/“Tatort” Wiesbaden: Murmeltier deluxe

“Tatort” Wiesbaden: Murmeltier deluxe

Eigentlich
kommt dieser Tatort zwei Wochen zu spät: Immerhin ist der Groundhog Day in
Punxsutawney (Pennsylvania) immer am 2. Februar. Und da hätte diese Hommage auf
den dort und dann verorteten Film Und täglich grüßt das Murmeltier doch auch …
Andererseits: Was ist schon Zeit? Was lernen wir aus ihr? Und was lernen wir
aus unseren Fehlern? Und führt das Gelernte nicht nur zu neuen, vielleicht
sogar größeren Fehlern? Kurz gesagt: Ist der vermiedene Fehler nicht sogar das
kleinere Übel? Kommissar Felix Murot (Ulrich Tukur) hätte nach allem, was er in
diesem Tatort erlebt, dazu gewiss einiges zu sagen. Immerhin wird er immer
wieder erschossen, wacht dann schweißgebadet auf, um von Kollegin Magda Wächter
(Barbara Philipp) just dorthin gerufen zu werden, wo er zuvor erschossen wurde,
um dort wieder … Sie sehen, worauf das hinausläuft. Die Frage ist nun: Wie gut
ist es gemacht?

1. Worüber werden am Montag alle reden?

Christian
Buß:
Über
die zermürbende Routine, die uns alle im Griff hält. Oder wie Kommissar Murot
es in seiner Ausnahme-Szene dieses Ausnahme-Tatorts
einem plärrenden kleinen Jungen gegenüber formuliert: “Du kommst hier
nicht lebend raus, also hör auf, dich zu wehren, es ist jeden Tag dasselbe. Es
macht alles überhaupt keinen Sinn. Es dauert, solange es dauert, und dann ist
alles vorbei.”

Lars-Christian
Daniels:
Über
den ersten Zeitschleifen-Tatort in
der fast fünfzigjährigen Geschichte der Krimireihe – und über den Mut des
Hessischen Rundfunks, in Wiesbaden wieder einmal alle Grenzen des Genres zu
sprengen. Hut ab für dieses grandios geglückte Experiment!

Matthias Dell: Über
das Gleiche wie am letzten Montag.

Kirstin Lopau: Über
Bill Murray, dem jetzt jemand beibringen muss, dass er seinen Meister gefunden
hat. Und darüber, welche Version der Geschichte am besten gefallen hat. Bei mir
war es Nummer 4 in gestreiftem Shirt und Strohhut.

2. Was haben Sie aus diesem “Tatort” gelernt?

Christian
Buß:
Es
gibt immer einen Weg aus der Routine – manchmal ist er nur sehr blutig.

Lars-Christian
Daniels:
Tatort, Polizeiruf, Soko, Der Alte, Der Junge – das is’ immer
dasselbeOder auch nicht. 

Matthias Dell: Dass
es einen Unterschied macht, ob es zum Frühstück Joghurt oder Toastbrot gibt.

Kirstin Lopau: Wenn
man gerade gedacht hat, wie Murot etwas gelernt zu haben, ist das auch schon
wieder dahin. Vielleicht leitet uns ein Gedanke durch den Tatort: “Denn
nur dieser Glaube, dass es einen Ausweg aus diesem ewigen Kreislauf gibt,
hindert mich daran, Sie zu erschießen, mein Freund.” Von mir aus hätte dieser Tatort allerdings noch Stunden so weitergehen können.

3. Welche Frage bleibt offen?

Christian
Buß:
Weshalb
gibt es eigentlich nur alle ein, zwei Jahre einen Tukur-Tatort?

Lars-Christian
Daniels:
Mit
welcher ausgeklügelten Technik wirft man einen selbst gebastelten Papierflieger
derartig präzise über eine so lange Strecke in die Hand des gewünschten
Empfängers? Bei mir fallen die Dinger immer schon nach zwei Metern auf den
Fußboden.

Matthias Dell: Wieso
hatten Murot (Ulrich Tukur) und Gieseking (Christian Ehrich) das gleiche
Problem?

Kirstin Lopau: Wann
kapert Murot den Tatort-Sendeplatz
nur für sich?

4. Welche Rolle hätte man besser besetzen sollen? Und mit wem?

Christian Buß: Och,
alles angenehm salopp besetzt. Ein wunderbares Schlechte-Laune-Dramolett, bei
der das Ensemble adäquat zerknittert und zerknirscht durch die Zeitschleifen
grollt.

Lars-Christian
Daniels:
Keine,
denn die Stars sind in diesem Tatort
ohnehin nicht die Schauspieler, sondern das fantastische Drehbuch, die
originelle Inszenierung und die pfiffigen Dialoge. Einzig ein Cameo-Auftritt
von Bill Murray oder Andie MacDowell hätte der Groundhog-Day-Hommage noch
die Krone aufgesetzt.

Matthias
Dell:
Keine.

Kirstin Lopau: Absolut
keine.

5. Von welcher Szene werden Sie träumen?

Christian
Buß:
Von
Kommissar Murot in Schlafanzug und mit Schnellfeuerwaffe.

Lars-Christian
Daniels:
Die
Frage ist diesmal eher: Wie OFT werde ich von diesem Tatort träumen?

Matthias Dell: Dem
Aufwachen Murots, das kam ja öfter vor.

Kirstin Lopau: Mich
hat dieses Meisterwerk völlig elektrisiert zurückgelassen und mich um den
Schlaf gebracht, weil es noch so viel zu bedenken, bekichern und anzuhimmeln
gab. Ich habe nachts stündlich auf die Uhr gesehen und war mir am Ende sicher:
Murot, ich möchte Sie heiraten!

6. Von 0 (super spannend) bis 10 (schon um halb neun eingeschlafen): Wie viele goldene Schlafmützen bekommt dieser “Tatort”?

Christian
Buß:
Eine Schlafmütze. 😴

Lars-Christian
Daniels:
Keine
Schlafmütze.

Matthias Dell: Eine
Schlafmütze. 😴

Kirstin Lopau:  Ich
wurde gerade in der letzten Woche gefragt, ob schon mal 0 Schlafmützen vergeben
wurden. Ja, das gab es (wenn auch selten), dafür heute wieder: 0 Schlafmützen.
Lassen Sie alle Aktivitäten am Sonntag ruhen und schauen Sie diesen Tatort!

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