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Gender Care Gap: Der Internationale Frauentag ist ein Männertag

Der
Internationale Frauentag am 8. März ist eigentlich ein Männertag. Denn
während Männer und Frauen werktags ungefähr gleich viel Zeit für
Erwerbstätigkeit, Kinderbetreuung und Hausarbeit aufwenden, lassen wir
Männer es uns an Sonn- und Feiertagen so richtig gut gehen. Wir überlassen auch an diesen Tagen den größten Teil der Kinderbetreuung und Hausarbeit (nicht
aber die wichtige Gartenarbeit) den Frauen, zumindest statistisch gesehen. Es
ist also hervorragend, dass Berlin nun den 8. März zum Feiertag erklärt hat, so
wie es bereits 26 Staaten auf der Welt getan haben.

Eine neue
Studie meiner Kollegin Claire Samtleben
zeigt, dass an den
Werktagen Männer und Frauen, die in Paarbeziehungen sind, mit um die 11 Stunden
pro Tag ungefähr gleich viel Zeit für Erwerbstätigkeit, Kinderbetreuung und
Hausarbeit aufbringen. Dabei verbringen Männer und Frauen statistisch gesehen
diese Zeit sehr unterschiedlich: Männer verbringen mehr als 8 Stunden mit
Erwerbstätigkeit, Frauen dagegen wenig mehr als 5 Stunden. Frauen dagegen
verbringen knapp 6 Stunden mit Kinderbetreuung, Waschen, Kochen, Putzen und
Besorgungen, wogegen Männer nur knapp 3 Stunden dafür aufbringen. Dies klingt
erst einmal fair, denn beide Partner scheinen sich bezahlte und unbezahlte
Arbeit zu ungefähr gleicher Zeit an Werktagen zu teilen (siehe erste Grafik).

Ganz
anders sieht das Bild dafür an Sonntagen aus: Frauen verbringen fast 6 Stunden
für all diese bezahlten und unbezahlten Tätigkeiten, Männer dagegen nur wenig
mehr als 4 Stunden (siehe zweite Grafik). In anderen Worten: Während Männer sich an
arbeitsfreien Tagen mehr Freizeit gönnen, sind noch immer ihre Partnerinnen für
den größten Teil der Kindererziehung und vor allem der Hausarbeit
verantwortlich. (Aber immerhin verbringen Männer mehr Zeit mit Reparaturen und
Gartenarbeit, also meist Tätigkeiten, die zeitlich flexibler sind.)

Dies sind
alles statistische Durchschnitte über Paare hinweg, also auch solche ohne
Kinder oder mit älteren Kindern, die weniger Betreuung benötigen. Besonders
groß werden die Unterschiede in der Zeit, die Mütter und Väter für
Kinderbetreuung und Hausarbeit aufbringen, wenn sie Kinder zwischen null und
sechs Jahren haben. Denn diese Mütter verbringen knapp 12 Stunden ihrer Zeit an
einem Sonntag mit Kindererziehung und Hausarbeit, die Väter dagegen lediglich 8
Stunden. Kurzum, Väter kompensieren an den Wochenenden nur wenig der Zeit, die sie an den Werktagen weniger für Kinder und Haushalt aufbringen. Die typische Arbeitsteilung der Wochentage setzt
sich auch am Wochenende fort.

Ein
weiteres ernüchterndes Resultat ist, dass Männer heute im Vergleich zu 1992
nur unwesentlich mehr Zeit für Kinderbetreuung und Hausarbeit an Werktagen
aufbringen. Sie haben also ihre bis dahin übliche Zeitaufteilung zwischen Beruf und
Familie beibehalten. Dagegen sind es die Frauen, vor allem Mütter, für die sich
dramatische Veränderungen ergeben haben. Denn die Beschäftigungsquote von
Frauen hat sich über diesen Zeitraum von 60 Prozent auf 80 Prozent erhöht. Somit verbringen
Frauen heute deutlich mehr Zeit mit bezahlter Arbeit und weniger Zeit mit
Kinderbetreuung und Hausarbeit als noch 1992.

Aber auch wenn
deutlich mehr Frauen heute berufstätig sind, so arbeiten sie häufig in Teilzeit,
um Familie und Beruf vereinbaren zu können. Und auch wenn sich die Ungleichheit
in der Zeitaufteilung zwischen Männern und Frauen in Paarbeziehungen etwas
angeglichen hat, so bleiben die Unterschiede massiv, mit vielen Nachteilen für
Frauen. 

Der Unterschied zwischen bezahlter und unbezahlter Arbeit ist sehr wohl relevant

Mit einem viel höheren Anteil von unbezahlter Arbeit und einem geringeren
Anteil bezahlter Arbeit bedeutet dieses Ungleichgewicht, dass Frauen eine schlechtere Altersabsicherung haben und weniger Vorsorge betreiben können. Die Unterschiede
in der Zeitaufteilung zwischen bezahlter und unbezahlter Arbeit ist nicht
irrelevant, wie manche Kritiker behaupten, da viele Ehen geschieden werden und
es dann vor allem Frauen sind, die eine geringe Absicherung haben,
schlechtere Berufschancen und meist weiterhin den größten Teil der
Verantwortung für die Kinder übernehmen. Da ist es nicht überraschend, dass Frauen
und vor allem Alleinerziehende besonders stark von Armut betroffen sind und
schlechter gegen Risiken im privaten und beruflichen Leben abgesichert sind.

Man kann
diesen Entwicklungen etwas Positives abringen, denn die Ungleichheit in der
Verteilung von Zeit und Einkommen
zwischen Männern und Frauen hat in den
vergangenen drei Jahrzehnten abgenommen. Aber dieser Prozess geht sehr langsam
vonstatten, die Unterschiede bleiben groß und vor allem sind es die Frauen, von
denen erwartet wird, dass sie sich anpassen. Was sie auch tun.

Sicherlich
sind soziale Normen und Werte ein wichtiger Grund für diese Unterschiede
zwischen Männern und Frauen. Und diese lassen sich nun einmal nur langsam
verändern. Aber auch die Politik ist nicht unschuldig, denn sie legt vor allem
Frauen weiterhin hohe Hürden in den Weg, vom Ehegattensplitting, über ein noch
immer nicht ausreichendes Angebot an guter Kinderbetreuung und
Familieninfrastruktur, bis hin zu fehlenden Anreizen für Männer sich stärker in
der Kinderbetreuung einzubringen (beispielsweise über mehrere Partnermonate
beim Elterngeld für Väter).

Es gibt eine Menge für die Politik zu tun, um die
Ungleichgewichte in Partnerschaften nicht weiter zu verstärken. Dann wäre irgendwann
der Internationale Frauentag wirklich ein Tag auch für Frauen.

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