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Katar: Die Generation Golf

Es
flogen sogar Schuhe. Nachdem die Kataris ihr zweites und drittes Tor gegen die
Vereinigten Arabischen Emirate gemacht hatten, musste sie nicht nur
Wasserflaschen ausweichen, die die Fans des Gastgebers aufs Spielfeld warfen,
sondern auch Flipflops und Latschen. Im Nahen Osten ist es mit die größtmögliche
Beleidigung, einen Schuh abzubekommen. Du bist noch weniger wert
als der Dreck darunter, soll das heißen.

So
erzürnt waren die Fans der Emirate, den Gastgebern des Asiencups. 0:4 hatte ihre Mannschaft im Halbfinale gegen Katar verloren. Und das obwohl alles versucht wurde. Fast
40.000 Zuschauer waren da, weil der Sportverband der Emirate alle verfügbaren
Tickets aufkaufte und sie gratis verteilte. Die Schulen
schlossen zwei Stunden früher, Beamte bekamen frei, um das Spiel zu sehen.
Die Hymne der Kataris wurde heftigst ausgebuht.

Beide Länder mögen sich nicht,
das ist vielleicht noch untertrieben formuliert. Zusammen mit Saudi-Arabien, Ägypten und
Bahrain haben die Emirate eine Blockade gegenüber Katar verhängt und die diplomatischen Beziehungen nach Doha abgebrochen. So musste die katarische Nationalelf auf einem Umweg über Kuwait einreisen, anstatt den direkten Weg zu nehmen.

Die
Spieler aber schien das nicht zu stören. Die Bilanz der Kataris ist
beeindruckend: sechs Spiele, sechs Siege, 16:0 Tore. Im Viertelfinale gewannen
sie gegen Südkorea, an das sich die deutsche Mannschaft auch noch erinnert. Im
Finale am Freitag wartet Japan und es gibt nicht wenige, die Katar den ersten
großen Titel zutrauen. In Doha gab es nach dem Halbfinalsieg Autokorsos und Hupkonzerte, das Emirat rastet aus. Und vielleicht wäre das nur der Anfang.

Das wohl ambitionierteste Sportprogramm der Welt

In
Katar ist alles auf die Fußball-WM 2022 ausgerichtet. Auf jene WM, die
europäischen Fußballfans schon jetzt zuwider ist, weil sie im Winter
stattfinden wird und in einer Region, die nicht gerade durch ihre große
Fußballtradition berühmt wurde. Menschenrechtlerinnen dagegen verweisen immer wieder
auf die Situation der Arbeiter, die für die WM unter schlimmsten
Bedingungen Stadien und Infrastruktur aus dem Wüstensand stampfen.

So skeptisch
der Westen die WM 2022 steht, so akribisch wird in Katar daran gearbeitet, das
Turnier zu einem großen Erfolg zu machen. Auch sportlich. Auch für sich selbst.
Deshalb hat das Land schon vor vielen Jahren das wohl ambitionierteste
Sportprogramm der Welt auf die Beine gestellt
. Aus einem Land, in dem von den
2,6 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern gerade einmal 300.000 Kataris sind, sollte eine erfolgreiche
Sportnation gemacht werden. Das ist in etwa mit der Aufgabe zu vergleichen,
allein mit gebürtigen Augsburgern ein Fußballteam zu kreieren, dass sich bei
einer WM zumindest nicht blamiert.

Ein ambitionierter
Plan, der aber gerade aufzugehen scheint. Dafür bauten die Kataris die
sogenannte Aspire-Zone mit 15 Fußballfeldern, einem Stadion mit 50.000 Plätzen,
einer 14 Kilometer langen Laufstrecke, einer Schwimmhalle und der größten Multifunktionssporthalle
der Welt mit 13 Feldern für Handball, Basketball, Turnen, Tischtennis, Fechten,
einer Leichtathletikanlage und einem Fußballplatz in Originalgröße. 2,5
Quadratkilometer, der Traum jedes Sportlers. Im Winter kommt regelmäßig der FC Bayern zum Trainingslager vorbei.

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