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Warschau: Netanjahu bezeichnet Nahostkonferenz als historisch

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat Gespräche mit arabischen Ministern bei der umstrittenen Nahostkonferenz in Warschau als “historischen Wendepunkt” bezeichnet. An einem Eröffungsdinner am Mittwochabend hätten ein israelischer Ministerpräsident und zahlreiche Außenminister arabischer Staaten teilgenommen, sagte Netanjahu. Man habe mit “ungewöhnlichem Nachdruck, Klarheit und Einigkeit über die gemeinsame Bedrohung durch das iranische Regime” gesprochen.

Polen und die USA haben Vertreterinnen und Vertreter aus 60 Ländern nach Warschau eingeladen, um zwei Tage lang über die Lage im Nahen Osten zu beraten. Die Tagung ist umstritten, Kritikern gilt sie als Anti-Iran-Konferenz. Der Iran selbst ist nicht eingeladen. Zum Auftakt der Konferenz hatte Netanjahu in einem am Mittwoch verbreiteten Video davon gesprochen, dass er mit den arabischen Teilnehmern “unser gemeinsames Anliegen eines Krieges mit dem Iran” voranbringen wolle. Das Büro des Ministerpräsidenten löschte das Video jedoch anschließend und schwächte die Aussage ab. In einer geänderten Fassung auf Englisch wurde das Wort “Krieg” durch “Bekämpfung” ersetzt. Der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif twitterte dazu: “Wir kannten Netanjahus Fantasien schon immer. Jetzt kennt die Welt – und alle bei dem Warschauer Zirkus – sie auch.”

Nach Ansicht des Iran ist die Warschauer Nahostkonferenz eine “Totgeburt”. Sie sei ein weiterer Versuch der USA, “ihre schlecht begründete Obsession mit dem Iran zu verfolgen”, sagte Sarif. Der Minister warf den USA vor, keinen Austausch anzustreben, sondern den anderen Teilnehmern ihre Haltung aufzwingen zu wollen.

US-Außenminister Mike Pompeo forderte auf der Konferenz, die Probleme des Nahen Osten gemeinsam zu lösen. Er sprach von einer “neuen Ära der Zusammenarbeit aller Länder”. Kein Land könne es sich leisten, sich herauszuhalten. Pompeo griff den Iran nicht direkt an, sondern zählte ihn zusammen mit
Syrien, dem Jemen und dem israelisch-palästinensischen Konflikt
als ein Problem in der Region auf. Allerdings sagte er, dass man Frieden und Stabilität im Nahen Osten nicht erreichen könne, “ohne dem Iran entgegenzutreten”. Den Iran zurückzudrängen sei zentral, um allen anderen Problemen in der Region zu begegnen.

Aus Deutschland nimmt Außenstaatsminister Niels Annen teil

Von den EU-Staaten sendeten nur Polen und Großbritannien ihre Außenminister, für Deutschland nimmt Außenstaatsminister Niels Annen
(SPD) teil. Annen sagte am Donnerstag auf der Konferenz, dass Europa in der Iran-Frage nicht gespalten sei. Man stehe gemeinsam zu dem Atomabkommen zur Verhinderung einer iranischen Atombombe, aus dem die USA ausgestiegen sind, sagte der Staatsminister. Die 28 EU-Staaten hatten sich in der vergangenen Woche einstimmig zu dem
Atomabkommen bekannt, das auf wirtschaftliche Anreize setzt, um die
militärische Nutzung des iranischen Atomprogramms zu verhindern.  

Für Donnerstag ist eine Rede von Netanjahu sowie von
US-Vizepräsident Mike Pence vorgesehen. Vor einigen Tagen war
bekannt geworden, dass Netanjahu
überraschend nicht zur weltweit anerkannten Münchner Sicherheitskonferenz an diesem Wochenende kommt, sondern stattdessen nach Warschau fährt.

Das Programm der Warschauer Konferenz und ihre Zielsetzung blieben bis kurz vor
ihrem Beginn vage, weil die Teilnehmer in ihrer Haltung zum Iran gespalten sind. US-Präsident Donald Trump hatte das 2015 erzielte
internationale Atomabkommen aufgekündigt. Daraufhin wurden von den USA Strafmaßnahmen, die als Teil des Abkommens
ausgesetzt waren, wieder eingeführt. Damit will die Regierung in
Washington den Iran zu Neuverhandlungen über ein wesentlich
strengeres Abkommen zwingen. Deutschland, Frankreich und
Großbritannien wollen die Vereinbarungen von 2015 retten.

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