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Lügde: Missbrauchsfall wird zum Behördenskandal

Der Behördenskandal um den Missbrauchsfall im nordrhein-westfälischen Lügde ist offenbar größer, als bislang angenommen. Nach Angaben von NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) wird unter anderem wegen Strafvereitelung im Amt und wegen Verletzung der Fürsorgepflicht gegen 14 Beschuldigte bei Behörden ermittelt – darunter zwei Polizisten und acht Jugendamtsmitarbeiter.

Eine der schockierendsten Erkenntnisse sei, dass der heute 56-jährige
arbeitslose Hauptverdächtige schon vor 17 Jahren verdächtigt geworden
sei, eine Achtjährige missbraucht zu haben, sagte der Minister. “Im
Moment sieht es nicht so aus, dass ein Verfahren eingeleitet wurde.” Auch würden ältere Verdachtsfälle von Sexualstraftaten auf dem
Campingplatz an der Grenze von Nordrhein-Westfalen zu Niedersachsen neu
aufgerollt, sagte Reul. “Es sieht aus, als ob es noch schlimmer ist, als
ich befürchtet habe.”

Auf einem Campingplatz in Lügde sollen über Jahre mindestens 31 Menschen missbraucht
und dabei gefilmt worden sein, die meisten Kinder waren zwischen 4 und 13
Jahre alt. Drei Verdächtige sitzen in Untersuchungshaft.
Ermittelt wird gegen zwei weitere Beschuldigte wegen Beihilfe,
gegen eine Person wegen Strafvereitelung. Ein weiterer Verdachtsfall ist kürzlich hinzugekommen, bei dem es sich um einen 16-Jährigen handelt, der kinderpornografisches Material besessen haben soll.

Beweismittel verschwunden

Der von Reul eingesetzte Sonderermittler, Kriminaldirektor Ingo Wünsch, skizzierte eine Kette des Versagens in der Kreispolizeibehörde Lippe. “Im Ergebnis gab es schwere handwerkliche Fehler, die sich potenziert haben. Verantwortliche Führung ist nicht erkennbar.”

Der Fall hat sich auch zu einem Polizeiskandal ausgeweitet, weil im Gebäude der Kreispolizei in Detmold Beweismittel verschwunden ist. Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft handelt es sich um 155 CDs und DVDs, die auf dem Campingplatz und in der Wohnung des Hauptverdächtigen gefunden worden waren.

Die Datenträger in einer Mappe und in einem Aluminiumkoffer sollten in einen extra eingerichteten Asservatenraum umgelagert werden. Dabei fiel auf, dass das Material fehlte. Mittlerweile suchen LKA-Spezialisten nach den Beweisstücken. “Rein theoretisch” könne der Koffer “irgendwo noch rumstehen”, sagte Reul am Samstag. “Es war auch zwischendurch mal ein Umzug da oben, dann waren noch mal Handwerker da.”

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