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Nordkorea-Gipfel: Zwei unter Zugzwang

Diesmal sind sie noch einen Schritt weitergegangen als zuletzt in Singapur. Nachdem sich US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un herrschaftlich durch die von Zuschauern gesäumten Straßen Hanois hatten kutschieren lassen, schüttelten sie sich nicht nur die Hände. Sie begannen ihren Gipfel am Mittwoch zusätzlich mit einem gemeinsamen Dinner im legendären Luxushotel Metropole, begleitet von ihren Außenministern und je einem engen Berater.

Der Gipfel schafft Aufmerksamkeit und Bilder, die beiden helfen. Trump kann sich als Friedensstifter einer seit Jahrzehnten drängenden Krise darstellen, und Kim Jong Uns Propaganda präsentiert ihn als den Mann, der das reichste Land der Welt an den Verhandlungstisch gezwungen hat. Trump und Kim haben daher schon gepunktet, bevor die Verhandlungen begonnen haben. Doch etwas inhaltlicher und substanzieller werden die beiden Staatsmänner diesmal noch werden müssen, damit ihre Treffen weiterhin ernst genommen werden.  

Die Idealvorstellung internationaler Beobachter ist dabei anspruchsvoll: “Es sollte ein konkreter und detaillierter Fahrplan mit Maßnahmen zur Denuklearisierung vereinbart werden”, sagt Akira Kawasaki, Mitglied im Lenkungsausschuss der mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN), gegenüber ZEIT ONLINE. “Dann brauchen wir einen rechtlichen Rahmen, um die Denuklearisierung abzusichern.”

“Diplomatisches Schattenboxen”

Beim letzten Mal war das Ergebnis noch weit davon entfernt: Zwar einigten sich Trump und Kim darauf, eine vollständige Denuklearisierung anzustreben. Doch später zeigte sich, dass beide Seiten sehr unterschiedliche Vorstellungen davon haben. Auch wie eine Abrüstung Nordkoreas überwacht werden sollte, blieb offen. Auf dem kurzen gemeinsamen Auftritt vor der Presse in Hanoi meinte Kim daher auch, es habe nach dem Treffen in Singapur “schmerzhafte Bemühung und jede Menge Geduld gebraucht”.  

Donald Trump wollte das jüngste Zusammentreffen in Singapur nicht ganz so schlecht dastehen lassen. Der größte Erfolg sei gewesen, dass man eine gute Beziehung aufgebaut habe, meinte er. Doch je länger Trump den Diktator hofiert und ihn auf internationaler Bühne präsentiert, desto mehr verleiht er dem einstigen Paria Kim damit nationale und internationale Legitimität.

Es hätten wohl nur wenige die Chuzpe gehabt, sich mit Kim Jong Un an einen Tisch zu setzen wie Donald Trump. Doch bei Trump besteht auch die latente Gefahr, dass er nicht erkennt, wann politisch eine rote Linie überschritten ist. Wenn er beispielsweise darüber sinniert, dass er Russlands Präsident Wladimir Putin mehr vertraut als seinen Geheimdiensten. Oder wenn er den Fall Kashoggi als geklärt erachtet. Selbst bei seinen Anhängern geht er damit manchmal zu weit. 

Trumps Gegner werfen ihm schon jetzt vor, dass er für die schönen Bilder sogar ein nuklear bewaffnetes Nordkorea akzeptieren würde. “Unglücklicherweise zeigt die Geschichte, dass es Trump genügt, wenn mit einem farbenfrohen Fototermin und diplomatischem Schattenboxen die Illusion eines Erfolges aufrechterhalten wird,” schreibt die frühere Sicherheitsberaterin Susan Rice, die unter US-Präsident Barack Obama diente, in einem Gastbeitrag in der New York Times.

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