/5G in Europa: Die Vertrauensfrage

5G in Europa: Die Vertrauensfrage

Chinas Aufstieg löst in Brüssel quer durch alle EU-Institutionen
große Sorge aus. Im Europäischen Parlament, in der Kommission, selbst
bei den Mitgliedsstaaten im Europäischen Rat hat sich herumgesprochen,
dass die Führung in Peking ihre Interessen mit aller Macht und großer Effizienz
verfolgt. Bis sich diese Erkenntnis durchsetzte, hat es allerdings ein
wenig gedauert. Nach der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten im Herbst
2016 glaubten manche in Brüssel, man könne den “Ausfall der USA” durch
eine Kooperation mit China wettmachen. Diese Vorstellung lief unter dem
seltsamen Namen Chinopa. Es gebe doch gemeinsame Interessen, hieß es,
namentlich beim Handel und der Klimapolitik.

Während die Europäer
vor sich hin träumten, tat China das, was
Weltmächte tun: Es setzte seine globale Strategie um, ohne sich um
geltende Regeln zu kümmern. Diebstahl intellektuellen Eigentums,
versteckte staatliche
Subventionierung von Unternehmen, Piraterie, Industriespionage – Chinas
Weg an die Weltspitze ist mit illegalen Praktiken gepflastert.
Aufgewacht ist man in Europa erst, als chinesische Unternehmen dazu
übergingen, gezielt kritische Infrastrukturen in Europa zu kaufen:
Häfen, Stromnetze, Hochtechnologie. Längst ist China nicht mehr
Exporteur von billigem Spielzeug, sondern ein Hightechland. Ein
Konkurrent ersten Ranges.

Nun steht die nächste Stufe chinesischen
Engagements auf dem europäischen Markt an. Der Technologiekonzern Huawei
will das 5G-Netz in Europa ausbauen. Die Mobilfunkgeneration 5G kann
riesige Datenmengen in
Echtzeit übertragen. Durch 5G wird ein neuer Grad der Vernetzung
erreicht werden. Nicht nur zwischen Menschen, sondern vor allem zwischen
Dingen. Autonom
fahrende Autos können über 5G mit ihrer Umgebung kommunizieren,
darunter auch mit Ampeln und Parkplätzen. Ärzte können aus der Ferne
operieren, indem sie über diese Netze Roboter steuern. Städte werden
auf diese Weise ebenso vernetzt wie Fabriken.

Wie viel Beweis muss sein?

Mit 5G startet das Zeitalter des Internets der Dinge. Nach
Schätzung des Londoner Informationsdienstleisters IHS wird es im Jahr 2030
dreißig Milliarden miteinander vernetzte Dinge geben. 30 Milliarden
Dinge, die Daten sammeln und verarbeiten können. Um es in
einem Bild zu sagen: Wer das 5G-Netz errichtet, der baut nicht nur
Erdölpipelines des 21. Jahrhunderts, der baut Wasser- und Gasleitungen,
das Straßen- und Eisenbahnnetz gleich dazu.

Deswegen stellen sich
in der EU inzwischen viele die Frage, ob man Huawei vertrauen kann. Auch
wenn jeder Gesprächspartner in Brüssel bei dem Thema seine Stirn in
Sorgenfalten legt, lassen sich doch – grob gesagt – zwei Fraktionen
ausmachen. Die einen sagen, Huawei werde vieles vorgeworfen, aber man
habe dem Unternehmen bisher nichts nachweisen
können. Solange man das nicht könne, dürfe man es nicht vom
europäischen Markt ausschließen. Die anderen sagen, Huawei sei aufs
Engste mit der Kommunistischen Partei Chinas verbunden, mehr Beweis
müsse
nicht sein. Immerhin hat die chinesische Regierung vor Kurzem ein Antiterrorgesetz verabschiedet,
wonach jedes Unternehmen in China dazu gezwungen werden kann, der
Regierung seine Daten zur Verfügung zu stellen. Und Chinas Kommunisten
haben bekanntlich einen unstillbaren Datenhunger.

Beide
Fraktionen würden für sich in Anspruch nehmen, Realisten zu sein –
also die Dinge so zu betrachten, wie sind. Die eine Fraktion allerdings
sieht nur das Unternehmen, die andere den gesamten politischen Kontext.
Dann gibt es, als feuilletonistischen Zuckerguss für die Debatte, noch
eine Gruppe von Kulturalisten, die behauptet, der Westen ertrage es
einfach nicht, nach 500 Jahren globaler Dominanz ins Hintertreffen zu
geraten. Der Widerstand gegen Huawei, so das Argument, speise sich aus
dieser dunklen Quelle. Die Europäer
mobilisierten gegen das Unternehmen, weil es chinesisch ist.

Die
Argumentation der Kulturalisten passt genau zur Propaganda der
Kommunistischen Partei Chinas. Die behauptet sinngemäß bei jeder sich
bietenden Gelegenheit: “Ihr legt uns Steine in den Weg, weil wir
Chinesen sind!” Der Widerstand sei also rassistisch motiviert.

Hits: 26