/Daniel Barenboim: “Ich empfinde Empathie”

Daniel Barenboim: “Ich empfinde Empathie”

Anfang Februar erschien im Online-Magazin “Van” ein Artikel, der Daniel Barenboim, den
Generalmusikdirektor der Berliner Staatsoper Unter den Linden, als cholerischen Egomanen
beschrieb. Die Quellen – ehemalige und aktuelle Mitarbeiter – blieben anonym. Vergangene
Woche legten drei weitere Musiker nach, diesmal namentlich. Hier äußert sich Barenboim, 76,
erstmals ausführlich zu den Vorwürfen.

DIE ZEIT:
Maestro, es heißt, Sie seien jähzornig und launisch und würden Ihre Musiker drangsalieren
und demütigen. Stimmt das?

Daniel Barenboim:
Bevor ich darauf eingehe, möchte ich vorausschicken, vor allem für einige Berliner
Journalisten, dass meine Ärzte mir Anfang des Jahres, also vor Wochen, eine sehr gute
Gesundheit bescheinigt haben. Es muss sich um mich niemand Sorgen machen.

ZEIT:
Es wurde wild darüber spekuliert, dass Sie gesundheitlich angeschlagen seien und Ihren
Aufgaben als Generalmusikdirektor der Staatsoper Unter den Linden möglicherweise nicht mehr
gewachsen.

Barenboim:
Kein guter Stil.

ZEIT:
Was ist dran an den Vorwürfen, Sie seien unberechenbar und verbreiteten an der Staatsoper
Angst und Schrecken?

Barenboim:
Da müssen wir unterscheiden: Reden wir über Leute, die lieber anonym bleiben, als mit mir
persönlich, mit der Leitung des Hauses oder dem Orchestervorstand das Gespräch zu suchen?
Oder reden wir über drei, eigentlich vier Musiker, die mit ihren Namen an die Öffentlichkeit
gegangen sind? Mit denen setze ich mich gern auseinander. Zwei dieser vier sind aktive
Mitglieder der Staatskapelle. Einer von ihnen hat sich recht differenziert geäußert. Und die
andere hat mir einen langen Brief geschrieben und sich entschuldigt, weil sie sich in der
ganzen Sache missverstanden und instrumentalisiert fühlt. Auf einer Japan-Tournee 2007 sei
es zwischen ihr und mir zu einer Auseinandersetzung gekommen …

ZEIT:
Erinnern Sie sich daran?

Barenboim:
Ja, und wir haben das damals geklärt. Einer der ehemaligen Kollegen sei ihr Freund, schrieb
sie mir, also hat sie etwas auf seinem Facebook-Account gepostet, ohne zu ahnen, welche
Wirkung das Ganze haben würde. Das sei nie ihre Intention gewesen.

ZEIT:
Die Rede ist von Willi Hilgers, der von 1998 bis 2013 in der Staatskapelle Solo-Pauke
spielte und in dieser Zeit Bluthochdruck und Depressionen bekam. Heute arbeitet er im
Bayerischen Staatsorchester in München – und ist gesund.

Barenboim:
Das freut mich. Es tut mir sehr leid, dass es ihm nicht gut ging. Ich wehre mich aber gegen
Vorwürfe, ich hätte gezieltes Mobbing betrieben, ihn beleidigt und erniedrigt. Das setzt
voraus, dass man jemandem schaden möchte, ihn oder sie verletzen will. So bin ich nicht.
Hier wird etwas zu einer großen Causa aufgeblasen, das in keinem Verhältnis zur Realität
steht. Ich habe kein Verbrechen begangen, ich habe niemanden belästigt oder gar
vergewaltigt. Und ich lasse mich nicht in die Ecke drängen. Nicht von anonymen
Anschuldigungen. Und auch nicht von Journalisten, die tendenziös berichten.

ZEIT:
Kennen Sie solche Konflikte von früher?

Barenboim:
Nein. Ich will mich nicht reinwaschen, sicher habe ich Menschen verletzt, das bedaure ich
sehr – aber ich habe das nie mit Absicht getan. Insofern stimmt vieles nicht, was jetzt
behauptet wird.

ZEIT:
Können Sie sich entschuldigen?

Barenboim:
Natürlich. So habe ich meine Kinder erzogen: Wenn man einen Fehler gemacht hat, ist es
immer besser, sich sofort zu entschuldigen. Moralisch sowieso, es war offenbar nicht in
Ordnung, was ich getan habe. Aber auch praktisch, denn dann ist die Sache meistens
ausgestanden.

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