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EU-Reform: “Wie wäre es jetzt mit Vorschlägen aus Deutschland?”

Der proeuropäische
Reformaufruf von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron
ist in Deutschland
auf überwiegend positive Resonanz gestoßen. “Emmanuel Macron hat
ein entschlossenes Signal für den Zusammenhalt in Europa
gesetzt”, sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz. Ähnlich äußerte sich ein Regierungssprecher: “Es ist
wichtig, dass die proeuropäischen Kräfte vor der Europawahl ihre
Konzeptionen vorstellen.” Die Bundesregierung begrüße die
Debatte über die Ausrichtung der EU. Auf die inhaltlichen
Vorschläge Macrons ging er nicht
ein. Politiker von CDU, SPD, FDP und Grünen forderten von der
Bundesregierung eine Antwort auf Macrons Vorschläge.

Macron hatte am Montagabend in mehreren Sprachen ein
leidenschaftliches Plädoyer mit seinen Vorstellungen für eine
Renaissance Europas veröffentlicht. “In einigen Wochen werden
die Europawahlen über die Zukunft unseres Kontinents
entscheiden”, schrieb Macron in dem auf Twitter
und in 28 europäischen Zeitungen verbreiteten Aufruf. “Noch nie seit dem
Zweiten Weltkrieg war Europa so wichtig. Und doch war Europa noch nie in
so großer Gefahr.” In dem Essay macht Macron weitreichende Vorschläge für die
Wirtschafts- und Verteidigungspolitik und fordert etwa eine Bevorzugung
europäischer Unternehmen bei öffentlichen Aufträgen.

Deutschland und Frankreich arbeiteten seit
Monaten intensiv zusammen, sagte Scholz. “Ich sehe uns eng an der Seite von
Paris, wenn es um Reformen für ein handlungsfähiges Europa und
einen stabilen Euro geht.” Bundesjustizministerin und SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl, Katarina Barley, dankte Macron via Twitter
für seine Initiative. “Wir Europäerinnen und Europäer müssen jetzt
zusammenkommen und Europa gemeinsam stark machen.”

Der CDU-Politiker und Vorsitzende des
Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Norbert Röttgen, schrieb
auf Twitter: “Wie wäre es jetzt mit Vorschlägen aus Deutschland?” FDP-Generalsekretärin und FDP-Spitzenkandidatin Nicola Beer
sprach von einem “wichtigen Anstoß für notwendige Reformen”.

“Viel zu oft ausgebremst”

Grünenchefin Annalena Baerbock schrieb auf Twitter:
“Drei Monate vor der EP-Wahl brauchen wir starke Impulse für ein
verändertes, starkes Europa.” Diesen Anspruch teile ihre Partei mit
Macron. “Lasst uns über Ideen, streiten statt wie die Bundesregierung
Europamüdigkeit zu verbreiten”, forderte Baerbock. Die
Grüneneuropapolitikerin Franziska Brantner schrieb, dass
es nun die letzte Chance von Kanzlerin Angela Merkel sei, “für
den europäischen Zusammenhalt auch etwas zu wagen”.

Auch der Generalsekretär der Sozialdemokratischen Partei Europas und Vizechef der SPD-Bundestagsfraktion, Achim Post, lobte Macrons Vorstoß. “Die grundlegende Stoßrichtung von Macrons Europaplan ist richtig”, sagte Post dem Berliner Tagesspiegel. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) warf er vor, die bisherigen europäischen Initiativen von Macron “viel zu oft ausgebremst” zu haben.

Unterstützung bekam Macron auch aus Belgien und
Finnland. Der
belgische Ministerpräsident Charles Michel sagte, er hoffe auf “ein
Europa, das Freiheit und Demokratie schützt”, wie die belgische
Nachrichtenagentur Belga berichtete. Der finnische Ministerpräsident Juha Sipilä bot Macron via Twitter Unterstützung an. Die Menschen sollten sehen, dass “die EU in der Lage ist,
Entscheidungen zu treffen und sie umzusetzen”. 

Kritik kam von der AfD. Macrons Vorschläge für eine Erneuerung der EU würden am Ende zu noch mehr Vorschriften führen und die Souveränität der Mitgliedsstaaten weiter einschränken, sagte AfD-Fraktionschef Alexander Gauland. “Das wird die Krise der EU verschärfen: Denn nicht Nationalisten gefährden Europa, sondern der ausufernde Kontroll- und Bürokratiewahn der EU.”

In Frankreich, wo Macrons
Popularität gesunken ist, stieß sein Appell dagegen auf Skepsis. Die
republikanische Oppositionspolitikerin Nadine Morano kritisierte, in
seinem Gastbeitrag komme das Wort Frankreich lediglich einmal vor. Mit
dem sogenannten Macronismus werde Frankreich “in diesem europäischen Föderalismus” verschwinden.

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