/Leistungsbilanz: Deutschland weiter mit weltgrößtem Exportüberschuss

Leistungsbilanz: Deutschland weiter mit weltgrößtem Exportüberschuss

Deutschland hat 2018 erneut weltweit den
größten Überschuss in der Leistungsbilanz erzielt. Das gab das ifo-Institut bekannt. Das bedeutet vereinfacht gesagt, dass
Deutschland viel mehr an Waren produziert und an
Dienstleistungen bereitstellt, als es selbst verbraucht.
Damit liegt Deutschland
zum dritten Mal in Folge vor allen anderen Ländern. Mit
umgerechnet 294 Milliarden Dollar (260 Milliarden Euro) ist das Plus
sogar größer ausgefallen als das von Japan und Russland zusammen, die
mit einem Plus von 173 Milliarden beziehungsweise 116 Milliarden
Dollar auf Rang zwei und drei folgen.

Unter anderem US-Präsident Donald Trump kritisiert Deutschland wegen seines enormen Überschusses. Er sieht sein Land im
Handel benachteiligt
und erwägt deshalb, hohe Sonderzölle auf deutsche Autos einzuführen. Auch ifo-Experte Christian Grimme sieht den Überschuss kritisch: Deutschland baue damit größere finanzielle Forderungen gegenüber
dem Ausland auf als das Ausland gegenüber Deutschland. Da viele andere mehr Waren und Dienstleistung aus Deutschland beziehen, fließt mehr Kapital nach Deutschland als umgekehrt – unterm Strich steigen damit die Schulden der anderen Länder.

Den ifo-Berechnungen zufolge weisen die Vereinigten Staaten
mit etwa 455 Milliarden Dollar das weltweit höchste Defizit in
der Leistungsbilanz aus. Es sei trotz der Sonderzölle etwa gegen
chinesische Produkte
sogar noch um fünf Milliarden Dollar
gestiegen. “Die Ausfuhr nach China reduzierte sich deutlich,
während die Einfuhr aus China weiter kräftig zulegte”, sagte Grimme. Dafür
vergrößerten sich die US-Überschüsse beim Verkauf von
Dienstleistungen und bei den Einnahmen aus Auslandsvermögen.

EU-Kommission kritisiert Überschuss

Der deutsche Überschuss entspricht 7,4 Prozent der
Jahreswirtschaftsleistung. Die Quote ist damit seit dem 2015
erreichten Rekordniveau von 8,9 Prozent zwar das dritte Jahr in
Folge gefallen, liegt aber weiter deutlich über der Marke von
sechs Prozent. Werte darüber hält die EU-Kommission für
stabilitätsgefährdend. Sie verweist auf die Defizite, die solch
großen Überschüssen gegenüberstehen, und warnt vor den hohen
Schulden von Defizitländern. Die Bundesregierung erwartet, dass
der Überschuss in diesem Jahr mit 7,3 Prozent über der Zielmarke
verharren wird.

“Dauerhaft hohe Leistungsbilanzüberschüsse
können dann problematisch werden, wenn die Forderungen nicht
eingelöst werden können – etwa wenn das Ausland nicht mehr fähig
ist, die Zinslast zu bedienen”, erläutert ifo-Forscher Grimme. Der deutsche Überschuss kommt vor allem durch den
Warenhandel zustande. Hier übertrafen im vergangenen Jahr die
Exporte die Importe dem Statistischen Bundesamt zufolge um gut
228 Milliarden Euro.

Linke fordert Gegensteuern der Bundesregierung

Die Linkspartei kritisiert die Entwicklung. “Die
Bundesregierung muss endlich das Problem permanenter
exorbitanter Exportüberschüsse erkennen”, sagte der Vorsitzende
des Bundestagsauschusses für Wirtschaft und Energie, Klaus Ernst. “Es ist eine Vogel-Strauß-Politik, so zu tun, als
wäre eine solche Entwicklung positiv. Wir erwarten von der
Bundesregierung endlich Vorschläge, wie sie dem Stabilitäts- und
Wachstumsgesetz entsprechen und das Ziel eines
außenwirtschaftlichen Gleichgewichts umsetzen will.”

Die
Regierung wiederum verweist in ihrem aktuellen
Jahreswirtschaftsbericht darauf, dass sie mit ihrer Politik
Investitionen und Binnennachfrage stärke, “was tendenziell zu
einer Verringerung des Leistungsbilanzüberschusses führt”.

Anders als in den Vorjahren findet sich China 2018 nicht
mehr unter den ersten drei Ländern mit den höchsten Überschüssen
wieder. “Verantwortlich hierfür ist ein deutlich niedriger
Warenüberschuss”, erklärte Grimme. Dieser habe sich aber weniger
aus den Handelsstreitigkeiten mit den USA ergeben, sondern aus
verstärkten Importen von Maschinen.

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