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Elektromobilität: Noch fehlen Elektrolastern die Ladesäulen

Daimler
testet seit September 2018 bundesweit elektrische Versionen seines Lkw-Modells
Actros. Sie sind als 18- oder 25-Tonner im Verteilerverkehr unterwegs, ihre
Lithium-Ionen-Speicher verfügen über eine Kapazität von 240 kWh. Das entspricht einer Reichweite von bis zu 200 Kilometern.

Nächstes
Jahr soll eine stärkere Variante des Batterie-Actros getestet werden.
Haupteinsatzgebiet ist dann ein sechs Kilometer langes Teilstück auf der
Bundesstraße 462 in der Nähe von Gaggenau südlich von Karlsruhe. Hier startet
2020 das Projekt eWay BW. Der Abschnitt wird mit Oberleitungen ausgestattet.
Dort soll zum ersten Mal abseits der Autobahnen (A1 und A5) die
Elektrifizierung von Lkw im Schwerlastverkehr erforscht werden.

Elektro-Diesel-Hybridlaster
der schwedischen VW-Tochter Scania beziehen den Strom für ihre elektrische
Fahrt mittels eines Stromabnehmers von Siemens aus der Oberleitung. Der neue
E-Actros von Daimler tritt mit seinem Batteriekonzept in den direkten Vergleich
zu den Hybrid-Lkw. Feste beziehungsweise mobile Ladesäulen stellen bei dem
Mercedes-Teilnehmer die Stromversorgung sicher. Angaben zur Reichweite und
Batterieleistung macht Daimler noch nicht.

Daneben
schickt Mercedes mit Diesel angetriebene Actros-Fahrzeuge auf die Strecke. Der
Vergleich soll Angaben über Zuverlässigkeit und Wirtschaftlichkeit unter
Alltagsbedingungen ermöglichen. Die Fahrzeuge mit den unterschiedlichen
Antrieben fahren während der Testperioden nicht nur dieselbe feste
Verteilerstrecke mit identischer Ladung, sondern auch möglichst zur gleichen
Tageszeit. Somit sind zum Beispiel Einflüsse der Verkehrslage auf den Verbrauch
und damit bei den E-Varianten auf die Reichweite bei den Testfahrzeugen gleich.
So lassen sich die Ergebnisse leichter gegenüberstellen.

Schnellladesäulen für Lkw fehlen

Der
neue elektrische Mercedes-Lkw dürfte –
wie die etwas kleineren Modelle, die 2021 erhältlich sein sollen – in Serie
gehen, um die kommenden strengen CO2-Emissionsvorgaben in der
Mercedes-Lkw-Flotte erreichen zu können. Europaparlament und EU-Mitgliedstaaten
haben sich jetzt darauf geeinigt, dass der durchschnittliche
Kohlendioxidausstoß neuer Lkw und Busse von 2030 an um 30 Prozent niedriger
liegen muss als im Jahr 2019. Für
2025 soll ein Zwischenziel von 15 Prozent eingeführt werden.

Der
europäische Herstellerverband ACEA hatte schon vorab die strengen Vorgaben
kritisiert. Die Ziele seien nur mit einem schnellen Ausbau des emissionsfreien
und -armen Güterverkehrs auf der Straße zu erreichen, erklärte der ACEA. Doch für
die dazu nötige Schaffung einer Ladeinfrastruktur gebe es nicht einmal konkrete
Pläne.

Die
Elektro-Lkw bräuchten im kommenden Jahrzehnt rund 20.000 Schnellladestationen
(bis 500 kW) an Schnellstraßen sowie 6.000 zusätzliche ultraschnelle Ladesäulen
(mehr als 500 kW), errechnete der Verband. Aktuell gibt es jedoch weder die
einen noch die anderen. Auch ein technischer Standard für Ladestecker existiert
noch nicht.

Experten halten Laster mit Brennstoffzellen für chancenreicher

Ähnlich
schlecht sieht es den Industrievertretern zufolge für Lastwagen mit
Brennstoffzellen aus, die auf Wasserstofftankstellen angewiesen sind. Davon
gibt es in Europa bisher weniger als zehn Stück, für die Elektrifizierung des Schwerkraftverkehrs
wären jedoch rund 500 nötig. Hinzu kämen 500 Stationen für flüssigen
Wasserstoff. Ladesäulen und H2-Tankstellen für Pkw können von Lkw nicht genutzt
werden, nicht zuletzt aufgrund ihrer größeren Abmessungen.

Aktuell
bietet die Industrie allerdings auch kaum elektrische Lkw an. Bislang gibt es
lediglich Transporter und Leicht-Lkw in Elektrovarianten, erste Modelle für
den Verteilerverkehr sind für die kommenden Monate angekündigt. Batteriebetriebene
Mittel- und Langstrecken-Trucks, wie sie etwa Tesla oder das Start-up Nikola
entwickeln wollen, dürften jedoch noch bis ins kommende Jahrzehnt auf sich
warten lassen.

Ob
Lastwagen mit Akku in Europa jemals eine größere Rolle spielen werden, ist aber
umstritten. Realistischere Chancen räumen Experten der Brennstoffzellentechnik ein
sowie Lösungen mit Oberleitungen auf längeren Strecken, wie sie in dem oben
genannten Projekt bei Gaggenau getestet werden. Auch Erdgas und flüssige
Biokraftstoffe könnten neben Hybridantrieben helfen, die CO2-Bilanz von Lkw zu
verbessern.

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