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Luke Perry: Der kalifornische Rebell

Man soll den Tod anderer Menschen
nicht auf sich selbst beziehen, aber was bleibt einem denn übrig. Luke Perry erlag
gestern Abend mit 52 Jahren den Folgen eines Schlaganfalls
. Und es scheint,
als rühre die Anteilnahme am Tod des Schauspielers vor allem daher, dass in
dessen Angesicht eine Generation plötzlich konkrete, echte Angst vor dem
eigenen Ende bekommt. Der Tod des Teenieidols geht uns, die wir in
den Neunzigerjahren unsere Jugend verbracht haben, auch deswegen so nah, weil
wir alle einmal er waren. Oder in ihn verliebt. Oder so sein wollten wie er.
Oder wollten, dass er in uns verliebt ist. 

Luke Perry war Dylan McKay.

Das lässt sich ohne Sarkasmus
sagen, eher aus einer Zuneigung heraus. Bis zu seinem Tod sah der Schauspieler so aus
wie seine berühmteste Verkörperung, der düstere Rebell Dylan aus der Fernsehserie Beverly Hills, 90210. Und Ernsthaftigkeit
ist allein deshalb geboten, weil diese Serie den Teenager zum ersten Mal ernst
nahm. Zum ersten Mal wurden im Fernsehen unsere Probleme besprochen. Als Dylan zum ersten Mal mit Brenda schläft, sieht das Drehbuch
niemanden vor, der ins Zimmer platzt und alles wie sonst in einem Witz auflöst
oder verhindert. Nein, es passiert. Und wird danach von allen Beteiligten detailliert
besprochen. Und ist einfach voll in Ordnung. Das hat die USA in den frühen
Neunzigerjahren schockiert. 

Die Serie um eine
Clique von Teenagern hatte Anlaufschwierigkeiten und wurde dann die
erfolgreichste ihrer Zeit. Sie lief
von 1990 an zehn Jahre lang in knapp 300 Episoden. Und sie sah
anders aus als alles, was man als europäischer Teenager jemals gesehen hatte. Die schicken Autos, die Megavillen, der perfekte Ozean, die Palmen. Beverly Hills – was und wo zur
Hölle sollte das eigentlich sein? Es war egal. Es war einfach zu toll. Zum ersten Mal
sahen Teenager im Fernsehen nicht
mehr wie Teenager aus, sondern benahmen sich wie Models und waren
auch so angezogen. Von 90210, wie wir Fans sagten, lässt sich problemlos eine
direkte Linie zu den Kardashians von heute ziehen. 90210 brachte Teenagern bei, sich nach amerikanischem Reichtum zu sehnen.  

Wie er schaute!

Perrys
Dylan war von Anfang an der beliebteste und geheimnisvollste männliche
Charakter. Er war zwar Surfer, vor allem aber war er derjenige, der all das nur
schwer ertrug. Er sah die Risse in der schönen Scheinwelt, die seine Freunde heiter
Leben nannten. Sein mal verträumter, mal zorniger Blick war viel interessanter
als das putzige Grinsen des hübschen Brandon oder des blonden Football-Angebers
Steve. Der aufsässige Zauderer schlenderte meist
allein herum, trug dabei Lederjacke und wollte seine Ruhe haben. Dann trank
er zu viel Alkohol, dann machte er irgendwas kaputt. Und dann küsste er Brenda.
Wie er schaute! Dylan war das, was man vor 200 Jahren über den
englischen Dichter Lord Byron sagte, der Celebrity und Rebelboy erstmals in sich vereinte.
Er war “mad, bad, and dangerous to know“. So sehr jedenfalls, wie man das in den Neunzigerjahren,
im Kabelfernsehen, in einer Serie, an einem der reichsten Orte der Welt, in
Kalifornien, sein konnte. Der Rebell hatte ja niemals weniger Gründe als in den
Neunzigerjahren. 

Bereits
in Episode eins setzte sich Dylan für einen Schwächeren ein und legte sich mit
der Football-Fraktion an. Sein eigentliches Ding war jedoch gar nicht so sehr “für
andere”, sondern: gegen sich selbst, gegen das richtige Leben im falschen. So
verkörperte er auch den Zeitgeist des Grunge. Das machte ihn hart und
düster. Sein Vater war der reichste, seine Mutter wohl tot. Dylan hatte eine
gute Seele, aber sie war verletzt. Eigentlich konnte er sich immer nur um sich
selbst kümmern. Und nicht einmal das wirklich ordentlich. Er legte dann seine Stirn
unter der Haartolle in Falten, schaute verschlossen in die Ferne. Dann war wieder
alles vorbei. Und er fuhr dramatisch davon in seinem Porsche. Logischerweise das coolste Auto der Welt, ein 356 Speedster
aus dem Jahr 1959.

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