/Doktorarbeit der Familienministerin: Wie gefährlich sind die Plagiatsvorwürfe für Giffey?

Doktorarbeit der Familienministerin: Wie gefährlich sind die Plagiatsvorwürfe für Giffey?

Plagiatsjäger beanstanden die Dissertation von Franziska Giffey. Was das für die Familienministerin und SPD-Hoffnungsträgerin bedeuten kann.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey gilt als Hoffnungsträgerin der Sozialdemokraten – doch nun sieht sie sich mit heiklen Vorwürfen
konfrontiert: Plagiatsjäger haben ihre Dissertation unter die Lupe
genommen und Verstöße gegen wissenschaftliche Standards festgestellt.
Nun muss die Freie Universität Berlin die Vorwürfe prüfen.

Was werfen die Plagiatsjäger ihr vor?

Auf
49 von 205 Seiten ihrer Doktorarbeit könnte Giffey plagiiert haben –
und damit auf knapp einem Viertel der Seiten ihrer Dissertation. Das
geht aus einer nur unter dem anonymisierenden Kürzel “dcl” auffindbaren Dokumentation
der Plattform “VroniPlag Wiki” hervor. Bislang sind dort 73 Fragmente
dokumentiert, “die als Plagiat eingestuft werden”. Bei 36 davon soll es
sich um sogenannte Verschleierungen oder Komplettplagiate handeln,
Fälle, in denen Giffey Passagen aus Texten anderer Autoren übernommen
habe, ohne darauf zu verweisen. Bei 36 weiteren Fragmenten habe sie zwar
die Quelle angegeben, “die Übernahme jedoch nicht ausreichend
gekennzeichnet”. Bei solchen “Bauernopfern” setzen Plagiatoren nach
einem Absatz eine Quellenangabe, schreiben aber weiter daraus ab, ohne
dies anzugeben.

Zu Quellen, die Giffey an keiner Stelle ihrer
Arbeit erwähne, gehören laut VroniPlag ein Wikipedia-Eintrag über
“Deliberative Demokratie” und ein Dokument aus dem Ausschuss für Kultur
und Bildung des Europäischen Parlaments. Zudem werfen die Plagiatsjäger
Giffey “willkürliche Referenzierungen” vor. In mindestens 68 Fällen gebe
sie als Nachweis ihrer Aussagen Quellen an, “die dem Anschein nach
willkürlich gewählt sind oder mit denen sich diese (so) nicht belegen
lassen”. Dies erwecke den “Verdacht einer bewusst irreführenden, wider
besseren Wissens erfolgten Angabe unzutreffender Quellen”.

Wie arbeitet VroniPlag?

VroniPlag ist ein sogenanntes Wiki,
eine öffentlich zugängliche Webseite, deren Inhalte fortlaufend von
Benutzern erstellt werden. Wissenschaftler aus verschiedenen deutschen
Universitäten sammeln dort in ihrer Freizeit Belege für unsauberes
wissenschaftliches Arbeiten. Nur wenige Plagiatsjäger sind namentlich
bekannt. In akribischer Kleinarbeit suchen sie nach Textpassagen, die
aus anderen Werken übernommen wurden, ohne dies angemessen kenntlich zu
machen. Das können wörtlich abgeschriebene Absätze ebenso sein wie
sinngemäße Übernahmen ohne Quellenangabe.

Das VroniPlag Wiki gibt
es bereits seit 2011, der Name geht auf den ersten Fall zurück, den
sich die Plagiatsjäger vornahmen, die Dissertation von Veronika Saß,
genannt “Vroni”. Der Tochter des früheren bayerischen
Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU) wurde der Doktortitel
aberkannt. Zuvor hatten sich diejenigen, die die Doktorarbeit des
früheren Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg prüften, im
“GuttenPlag” zusammengefunden. Der Name VroniPlag blieb, obwohl sich die
Macher bald anderen Fällen zuwandten.

Mittlerweile wurden auf der Webseite 203 Plagiats-Untersuchungen abgeschlossen. In mehr als 70 Fällen erkannte die betroffene Universität den jeweiligen Titel ab.

Wie beurteilen die Aktiven von VroniPlag Wiki den Fall?

Akteure
der Plattform betonen, dass ihre Untersuchungen nicht abgeschlossen
sind. Gerade die “willkürlichen Referenzierungen” seien größtenteils
noch nicht nach dem Vier-Augen-Prinzip “gesichtet” worden. Öffentlich
gemacht hat sie jetzt aber “Robert Schmidt”, ein Aktiver, der sich nur
anonym in E-Mail-Interviews äußert. Im Gespräch mit der “Süddeutschen
Zeitung” begründete “Schmidt” die besondere Brisanz des Falls Giffey.

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