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Kuba: Kleine Revolution

Verfassung

Das erste Mal seit über vierzig Jahren soll die kubanische Verfassung grundlegend geändert werden. Die Bevölkerung wurde direkt daran beteiligt: Die Kubaner haben etwa 780.000 Änderungswünsche eingereicht. Oppositionelle kritisieren, dass die Regierung nur die ihr genehmen Forderungen umgesetzt habe. Trotzdem stimmten etwa 87% der Wähler am 24. Februar 2019 mit Ja. Wann die neue Grundordnung in Kraft tritt, ist noch nicht ganz klar.

Machtverteilung

Nach sechs Jahrzehnten unter der Herrschaft der Castros haben die Kubaner einen neuen Präsidenten gewählt: Miguel Díaz­-Canel. Er wolle Kuba modernisieren, sagt er. Dafür soll auch die Verfassungsänderung stehen. Allerdings gilt Díaz­-Canel als rechte Hand Raúl Castros, der als Parteivorsitzender und Befehlshaber der Streitkräfte immer noch eine mächtige Position innehat. Kritiker sagen, dass es unter Castros Aufsicht nur zu kosmetischen Änderungen kommen könne.

Handel

Kuba ist berühmt für seine Zigarren und Zigarillos. Sie werden in alle Welt exportiert, Deutschland ist einer der Hauptabsatzmärkte. Wir importieren jedes Jahr etwa 100 Tonnen von diesen kubanischen Tabak­ waren. Außerdem gelangen jährlich rund 5000 Tonnen Honig nach Deutschland, dazu kubanische Alkoholika wie Rum oder Gemüse­ und Fruchtsäfte.

Tourismus

Immer mehr Reisende sehnen sich nach den weißen Stränden Kubas. Das geht zulasten der Bevölkerung: Fisch, Seife oder Klopapier werden eher an Hotels oder Restaurants als an Einheimische verkauft. Den Großteil der Tourismusbranche kontrolliert das Militär. US­-Präsident Donald Trump will diese Macht schwächen und hat deswegen einige Hotels auf eine schwarze Liste gesetzt. Amerikanische Bürger dürfen nur in ausgewählten Unterkünften übernachten oder müssen auf Airbnb ausweichen. Im weltweiten Vergleich hatte Havanna 2017 von allen Städten den größten Zuwachs an Airbnb­ Buchungen gegenüber dem Vorjahr.

Freiheit

Bisher war das Land nicht als ein demokratischer Rechtsstaat bekannt. Im Gegenteil: Amnesty International zitiert eine kubanische NGO, die 2017 über 5000 willkürliche Festnahmen zählte. In Relation zu den Einwohnern hat Kuba die sechst­ höchste Zahl von Inhaftierten weltweit. Vor allem Regimegegner leben gefährlich. Die Gründe für Verhaftungen reichen von “Störung der öffentlichen Ordnung” bis zu “Verunglimpfung von Organisationen und Institutionen sowie von Helden und Märtyrern der Republik Kuba”. Die Medien können nicht frei berichten: Kuba belegt Platz neun der Länder mit der geringsten Pressefreiheit.

Gesundheitswesen

Kuba schickt jedes Jahr Zehntausende Ärzte in die Welt. Auch weil die Mediziner einen Teil ihres Verdienstes abführen müssen, kommen so Milliarden Dollar pro Jahr in die Staatskassen. Auf der Insel selbst gilt das Gesundheitssystem als vorbildlich für ein Entwicklungsland. Fast alle Kinder sind geimpft, die Säuglingssterblichkeit ist geringer als in den USA, und das Land hat die höchste Ärztedichte weltweit. Andererseits fehlen oft Medikamente, sogar für Krankheiten wie Diabetes.

Vielfalt

Der Frauenanteil im kubanischen Parlament ist der zweithöchste der Welt. Nur wenige von ihnen bekleiden aber wie die Tochter Raúl Castros wirklich einflussreiche Positionen. Mariela Castro setzt sich in dem eher konservativen Land für die Rechte von sexuellen Minderheiten ein. Nicht immer mit Erfolg: In dem geänderten Verfassungsvorschlag stand zunächst ein Artikel, der den Grundstein für die Ehe für alle legte; es gab aber so viele Gegenstimmen in der Bevölkerung, dass die Regierung eine Regelung vertagte.

Illustration:
Neele Jacobi

Recherche:
Lisbeth Schröder

Quellen: Dr. Julia Roth, Center for Inter­american Studies, Universität Bielefeld; cubaheute.de; reuters.com; Statistisches Bundesamt; Statistisches Monatsheft Baden­-Württemberg 10/2016; Amnesty International; Reporter ohne Grenzen; ICPR; Maihold, Heindl: “Kuba unter Miguel Díaz-Canel: institutionelle Weichenstellungen unter der Aufsicht Raul Castros” (SWP-Aktuell, 60/2018); Humanitäre Cuba Hilfe; brandeins.de; WHO; IPU; jungewelt.de; efn.org; Inter-Agency Group for Child Mortality Estimation; knoema,de; newsroom.itb-berlin.de; deutschlandfunk.de

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