verbesserung der Infrastruktur in
der Region, sagte der Ebola-Einsatzleiter der
WHO, Michel Yao, der Deutschen
Presse-Agentur
.

Zuvor hatte die
Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) die derzeitige
Ebola-Strategie für gescheitert erklärt. In Konfliktgebieten, wo
seit Jahrzehnten bewaffnete Gruppen kämpfen, würden zu viele Infizierte
nicht in Behandlungszentren gebracht. Der MSF-Analyse zufolge sind die Kongolesen misstrauisch, dass Ebola-Einsätze ein Vorwand für politische Akteure
sind, in die Dörfer zu gelangen. Sie seien auch frustriert, weil Helfer
viel Geld in den Kampf gegen Ebola stecken, während Kinder weiter an
Malaria sterben. Auch die rigorose Abschirmung von Patienten und die
ihrer Ansicht nach wenig würdevollen Beerdigungen von Opfern stoßen
demnach auf Ablehnung.

“Wir wollen einen Vertrauensvertrag mit
der Bevölkerung schließen”, sagte Yao. “Wenn wir die Herzen der Menschen
nicht gewinnen, werden wir keinen Erfolg haben.” Dazu gehöre mehr
Rücksicht auf die Wünsche der Bevölkerung. “Wir haben seit dem großen
Ebola-Ausbruch in Westafrika 2014 viel gelernt”, sagt Yao.

So
würden Patienten in Behandlungszentren nicht mehr in völliger Isolation
behandelt, sondern könnten unter Sicherheitsvorkehrungen Besuch
empfangen. Statt Ebola-Tote von Fremden in hermetisch geschlossenen
Schutzanzügen beerdigen zu lassen würden die Leichenbestatter in den
Dörfern geschult, wie sie Infizierte bestatten können, ohne dass sich
jemand ansteckt. Statt sämtliche Habe eines verstorbenen Ebola-Patienten
zu verbrennen, werde nun geschaut, ob Dinge, an denen die Angehörigen
besonders hängen, nicht anders dekontaminiert werden können.

Wenn
an einer örtlichen Gesundheitsstation eine Wasserpumpe fehle, versuche
die WHO im Rahmen des Ebola-Einsatzes inzwischen, Abhilfe zu schaffen.
Bei größeren Infrastruktur-Problemen würden andere Akteure ins Boot
geholt. “Die Weltbank etwa plant bereits Projekte für nach dem Ende des
Ebola-Ausbruchs, aber wir ermuntern sie, schon jetzt anzufangen”, sagte
Yao.

Wie MSF findet es auch die WHO problematisch, wenn die
kongolesischen Behörden mit Polizei oder Militär vor Behandlungszentren
stehen oder bei Besuchen in Dorfgemeinschaften zugegen sind. Allerdings
müsse das Personal vor Übergriffen geschützt werden. WHO-Generaldirektor
Ghebreyesus kündigte an, diese Fragen am Wochenende im Kongo
mit der Regierung zu besprechen.

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