/Gesundheit: Hamburger Kinder sind oft depressiv und übergewichtig

Gesundheit: Hamburger Kinder sind oft depressiv und übergewichtig

Die schiere Masse
an Daten ist beeindruckend: Wissenschaftler des Lehrstuhls für Gesundheitsökonomie
und Gesundheitsmanagement der Universität Bielefeld haben die Abrechnungsdaten
von 16.631 bei der Krankenkasse
DAK versicherten Kindern und Jugendlichen im Alter bis 17 Jahren analysiert –
und deutschlandweit sogar die Daten von 600.000 Minderjährigen.

Dadurch
können sie die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in den verschiedenen
Regionen vergleichen – aber vor allem ein bisher nicht dagewesenes Bild der Erkrankungen
von Heranwachsenden geben. Weil die Untersuchung nicht wie die meisten anderen
Studien auf freiwilliger Teilnahme beruht, sondern auf Abrechnungsdaten der
DAK, sind auch Bevölkerungsgruppen erfasst, die sonst oft aus den Erhebungen
fallen.

Was die Bielefelder Forscher auf dieser Grundlage zutage förderten, sei
allerdings teilweise betrüblich, sagte die Leiterin der Landesvertretung der DAK, Katrin Schmieder,
bei der Vorstellung des Reports am Dienstag im Gesundheitskiosk Billstedt/Horn: “Mich hat
überrascht, wie hoch der Anteil an Depressionen ist. Das gibt uns zu sehr denken.”

Der Studie zufolge gab es in Hamburg im Jahr 2016 im Vergleich zu anderen
Großstädten mit mehr als 500.000 Einwohner bei Minderjährigen 28 Prozent mehr
Fälle von diagnostizierter Depression. Dies habe teilweise zu
Krankenhausaufenthalten von bis zu 40 Tagen geführt, erläuterte die
DAK-Leiterin. Acht Prozent der Hamburger Heranwachsenden hatten demnach eine
psychische Erkrankung, die das Potenzial besitzt, chronisch zu verlaufen. Chronische
körperliche Erkrankungen wie Asthma, Neurodermitis, Heuschnupfen und
Darmentzündungen traten sogar bei rund einem Viertel (26 Prozent) auf.

Deutlich weniger Viruserkrankungen und Karies

Über dem großstädtischen Durchschnitt lag die Jugend der Hansestadt nicht
nur bei Depressionen, sondern auch bei Fettleibigkeit: Die Wissenschaftler
verzeichneten acht Prozent mehr Fälle von Adipositas. Dagegen traten
Viruserkrankungen, Zahnkaries, grippale Infekte und Verhaltensstörungen seltener
auf als in anderen Großstädten.

Das Ranking der häufigsten Leiden von Hamburger Kindern und Jugendlichen
führten Erkrankungen der Atemwege mit 54 Prozent an, gefolgt von Infektionen
(37 Prozent), Erkrankungen an den Augen (29 Prozent), der Psyche (26 Prozent),
an der Haut (24), an den Ohren (19 Prozent), am Verdauungsystem (16 Prozent),
Muskel-Skelett-Apparat-Erkrankungen (15 Prozent), angeborene Fehlbildungen (14
Prozent) sowie Stoffwechselkrankheiten (10 Prozent).

Trotz dieser Zahlen hielt Julian Witte, Co-Autor der Studie, aus hiesiger
Sicht Erfreuliches fest: “Hamburger sind etwas gesünder als im
Bundesdurchschnitt. Sie leiden seltener an den insgesamt am häufigsten auftretenden
Erkrankungen.”

Wie sich die Zahlen genau erklären, besonders die signifikant höheren Werte
etwa bei Depressionen und Adipositas, bleibt vorerst unbeantwortet. “Diese
Studie schafft einen Befund, sie sagt erst mal nichts aus über Kausalitäten.
Das müssen Vergleiche mit den nächsten Jahren zeigen”, sagte Witte. Dass diese
für eine schlüssige Interpretation der Daten notwendig werden, zeigte er am
Beispiel Depressionen auf. So wiesen Großstädte generell einen Trend zu mehr
diagnostizierten Depressionen auf als der Rest des Landes. Das könne Zufall
sein oder eben daran liegen, dass in Großstädten die medizinische
Versorgunsdichte höher sei.

DAK-Leiterin Schmieder kündigte an, dass die Krankenkasse den Kinder- und
Jugendreport als Serie fortführen will, die Längsschnittanalsyen ermöglichen
soll. Ziel seien “noch belastbarere Aussagen”. Denn: “Wir wollen nicht
mit den Daten spielen, sondern ein Signal an die Politik senden. Es muss eine
Diskussion über die gesundheitliche Situation von Kindern stattfinden.”

Dies ist ein Artikel aus dem Hamburg-Ressort der ZEIT. Hier finden Sie weitere News aus und über Hamburg.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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