/“Der Trost runder Dinge”: Amokläufer am Nordpol

“Der Trost runder Dinge”: Amokläufer am Nordpol

Die neuen Erzählungen von Clemens J. Setz sind verzweifelt lebendig, vertrackt, witzig, tragisch und sogar tröstlich.

8. Februar 2019, 17:01 UhrEditiert am 8. Februar 2019, 17:01 Uhr

"Der Trost runder Dinge": Gedanken in der Abflughalle: Alles nur Figuren in einem Computerspiel. "Ich stellte mir Unaussprechliches mit ihnen vor", sagt der Erzähler.

Gedanken in der Abflughalle: alles nur Figuren in einem Computerspiel. “Ich stellte mir Unaussprechliches mit ihnen vor”, sagt der Erzähler.

© VanveenJF/unsplash.com

Zuerst die Warnungen. Bestimmten Personen kann die Lektüre von Clemens Setz’
Der Trost runder Dinge
nicht reinen Gewissens empfohlen werden (schmutzigen
Gewissens tun wir es natürlich trotzdem). Das sind, ohne Garantie auf Vollständigkeit:
zartbesaitete Sterngucker, die in ländlichen Regionen mit dunklem Nachthimmel wohnen,
Katzenphobiker (es sei denn, sie sind auf Konfrontation aus), der Schriftsteller Norbert Gstrein, der zum Selbstberuhigungsmantra verwurstet wird. Sehr zu empfehlen, aber nur bei
korrekter Anwendung, ist das Buch wiederum jedem denkenden, fühlenden Ding, das noch leidlich
seinen Alltag bewältigt, aber dicht an der Derealisation gebaut ist, dessen Amygdala
hyperaktiv ist, dem der Kopf manchmal vor Welt zu platzen scheint und so weiter und so fort –
jedes so konstituierte Seelending kann hier eine Menge Trost finden. Auch, aber keineswegs
ausschließlich in runden Dingen. Sofern es für die Lektüre eine halbwegs stabile Phase wählt.
Wenn die Haut eh gerade schon sehr dünn ist, perforiert dieses feuerfreudige neuronale
Prosanetzwerk sie erst recht.

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