/Glyphosat: Prozess gegen Bayer-Tochter Monsanto startet mit Eklat

Glyphosat: Prozess gegen Bayer-Tochter Monsanto startet mit Eklat

In
den USA hat ein möglicherweise weitreichender Prozess gegen den zu
Bayer gehörenden Pestizid-Konzern Monsanto begonnen. Bei dem
Verfahren vor einem Bundesgericht im US-Bundesstaat Kalifornien geht
es darum, ob Monsantos Pflanzenschutzmittel Glyphosat für die
Krebserkrankung eines Mannes verantwortlich ist und dieser deswegen
von dem Konzern Schadenersatzzahlungen erhält. Da es sich dabei um
einen Bellwether Case genannten Musterfall in einem
Massenverfahren handelt, ist er richtungsweisend für viele weitere
Klagen. Insgesamt ist Bayer in den USA mit rund 9.300 US-Klägern
konfrontiert. Allein das Gericht in Kalifornien behandelt Hunderte
Fälle.

Kläger Edwin Hardeman
beschuldigt Monsanto nicht nur, mit dessen Produkt Roundup,
der das umstrittene Herbizid Glyphosat als Wirkstoff enthält, seine
Lymphdrüsenkrebserkrankung verursacht zu haben. Er wirft dem
Saatgutkonzern auch vor, die Gefahren des Produkts vertuscht zu
haben. Bayer hatte bereits im vergangenen September eine Niederlage
in einem anderen Fall vor US-Gericht erlitten, legte dagegen aber
Berufung ein und weist die Anschuldigungen zurück.

Bayer beruft sich auf mehr als 800 Studien

“Während
wir großes Mitgefühl mit Herrn Hardeman haben, unterstützt die
umfangreiche wissenschaftliche Forschung zu glyphosat-basierten
Herbiziden über vier Jahrzehnte hinweg die Schlussfolgerung, dass
Roundup nicht für seine Krankheit verantwortlich ist”,
teilte Bayer in einer Stellungnahme zum Prozessauftakt mit. Der
Konzern beruft sich auf mehr als 800 Studien, die belegen sollen, dass
der Unkrautvernichter – bei vorschriftsgemäßer
Anwendung – sicher ist.

Die US-Kläger
stützen sich ebenfalls auf diverse Studien, zuvorderst auf die
Internationale Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation
(WHO), die Monsantos Unkrautvernichter 2015 als “wahrscheinlich
krebserregend für Menschen” einstufte. Beim ersten Prozess vor dem
kalifornischen Bundesgericht sollen jetzt etliche Experten zum Thema
gehört werden. Es steht ein regelrechter Anhörungsmarathon an – in
den nächsten Wochen soll an je vier Tagen pro Woche rund sechs
Stunden lang verhandelt werden. Insgesamt geht das Gericht davon aus,
dass der Prozess vier bis fünf Wochen dauern wird.

Verfahren ist in zwei Phasen aufgeteilt

Einen ersten Erfolg konnte Bayer dabei schon vor Prozessbeginn verbuchen: Das Gericht hatte dem Antrag
des Konzerns stattgegeben, das Verfahren in zwei Phasen aufzuteilen.
Zuerst müsse nachgewiesen werden, dass Glyphosat Krebs auslösend
ist, erst dann könne entschieden werden, ob Monsanto dafür
verantwortlich ist.

Dadurch kann der Kläger seine Vorwürfe,
Monsanto habe versucht, Behörden und die öffentliche Meinung zu
manipulieren, nicht schon am Anfang des Prozesses vorbringen. Sie
kommen erst zum Tragen, wenn in der ersten Phase des Prozesses
befunden wird, dass Glyphosat die Krebserkrankungen des Klägers
ausgelöst hat und das Verfahren in eine zweite Phase geht. Einige
umstrittene Dokumente will der Richter aber schon in der ersten Phase
als Beweismittel zulassen.

Eklat am ersten Tag: Richter droht Klägerseite mit Sanktionen

Diese Aufteilung
des Prozesses führte bereits am ersten Tag zu einem Eklat: Der
Bundesrichter Vince Chhabria drohte der Klägerseite mit Sanktionen,
da Aimee Wagstaff, die Anwältin des Klägers, Roundup für seine
Krebserkrankung verantwortlich macht, und sich so nicht an die
vorgegebene Prozessordnung gehalten habe. Der Richter warf der
Klägeranwältin vor, gezielt vom festgelegten Thema abgewichen zu
sein. Chhabria verdonnerte sie per gerichtlicher Anordnung, noch im
Laufe des Tages eine schriftliche Erklärung zu ihrem Verhalten
abzugeben.

In einem anderen
Prozess im August hatte eine Jury in San Francisco Monsanto zur
Zahlung von Schadenersatz an den früheren Schulhausmeister Dewayne Johnson verurteilt. Dieser Prozess fand jedoch vor einem
kalifornischen Regionalgericht statt und hatte deshalb weniger
weitreichende Implikationen für andere anhängige Klagen. Bayer ist
gegen das Urteil zum Fall Johnson in die Berufung gegangen.

Die Jury zum
Fall Johnson hatte dem Kläger einen Schadenersatz von 289 Millionen
Dollar
(rund 255 Millionen Euro) zugesprochen. Eine Richterin befand
die Summe jedoch später für exzessiv
und reduzierte sie auf 78,5
Millionen Dollar. Mit der Substanz des Urteils befasste sich die
Richterin aber nicht.

Johnson wie auch
der Kläger im nun angelaufenen Prozess vor dem Bundesgericht leiden
am Non-Hodgkin-Lymphom, einer Krebserkrankung des Lymphgewebes. Wie
Johnson setzte auch der jetzige Kläger Edwin Hardeman Roundup
über viele Jahre ein.

In seinem
privaten Garten habe Hardeman das Mittel von Mitte der achtziger
Jahre bis 2012 verwendet, führte seine Anwältin zum
Prozessauftakt an. Wagstaff zeigte eine Großaufnahme von Hardemans Kehle,
auf welcher der bösartige Tumor deutlich zu erkennen war.

Bayer fürchtet durch Glyphosat-Prozesse um seinen Ruf

Der Leverkusener
Chemiekonzern hatte Monsanto im Juni 2018 übernommen. Durch die
Glyphosat-Prozesse gegen die US-Tochter droht Bayer nicht nur Schaden
für seinen Ruf, sondern auch für seine Finanzen. Die Bayer-Aktie
hatte infolge des Urteils an der Börse massiv an Wert verloren.

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