/Herbert Grönemeyer: “Hast du das aufgenommen?”

Herbert Grönemeyer: “Hast du das aufgenommen?”

Es ist der vierte
Advent 2014, als Herbert Grönemeyer mit seiner
Lebensgefährtin und seinem Sohn Felix am Flughafen Köln/Bonn
landet. Grönemeyer kommt aus London, er will seine Mutter besuchen.
Es scheint ein ruhiger Sonntag zu sein, auf Fotos und Videos, die von
dem Tag existieren, sieht man kaum Menschen auf den Gängen. Und doch
dauert es nicht lange, bis die Situation eskaliert.

Die Gruppe um
Grönemeyer fährt eine Rolltreppe hoch, der Sänger und sein Sohn
wollen zur Toilette, dann zum Mietwagenschalter. Auf der Treppe läuft
ein Mann an ihnen vorbei, mit Basecap, Dreitagebart und einer
großen Umhängetasche. Er dreht sich um, schaut Grönemeyer
unvermittelt ins Gesicht und sagt: “Dich kenne ich doch.” Als
sich Grönemeyer in der Toilette kurz drauf die Hände wäscht, steht
plötzlich wieder ein Mann mit Basecap neben ihm. Grönemeyer spürt
leichte Panik in sich aufkommen, so beschreibt er es später, zumal
er ohne Personenschutz unterwegs ist. Zu seiner Freundin habe er
damals gesagt: Beeilen wir uns besser, der Typ mit der Kappe ist mir
nicht geheuer.

Perfektes Boulevardmaterial

Sekunden
später werden sich im Terminal des Flughafens Szenen abspielen,
deren Videoaufnahmen noch am selben Tag ins Internet gestellt und
auf Bild.de von
Tausenden Menschen angeklickt werden. Die Bilder zeigen, wie Herbert
Grönemeyer mit vor Wut verzerrtem Gesicht auf die Kamera zuläuft.
Der Musiker schlägt mit seiner Umhängetasche um sich und wirft
scheinbar einen Mann zu Boden, der sich zum Schutz die Hände über
den Kopf hält und panisch auf dem Boden herumkrabbelt. Eine
Sprecherstimme, die die Bild-Redaktion unter das Video gelegt hat,
sagt: “Herbert Grönemeyer am Köln Bonner Flughafen. Da rastet er
aus.”

Einer der
erfolgreichsten deutschen Sänger
außer Rand und Band, kurz nachdem
sein neues Album veröffentlicht wurde? Das ist perfektes
Boulevardmaterial. Besonders, weil über Grönemeyers Privatleben
kaum etwas bekannt ist, der Sänger lebt damals abgeschottet in
London.

Aber zeigen die
Bilder überhaupt, was die Bild-Redaktion aus ihnen macht? Was ist am
Flughafen wirklich passiert? Was, wenn die Bilder lügen?

Polizeibesuch bei Paparazzi

Mehr als vier
Jahre nach dem Vorfall versucht ein Gerichtsprozess in Köln diese
Frage zu klären. Angeklagt sind die beiden Männer mit den Basecaps:
der Mann von der Rolltreppe, Kadir I., und der Mann von der Toilette,
Jens K. Die beiden sind Promifotografen, die mit dem Auftrag zum
Flughafen gekommen waren, Grönemeyer und seine Begleitung
abzulichten.

Es sind zwei
Männer, die kurz nach dem Vorfall 2014 erst wie die Opfer wirkten,
zusammengeschlagen von einem Prominenten. Kadir I. und Jens K.
zeigten Grönemeyer einige Tage später wegen schwerer
Körperverletzung an. Sie gaben an, mehrere Prellwunden erlitten zu
haben, Grönemeyer habe Jens K. den Finger verstaucht und ins Gesicht
geschlagen, bis heute belaste ihn der Vorfall psychisch. Es ist eine
Version der Geschichte, die nicht lange standhielt.

Schnell
verstrickten sich die beiden in Widersprüche, bald wurde das
Verfahren gegen Grönemeyer wegen mangelnden Tatverdachts
eingestellt. Stattdessen erhielten die beiden Fotografen Besuch von
der Polizei, die Beamten durchsuchten ihre Wohnungen, sicherten
Beweismaterial. Jetzt, mehr als vier Jahre später, steht nicht mehr
Grönemeyer als Übeltäter im Fokus, sondern die beiden Paparazzi.
Die Staatsanwaltschaft klagte sie der uneidlichen Falschaussage und
der falschen Verdächtigung an.

Haben Kadir I. und
Jens K. versucht, Herbert Grönemeyer eine Straftat anzuhängen?

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