/Forstwirtschaft: “Der Wald bringt uns bei, langfristig zu handeln”

Forstwirtschaft: “Der Wald bringt uns bei, langfristig zu handeln”

Die Kettensägen hört man schon von Weitem. Eva Ritter, 29, stellt ihren schmutzigen Škoda am Waldrand ab, setzt einen Helm auf und zieht eine Warnweste über ihre elegante Strickjacke. “Ab jetzt gilt: aufpassen”, sagt sie. “Die Waldarbeiter fällen gerade kranke Fichten, die von Borkenkäfern angegriffen sind.”

Fichten sind die häufigste Baumart im Augsburger Stadtwald – dem zweitgrößten kommunalen Wald in Deutschland. Eva Ritter ist als stellvertretende Betriebsleiterin zuständig für 7.700 Hektar Wald: eine Fläche so groß wie der Chiemsee. In den letzten Jahren mussten auffällig viele Fichten wegen Krankheit abgeholzt werden, erzählt sie. “Fichten brauchen gemäßigte Temperaturen und viel Wasser. Sehr trockene Sommer wie der vergangene sind für diese Baumart so gefährlich wie ein Schlaganfall für den Menschen”, sagt Ritter. Die Bäume seien nun geschwächt. “Da haben die Schädlinge ein leichtes Spiel.”

Es ist Ende September, doch das Thermometer zeigt sommerliche 27 Grad. Ein Zitronenfalter schwirrt zwischen den Bäumen umher. Die Waldarbeiter schwitzen in ihren Schutzanzügen. Ritter reißt ein Stück Rinde von der gefällten Fichte ab. Borkenkäfer haben Labyrinthe aus Gängen in sie reingefressen – und so die Wasserzufuhr des Baumes gestört. Deshalb sind die Nadeln in der Krone trocken und rötlich. “Diese Fichte hat es im besten Alter erwischt, mit knapp 60 Jahren”, erzählt Ritter. “Diese Bäume können eigentlich 200 Jahre alt werden. Aber das schaffen inzwischen nur wenige.”

Eva Ritter ist überzeugt: Der sehr heiße Sommer 2018 sei zwar ein Extremfall gewesen, aber auch eine Vorschau, in welche Richtung das Klima in Deutschland langfristig steuert. “Experten gehen davon aus, dass das Klima in Augsburg in 2080 so sein wird wie im heutigen Kroatien”, sagt sie. “Deswegen müssen wir heute schon Bäume pflanzen, die für die zukünftigen Bedingungen geeignet sind.”

Jeden Tag 100 Jahre voraus denken

Die dünnen Teenagerbäumchen, die zwischen den alten Bäumen wachsen, sind deshalb nicht alles Fichtentriebe, sondern zum Beispiel auch Ahorne oder Wildkirschen, die besser mit Trockenheit zurechtkommen. Einige der Bäume sind natürlich gewachsen, andere haben die Förster gepflanzt. “Die Natur hat sich schon immer an Veränderungen angepasst, aber bei solchen dramatischen Veränderungen wie dem Klimawandel müssen wir nachhelfen”, sagt Ritter.

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