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“Europa spricht”: Jetzt spricht Europa!

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Kennen wir Europäer uns? Verstehen wir Nicht-Franzosen, was der französische Lkw-Fahrer denkt, der sich den Protesten der Gelbwesten anschloss? Was treibt die Polin um, die die nationalistische PiS wählt, den Ungarn, der für Viktor Orbán stimmte? Betrauern manche Briten ihr Ja zum Brexit? Wie geht es den Griechen, von denen in deutschen Medien zwischenzeitlich täglich zu lesen war und um die es heute still geworden ist? Wissen wir Europäer genug voneinander?

Wir sind uns nicht so sicher. Deshalb haben wir gemeinsam mit anderen europäischen Medienhäusern Europa spricht entworfen – eine Plattform, die politisch Andersdenkende europaweit zu Streitgesprächen unter vier Augen zusammenbringt. Von heute an bis zur Europawahl im Mai finden Sie auf den Seiten von ZEIT ONLINE und 15 anderen europäischen Partnermedien eine kleine Box. Darin stellen wir den Leserinnen und Lesern sieben politische, möglichst kontroverse Ja-/Nein-Fragen, die in vielen EU-Ländern debattiert werden. Zum Beispiel: Sollten alle europäischen Länder strenge Grenzkontrollen einführen? Oder: Sollten reichere europäische Länder ärmere unterstützen?  

Wenn Sie die sieben Fragen beantworten und sich anschließend anmelden, versuchen wir, Sie mit einem anderen Europäer aus einem Nachbarland zusammenzubringen, der über diese Fragen ganz anders denkt. Mitte April stellen wir Ihnen dann Ihre Gesprächspartnerin oder Ihren Partner vor. Sobald Sie beide dem Gespräch zugestimmt haben, können Sie per E-Mail Kontakt zueinander aufnehmen. Gut möglich, dass Sie nicht dieselbe Muttersprache sprechen, sich also auf Englisch verständigen müssen.

Am Nachmittag des 11. Mai haben Sie dann die Wahl: Entweder Sie steigen in den Zug, ins Auto oder Flugzeug, um ihrem Gesprächspartner oder ihrer Gesprächspartnerin im echten Leben zu begegnen – an einem Ort ihrer Wahl, zu einem Spaziergang oder zum Kaffee. Oder aber Sie begegnen sich online in einer Videokonferenz, um mit ihrem Gegenüber über Europa zu debattieren. Wenn alles gut läuft, werden einander bisher unbekannte Belgier und Franzosen, Österreicher und Italiener, Deutsche und Polen ins Gespräch kommen, um von Angesicht zu Angesicht zu diskutieren. Einen Teil der Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden wir auch nach Brüssel einladen, wo wir am 11. Mai gemeinsam mit den Medienpartnern ein Festival zum Abschluss von Europa spricht veranstalten.    

Kommt Ihnen die Idee bekannt vor? Mag sein, dass Sie schon von Deutschland spricht gehört oder dabei sogar mitgemacht haben. In den vergangenen zwei Jahren hat ZEIT ONLINE gemeinsam mit Medienpartnern mehr als 30.000 politisch Andersdenkende in politische Eins-zu-eins-Gespräche vermittelt. Aus der einstmals kleinen ZEIT-ONLINE-Idee ist die internationale Plattform My Country Talks entstanden, die in immer mehr Ländern der Welt zum Einsatz kommt: in Norwegen, Italien, Dänemark, Österreich oder der Schweiz. Allein in diesem Jahr werden rund zehn nationale Diskussionsveranstaltungen stattfinden, darunter in Finnland (Suomi Puhuu), Belgien (Het Grote Gelijk) und Großbritannien.

Mit Europa spricht versuchen wir nun etwas Neues. Erstmals werden wir in mehreren EU-Ländern gleichzeitig politisch Andersdenkende ins Gespräch bringen. Und erstmals vermitteln wir Gesprächspaare nicht nur innerhalb eines Landes, sondern über nationale Grenzen hinweg.

Damit dies möglich wird, kooperiert ZEIT ONLINE mit einem großen Netzwerk an europäischen Medien: arte.tv in Frankreich und Deutschland, Capital in Bulgarien, Delfi in Estland und Lettland, De Standaard und Knaack in Belgien, Der Standard in Österreich, Efsyn in Griechenland, Financial Times in Großbritannien, Gazeta Wyborcza in Polen, Helsingin Sanomat in Finnland, HuffPost, La Repubblica und Sky TG24 in Italien, Morgenbladet in Norwegen und Politiken in Dänemark. All diese Medien werden ihren Lesern die gleichen sieben Fragen stellen, in der Hoffnung, Ihnen einen politischen Zwilling aus einem anderen Land vermitteln zu können.

Wenn unser Experiment gelingt, könnten am 11. Mai Hunderte, vielleicht Tausende Menschen einen anderen Europäer treffen – mit offenem Ausgang. Eventuell lernen sich ja ein paar Europäer ein bisschen besser kennen.

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