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Fridays for Future: Die Strategin

Sie will nicht die deutsche Greta Thunberg sein, aber vielleicht muss sie es: Mit Luisa Neubauer wird gerade eine Studentin zum Gesicht einer neuen Schülerbewegung.

Tausende Schülerinnen und Schüler werden heute die Schule schwänzen, um auf die Klimakrise aufmerksam zu machen. In Aachen, Bremen, Duisburg, Eisenach, Münster, Würzburg – die Liste wird jeden Freitag länger. Doch alle Medien werden heute nach Hamburg schauen, denn Greta hat sich angekündigt. “BREAKING NEWS”, twitterte die Hamburger Ortsgruppe von Fridays for Future vor einer Woche, als die Nachricht bekannt wurde. Greta Thunberg ist die 16-jährige Aktivistin aus Schweden, die im letzten Sommer damit angefangen hat, für mehr Klimaschutz die Schule zu schwänzen. An ihrer Seite läuft heute Luisa Neubauer. Sie wird gerade zum Gesicht diesen neuen jungen Protests.

Eigentlich sollte die 22-jährige Luisa ihre Bachelorarbeit in Geografie an der Uni Göttingen schreiben. Doch seit drei Monaten findet sie dafür kaum Zeit. Stattdessen vertritt sie die rasant wachsende Jugendbewegung vor den Kameras.

Im Dezember lernten sich Luisa und Greta auf der Klimakonferenz in Katowice kennen. Luisa war als Jugendbeobachterin eingeladen. Greta hielt eine Rede, die später in den sozialen Medien hunderttausendfach gesehen und geteilt wurde. Luisa hatte sich vorgenommen, Greta am Rande des Gipfels kennenzulernen. Sie hatte das Potenzial ihres Protestes lange vor den großen Medien erkannt und wollte die Streikidee nach Deutschland holen. “Wir mobilisieren Massen”, erzählt sie letzte Woche am Telefon, während sie ihre Sachen für eine Reise mit Greta nach Brüssel packt. “Mir war von Anfang an klar, dass man den Schulstreik in Deutschland ganz anders aufziehen muss”, sagt sie.

Greta einfach zu kopieren, hätte nicht funktioniert: Luisa ist keine 16 Jahre alt mehr. Wenn sie die Vorlesung schwänzt, eine Klausur ausfallen lässt, nicht an ihrer Abschlussarbeit schreibt, um für das Klima zu demonstrieren, interessiert sich erst einmal niemand dafür. Sie braucht Tausende Schüler, die mit ihr gemeinsam streiken.

Kurz nach der Klimakonferenz organisierte Luisa den ersten großen Schulstreik in Berlin. Sechs Wochen später demonstrierten fast 10.000 Schülerinnen und Studenten vor dem Wirtschaftsministerium, während drinnen die Kohlekommission tagte. Luisa ist Sprecherin, Organisatorin und bekanntestes Gesicht der Bewegung in Deutschland.

Damit macht sie sich aber auch angreifbar: Kritiker versuchten im Netz, sie mit einer Hasskampagne als Vielfliegerin zu diskreditieren. Sie warfen ihr vor, den Streik der Schülerinnen und Schüler auszunutzen, um berühmt zu werden.

Freitagmorgen, 8:41 Uhr im ZDF-Studio. Luisa ist zu Gast beim Morgenmagazin. Sie ist um sechs Uhr aufgestanden. In den Stunden vor der Sendung musste sie schon etliche Anrufe von Unbekannten abwimmeln – jemand hatte am Tag zuvor ihre Handynummer auf Twitter veröffentlicht. In der Instagram-Story, die sie auf dem Weg ins Studio filmt und hochlädt, wirkt sie trotzdem gut gelaunt. Später am Tag wird sie auf der Demo sein. Jetzt sitzt sie konzentriert auf dem roten Sofa im ZDF-Studio, die Sendung wird live übertragen. Moderatorin Dunja Hayali fragt sie, worin ihr Hauptanliegen besteht. Luisa antwortet mit der Professionalität einer erfahrenen Rednerin: “Wir sind in der größten Krise der Menschheit. Und wir können nicht zusehen, wie andere Menschen unsere Zukunft gegen die Wand fahren.”

Ihr Blick ist fest, sie hebt die Augenbrauen, zwischendrin lächelt sie einnehmend. Wenn sie über die Klimakrise spricht, ist sie überzeugend, denn sie ist selbst überzeugt. Und sie hat viel Erfahrung.

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