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Katalonien: Spanien droht der Rechtsruck

“Manual de Resistencia”, Handbuch des
Widerstands, heißt das Buch, das Spaniens Noch-Premier Pedro Sánchez dieser
Tage vorstellt. Der Verlag bewirbt es als politische Biographie eines
Mannes, der Prognosen Lügen straft und sich immer wieder auch gegen
die widrigsten Umstände durchsetzte. Da wirkt es wie eine Ironie des
Schicksals, dass er ausgerechnet bei einem seiner wichtigsten Projekte
scheiterte. Nachdem die katalanischen Unabhängigkeitsparteien sowie die
liberal-konservative Opposition diese Woche den Haushalt abgelehnt haben, hat
Pedro Sánchez Neuwahlen ausgerufen. Nur acht Monate nach dem Sturz des
Konservativen Mariano Rajoy befindet Spanien am 28. April erneut über einen
Präsidenten.

Zum Verhängnis wurde dem von der Linken
Unidos Podemos und regionalen Parteien, inklusive der katalanischen
Separatisten, gestützten Sozialisten nicht das Geschachere um Budgetposten
,
sondern der Katalonienkonflikt. Im Umgang mit der aufmüpfigen Region im
Nordosten hat Pedro Sánchez auf Dialog gesetzt. Zunächst nicht ganz erfolglos. Über 30
Treffen gab es in den vergangenen Monaten auf institutioneller oder ministerieller
Ebene zwischen Barcelona und Madrid. Trotzdem ist er gescheitert. Den katalanischen Unabhängigkeitsparteien ging der Dialog nicht weit genug. Sie wollten über das Recht der Katalanen
auf Selbstbestimmung verhandeln. Das schloss Sánchez aus, laut Verfassung ist allein das spanische Volk der
Souverän. Der konservativen Opposition dagegen ging dieser Dialog viel zu weit.
Sie bezichtigten Sánchez des Hochverrats – weil er den Katalanen angeblich zu
viele Zugeständnisse gemacht hatte.

Am Scheitern des einst als Hoffnungsträger
gefeierten Sozialisten zeigt sich exemplarisch die unheilvolle Dynamik, in der
das Land gefangen ist. Denn der Katalonienkonflikt ist nicht nur ein Konflikt
der Extreme. Seinen Treibstoff erhält er vor allem über die Flügelkämpfe in den
Spitzen.

Schulterschluss der Rechten

Auf
katalanischer Seite ließ sich das im Herbst 2017 beobachten. Aus Angst, vom
anderen als Verräter oder Feigling gebrandmarkt zu werden, trieben sich die
beiden katalanischen Unabhängigkeitsparteien nach dem verbotenen Referendum zu
jener unglückseligen Unabhängigkeitserklärung am 27.Oktober. Dabei war damals
schon klar, dass Separatistenführer Carles Puigdemont weder über internationale Unterstützung verfügte,
noch über irgendeinen Plan für die katalanische Republik. Und die Absetzung
seines aufmüpfigen Kabinetts war beschlossene Sache. Für die separatistischen
Parteien endete dieses Spiel in einer Art Harakiri.

Das gleiche Phänomen führte in den letzten Monaten
zum Schulterschluss auf der Rechten. Im
Wettkampf um die kernigste Parole rückten die antisezessionistische
Bürgerpartei Ciudadanos und die Volkspartei PP immer näher an die ultrarechte
Vox, um sich schließlich zu übertrumpfen. Motto: Wer zuerst zurückschreckt, hat
verloren. Vox postuliert sich als strikter Abtreibungsgegner? PP-Chef Pablo Casado will das Recht auf Abtreibung abschaffen, um die Geburtenrate zu
steigern und die Renten zu sichern. Zwischen Madrid und Barcelona zeichnet sich
ein Dialog ab? Grund für alle drei, die Fahne des Vaterlands zu schwenken und
eine dauerhafte Zwangsverwaltung der Region Katalonien oder wie Vox gleich die
Abschaffung der Autonomien zu fordern. Kurz vor Beginn des Mammutprozesses
gegen die zwölf der Rebellion und Untreue angeklagten katalanischen Politiker
und Aktivisten demonstrierten PP, Ciudadanos und Vox gemeinsam in Madrid für
die Einheit Spaniens und Neuwahlen.

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