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Weltfrauentag: Die gläserne Decke für den Mann

Am Weltfrauentag an diesem Freitag werden alle über Frauen reden. Nun aber geht es
hier um das andere Geschlecht: den Mann.

Das
Leben hat sich für Männer, statistisch messbar, durchaus verändert in
den vergangenen Jahren. Das zeigt sich besonders schön an einer
Zahl: der Anzahl von Minuten, die amerikanische Teenager täglich im
Haushalt arbeiten. Waren es 2002 für die männlichen Teenager erst
21 Minuten, so waren es 2014 schon 27 Minuten. Damit waren die Jungen
innerhalb von zwölf Jahren überaus nah herangekommen an die führenden
Mädchen. Diese verbrachten 2002 noch fast doppelt so viel Zeit im
Haushalt, 2014 waren es nur noch knapp drei Minuten mehr am Tag.

Die
Männer kommen voran, wenn es darum geht, in Gefilde
vorzudringen, die klassisch als weiblich dominiert gelten. Zumindest
die jungen Männer. Sie stellen alte Rollenmodelle infrage, tragen
Glitzer und rosa Hemden – und erobern Herrschaftsräume, die einst
den Frauen vorbehalten waren. Etwa den Haushalt. Sag mal keiner,
alles, was da zu tun ist, sei unwichtig oder langweilig. Wer darüber
bestimmt, was es heute zu essen gibt, hat Macht über die Familie,
das versteht jeder Fünfjährige. 

Die Wäsche fest in Frauenhand

Mit
zunehmendem Alter stößt die Eroberung neuer Einflusssphären
seitens der Männer zwar auf Widerstände, wenn man die Zahlen
anschaut
. So arbeiten verheiratete Männer in Amerika heute nur
anderthalb Stunden je Woche mehr im Haushalt als 1983. Aber sie
verbringen damit dort jetzt immerhin halb so viel Zeit wie die Frauen,
1983 war es erst ein Viertel. Das Zeitalter des im Haushalt
unbeholfenen Junggesellen ist sowieso längst vorbei:
Singlehaushalte von Männern und Frauen liegen in Amerika bei der
auf Hausarbeit verwendeten Zeit beinahe gleichauf.

Die
Emanzipation des Mannes, sie kommt voran. Allerdings in vielen
Bereichen deutlich langsamer als gedacht. Das betrifft absurde
Dinge wie die Wäsche, die Frauen fest in ihrer Hand halten. Verheiratete deutsche Männer verwenden gerade einmal drei Minuten am Tag
darauf, Frauen hingegen 25 Minuten. Aber es trifft auch Felder, die
traditionell mit Einfluss und persönlicher
Erfüllung für die Frauen verbunden sind: die Erziehung der Kinder
beispielsweise. Dieser familiäre Führungsposten, klassischerweise von der Frau bekleidet, hat eine entscheidende
Bedeutung: Mitarbeiter im Job kommen und gehen, aber Kinder bleiben
den Eltern in der Regel ihr ganzes Leben erhalten. Das macht ihre
Erziehung und Bildung für ihre Eltern ungleich wichtiger als die
Aus- und Fortbildung ihrer Mitarbeiter im Job.

Männer
sind dabei, sich hier Einfluss zu verschaffen. Staatliche
Förderprogramme wie die Vätermonate haben einiges verändert in der
Aufteilung, die junge Paare bei der Erziehung wählen. Und doch: Wenn
es darum geht, wer die Hausaufgaben kontrolliert, über die
Aktivitäten der Kinder entscheidet, die Kita aussucht, mit Lehrern
redet oder ganz grundsätzliche Erziehungsentscheidungen trifft, dann
sind das häufig immer noch die Frauen. Das ist nicht nur
anekdotische Evidenz, sondern durch Daten belegt. Die genannten
Aufgaben sind dabei selbstverständlich nicht unbedingt die schönsten
Dinge, die man mit Kindern tun kann – was jeder weiß, der mal mit
einer unwilligen Neunjährigen Würfelnetze und Spiegelachsen gepaukt
hat. Aber sie sind die einflussreichsten. Wie auch der Chefposten in
einer Firma nicht unbedingt die meisten angenehmen Aufgaben zu bieten
hat, aber eben die wichtigsten.

Zu fern vom Nachwuchs

Zahlen
aus Deutschland belegen
, dass Männer sich besonders intensiv an den
Freizeitaktivitäten der Kinder am Wochenende beteiligen. Hausaufgabenbetreuung und Vorlesen hingegen, zwei für die Zukunft
der Kinder besonders prägende Tätigkeiten, machen sie ungleich
seltener als die Frauen. Obwohl man das sogar noch nach der
Vollzeitarbeit machen könnte.

Viele
Männer, so scheint es, stoßen daheim beim Aufstieg in Richtung
familiärer Führungsaufgaben an eine gläserne Decke, an der es für
sie einfach nicht weitergeht.

Wären
sie damit zufrieden, könnte man alles so lassen. Es muss ja nicht
jeder alles machen. Aus ökonomischer Sicht ergibt Arbeitsteilung
überall Sinn, auch in der Familie. Doch Untersuchungen zeigen, dass
den meisten Männern die Sache gar nicht gefällt. In einer Befragung
des Statistischen Bundesamts gaben rund ein Drittel der Väter an,
die Zeit, die sie für ihre Kinder hätten, sei “eher nicht
ausreichend” oder “nicht ausreichend”. Die Frauen waren weit
seltener dieser Meinung. Jeder dritte Vater lebt aber offenbar in
Deutschland gegen seine Wünsche zu fern vom Nachwuchs.

Lean in!

Wer ist schuld an der Lage? Die Frauen, die ihre Einflusssphäre schützen und Männern den Zugang verwehren? Oder trauen sich die Männer selbst die Rolle des Familienchefs womöglich gar nicht zu? Liegt es – womöglich – gar in den Genen? Sind es die Hormone? Oder liegt es am Einkommensunterschied, den es zwischen Mann und Frau bei einigen Paaren gibt, sodass der Mann eher in den Job und aus dem Haus gedrängt wird?

Sicher
ist: Die Männer sind einfach langsamer. Während Frauen sich
mittlerweile einen großen Raum an Möglichkeiten erobert haben, ist der der Männer nur zögerlich gewachsen. Mädchen gehen als
Darth Vader zum Karneval, aber der einzige Junge, der als Eiskönigin
Elsa im Kindergarten auftaucht, ist eine Sensation, von der noch
jahrelang erzählt wird. Väter, die ihren Nachwuchs von der Schule
abholen, werden vom Nachbarskind liebevoll informiert: “Du bist in
eurer Familie also die Mama.”

Da kann man nur sagen: Es ist noch viel zu tun, liebe Männer, also
geht es an! Emanzipiert euch! Dort, wo es euch wichtig ist. Lean in!
Wir Frauen übernehmen im Gegenzug ein paar von den anstrengenden
Aufgaben im Beruf, versprochen. (Und ja, dieser Aufruf müsste von
euch kommen, nicht von einer Frau. Aber wann kommt er denn?)

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