/Gentrifizierung: Mit euch ist keine Tanke mehr zu machen

Gentrifizierung: Mit euch ist keine Tanke mehr zu machen

Es ist Samstagnachmittag, zwei Uhr in Berlin Kreuzberg, ich habe einen Kater, ich möchte eine Cola. Am dreckigen Ende der Oranienstraße, wo ich wohne, gibt es eine Shell-Tankstelle. Es wurde noch nicht hell heute, es wird es auch nicht werden.

“Was ist denn hier los?!” Mit dem ersten Schritt in den Tankstellenshop trifft mich genau diese Frage wie eine Kugel. Abgeschossen von einem wohl arabischstämmigen Mittzwanziger, bulliger Typ. Er hat gerade seinen schwarz glänzenden BMW vollgemacht, pumpt sich in die Tanke und will die Tanke hier schön bezahlen. Muss ja. Geht aber nicht. Geht auf jeden Fall schwer. Jedenfalls viel schwerer als sonst. Wir kennen uns hier beide nicht mehr aus. Die Kassen liegen nicht mehr kompakt an der linken Wand, stattdessen morpht nun ein langer Thekenschlauch kurvig durch die ganze Tiefe des Raums, und die drei am Schlauch verteilten Kassen wollen scheinbar alle etwas anderes. Es steht auch niemand dahinter, die zwei Mitarbeiter eilen wild durch die Gegend. Angenehm verduselt versuche ich es mit dem guten alten Unterbewusstsein. Geleitet wird man automatisch tendenziell zu der in der Mitte. Als ich dorthin stolpere, meldet der große blonde Mitarbeiter mit Igelschnitt jedoch: “Andere Kasse, bitte. Dort kann man nur Geld abheben.”  

Vor ihm, rechte Kasse, hat sich eine ziemliche Schlange gebildet. Hinter ihm, wo sich klassischerweise die Zigaretten befinden, stehen jetzt Croissants und ganz schön viele frische Brotlaibe aufgereiht. Er trägt eine braune Schürze, die aus grobem Stoff zu sein vorgibt.

“Was hier los?!?!”, schnauzt der BMWler noch ein bisschen lauter. Er steht weiterhin orientierungslos im Raum. Der blonde Kollege mit der Schürze und den lieben Augen schaut aufgekratzt von seiner riesigen, blubbernden Kaffeemaschine auf die schnaubende Schlange in seinem Rücken, dann auf den brüllenden Mann. Er seufzt. Schäumt Milch. Er kennt das offenbar schon. Das ist jetzt das neue Ding hier. Ich lese die Zeichen um mich: Ich befinde mich also in einer “Backschmiede” und “Grillbar”. Da glänzen die Würstels nicht nur in durchsichtigen Behältern, sondern auch auf einer Art Rost. Hinter mir ein Schild: “Mini-Market”. Sogar ein paar ineinandergestapelte Einkaufskörbe gibt es und da nun eine gemütliche kleine Nische mit Tischen, Tablettständer, McDonalds-Style. Aus der Tanke ist ein Restaurant geworden. Und ein Supermarkt. Und eine Bäckerei.

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