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Nordkorea: Atomgipfel dürfen keine Show mehr sein

Nichts ist gefährlicher als Atomwaffen. Jeder weiß, dass sie in kürzester Zeit die Menschheit vernichten können. Verhandlungen über solche Waffen sind daher zwangsläufig eine ziemlich harte Angelegenheit. Wer über sie verfügt, hat eine entsetzliche Macht. Wie hart solche Verhandlungen tatsächlich sind, hat uns der zweite Gipfel zwischen Kim Jong Un und Donald Trump gezeigt. Nach allem, was man bislang weiß, ist er gescheitert, weil der Nordkoreaner sämtliche Sanktionen gegen sein Land aufgehoben haben wollte, dafür im Gegenzug aber nur eine teilweise Denuklearisierung akzeptiert hätte.

Es ist klar, dass Trump und seine Berater nicht damit gerechnet hatten, dass Kim Jong Un diese Maximalforderung auffahren würde. Ansonsten hätte die US-Regierung nicht einen derart großen Gipfel mitgemacht, um ihn dann für mehr oder weniger gescheitert zu erklären. Doch Instinktmensch Trump ahnte womöglich etwas in der Richtung, als er vorab meinte, er habe es nicht eilig mit der Denuklearisierung, solange keine Waffen getestet würden.

Die nordkoreanische Elite hat spätestens seit Ende des Krieges 1953 immer sehr geschickt auf die Mächte reagiert, die das Land umgeben – nicht selten zulasten ihres hungernden Volkes. Ob es die USA, China oder Russland waren: Die Kim-Dynastie hat es trotz aller Widerstände geschafft, heute über eine riesige Armee und gefährliche Waffen zu verfügen. Also ist es auch vorstellbar, dass Kim Jong Un schlicht den US-Präsidenten gespiegelt hat, der nach dem ersten Treffen darauf bestand, die Nordkoreaner müssten komplett und nachweisbar ihre Atomwaffen abräumen, erst dann würden die Wirtschaftssanktionen aufgehoben. Die damalige Abschlusserklärung gab das aber nicht her, genauso wenig war eine Nebenabrede beider Staatschefs in dieser Richtung bekannt. Der Gedanke, dass Kim Jong Un sich auf eine unilaterale Entwaffnung einlassen würde, ist auch abwegig, denn er möchte nicht enden wie Iraks Saddam Hussein oder Libyens Muammar al-Gaddafi.

Zeit für Ernsthaftigkeit

Insofern mag man sich nicht vorstellen, dass der US-Präsident an diesen Weg geglaubt hat. Auch Kim wird nicht ernsthaft gedacht haben, Trump meine, er würde einfach so seine Atomwaffen verschrotten. Kim hat wahrscheinlich gemerkt, dass sein US-Pendant hoch pokert, und sich gesagt: Das mache ich in Hanoi auch. Wobei die US-Delegation hier mit Sicherheit auch hohe Forderungen an die Nordkoreaner gestellt haben dürfte, beispielsweise so etwas wie eine Bestandsaufnahme des Atom- und Raketenarsenals.

Hoch pokern ist in der Atomfrage aber nicht angemessen. Und es reicht nicht, wie jetzt vor Hanoi geschehen, nur einen Verhandlungsrahmen vorzubereiten und darauf zu bauen, auf einem Gipfel kläre sich der Rest schon. Dafür sind beide – Kim wie Trump – zu extreme Persönlichkeiten. Der eine denkt, er ist ein cooler Dealmaker, der andere hat offenbar von Vater und Großvater die Neigung geerbt, als Diktator eines armen Landes mit den Großmächten spielen zu wollen. Aber egal: Beide haben sich verzockt. Sie sollten jetzt für die nächsten Gespräche wissen: Die Männershow ist vorbei. Wenn die atomare Rüstungskontrolle mit Nordkorea funktionieren soll, müssen jetzt die Fachleute ran. Die Atom- und Raketenfrage ist ein langwieriger und komplizierter Prozess. Zeit, dass Ernsthaftigkeit in die Gespräche einzieht.

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