/Handelsstreit: Ziemlich abhängige Länder

Handelsstreit: Ziemlich abhängige Länder

Es soll wieder einmal der ganz große Aufschlag werden. Ende
Februar, kurz bevor die von den USA gesetzte Frist im Handelsstreit mit China ausläuft, wollen US-Präsident Donald Trump und
Chinas Staatschef Xi Jinping zusammenkommen, um die Neuordnung ihrer Wirtschaftsbeziehungen persönlich zu
verhandeln. Details über das geplante Treffen sind zwar noch völlig offen, doch wenn die
bisherigen Zusammenkünfte der beiden Staatschefs ein Indikator sind, dann
erwarten die Weltöffentlichkeit erneut bombastische Bilder vor historischen Fassaden, vermutlich irgendwo in
Südostasien. 

Anders als bei vielen bisherigen Trump-Inszenierungen könnte
der Pomp diesmal jedoch angemessen sein. Denn gelingt den Oberhäuptern der
beiden größten Volkswirtschaften der Welt ein Durchbruch, könnten sie das
Leben von Hunderten Millionen Menschen nachhaltig beeinflussen – im Guten wie
im Schlechten.

Das sino-amerikanische Verhältnis steckt in der Krise. Der
Aufstieg Chinas zur neuen Großmacht schreckt Strategen in den Vereinigten Staaten schon lange auf. Doch während der wachsende militärische und
politische Einfluss der in China herrschenden Kommunistischen Partei in Asien und Afrika für die meisten Amerikaner im
Abstrakten bleibt, trifft sie der zunehmende wirtschaftliche Erfolg der
Chinesen direkt. 

Trump weiß Unmut zu nutzen

Kaum ein Bundesstaat, in dem nicht Arbeiter
beklagen, dass die örtliche Industrie entweder nach China abgewandert ist oder
wegen mangelhafter Konkurrenzfähigkeit schließen musste. Gleichzeitig wächst
in den Chefetagen der Unmut über die erzwungenen Joint Ventures mit
chinesischen Betrieben, ohne die US-Unternehmen in der mittelfristig größten
Volkswirtschaft der Welt keine Geschäfte machen können. Und dass diese Vehikel
auch genutzt werden, um massenhaft geistiges Eigentum der Amerikaner
abzugreifen, bezweifelt schon lange niemand mehr.

Diesen Unmut weiß Trump zu nutzen. Bereits
im Wahlkampf kritisierte er China scharf. Im Weißen Haus angekommen,
umgab er sich mit Mitstreitern, die seine Weltsicht teilen und die Chinesen vor
allem als Bedrohung für den amerikanischen Wohlstand ansehen. Ihre auffälligsten Protagonisten sind der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer und Trumps Wirtschaftsberater Peter Navarro.
Andere, wirtschaftsliberale Stimmen innerhalb der Administration waren hingegen bald kaltgestellt. Damit
bestimmen die Hardliner den Kurs in der China-Politik. Sie wollen die
Beziehungen der beiden Staaten grundsätzlich neu ordnen. Ein Schritt, der mit
enormen Risiken verbunden ist. 

Über Jahrzehnte hatten die USA und China einen Modus
gefunden, der scheinbar für beide Seiten funktionierte. China fungierte als
verlängerte Werkbank der entwickelten Industriestaaten und übernahm die Fertigung preiswerter
Konsumgüter, die man in den USA verkaufte. Mit dem so eingenommenen
Kapital stellte Peking den Amerikanern wiederum zinsgünstige Kredite zur Verfügung,
die den Konsum in den Vereinigten Staaten weiter antrieben.    

So wuchsen die beiden Länder wirtschaftlich immer näher zusammen.
Die chinesische Volkswirtschaft war auf die Nachfrage aus den USA angewiesen,
die Amerikaner profitierten von den günstigen Waren und Produktionskosten. Als “Chimerika” bezeichnete der britische Historiker Niall Ferguson bereits vor
mehr als zehn Jahren diese Symbiose – ein Begriff, der nicht zufällig an das
Wort “Chimäre” erinnert.

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