/Immobilien: Eckpunkte für Grundsteuer-Reform stehen

Immobilien: Eckpunkte für Grundsteuer-Reform stehen

Bund und Länder haben ein Zwischenergebnis für eine Reform der Grundsteuer erreicht. Für die Abgabe solle eine Kombination aus Fläche, Lage
und tatsächlichen Nettomieten zugrunde gelegt werden, teilten
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sowie Vertreter und Vertreterinnen der Bundesländer mit. “Es ist eine sozial gerechte Lösung”, sagte Scholz. Auf der Basis soll jetzt ein Gesetzentwurf
erarbeitet werden, dem auch die Länder zustimmen müssen.

Auch die Union lobte den Kompromiss: “Ich bin dankbar, dass es gelungen ist, ein sehr gutes Zwischenergebnis
zu erzielen”, sagte der hessische Finanzminister Thomas Schäfer (CDU). Es sei wichtig gewesen, zu deutlichen Vereinfachungen zu kommen. Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) bezeichnete die Eckpunkte als eine vorsichtige Annäherung und
Gesprächsgrundlage für ein neues
Modell. “Von einer Einigung sind wir aber noch ziemlich weit entfernt”,
sagte Füracker. Der bau- und wohnungspolitische Sprecher der
FDP-Bundestagsfraktion,
Daniel Föst, kritisierte den Kompromiss als “bürokratischen Wahnsinn”,
der Wohnen weiter verteure.

Das
Bundesverfassungsgericht hatte entschieden, dass die
Bemessung der Grundsteuer für Immobilien verfassungswidrig ist. Demnach müssen
Bund und Länder bis Ende 2019 eine Neuregelung schaffen. Die Grundsteuer bringt zurzeit insgesamt etwa 14 Milliarden Euro im Jahr ein.

Was ist die Grundsteuer?

Bei der Grundsteuer handelt es sich um eine Abgabe auf das
Eigentum an Grundstücken und Gebäuden. Die Grundsteuer A ist für land-
und forstwirtschaftliches Eigentum, wie zum Beispiel Felder; die
Grundsteuer B wird für bebaute oder bebaubare Grundstücke und Gebäude
erhoben. Sie ist nach Gewerbe-, Lohn-, Einkommens- und
Umsatzsteuer eine der wichtigsten Einnahmequellen von Städten und
Gemeinden. Die Einnahmen aus der Grundsteuer A lagen 2017 bei 400 Millionen Euro. Die Grundsteuer B brachte 13,56 Milliarden Euro ein.

Eigentümer dürfen die Grundsteuer als Nebenkosten auf die Miete umlegen. Im Durchschnitt sollen das jeden Monat etwa 19 Cent pro Quadratmeter sein.

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Wie wird die Grundsteuer bisher berechnet?

In Deutschland
gibt es etwa 36 Millionen Wohngebäude und Grundstücke. Die Berechnung der dafür fälligen
Grundsteuer soll in etwa gleich bleiben. Sie wird anhand von drei Faktoren ermittelt, die miteinander
multipliziert werden: dem Einheitswert, der etwa aus der Grundstücksart
und dem Alter des Hauses ermittelt wird, der Steuermesszahl und dem
Hebesatz, den die Kommunen selbst festlegen. Je nach Geldnot der
Gemeinden kann dieser Hebesatz unter 100 oder aber bis zu knapp 1.000
Prozent betragen.

Der Einheitswert sollte eigentlich alle sechs
Jahre neu festgestellt werden, damit Veränderungen zum Beispiel der Bausubstanz
oder des Umfeldes berücksichtigt werden können. Doch zu Neubewertungen
ist es wegen des hohen Aufwandes nie gekommen. So sind die Differenzen
bei vergleichbaren Häusern in ähnlicher Lage im Laufe der Jahrzehnte
immer größer geworden.

Bei Sanierungen oder Aufteilung in
Eigentumswohnungen gab es teilweise Neubewertungen. Das hat dazu geführt, dass mitunter die Grundsteuer in einer Straße von Haus zu Haus verschieden sein kann – sogar innerhalb eines Gebäudekomplexes.

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Warum ist eine Reform notwendig?

Das
Bundesverfassungsgericht hatte im vergangenen Jahr entschieden, dass die seit mehr als 50 Jahren nicht mehr angepassten Einheitswerte
für Grundstücke “völlig überholt” sind und zu “gravierenden
Ungleichbehandlungen” der Immobilienbesitzer führen. Dem Urteil zufolge müssen
Bund und Länder bis Ende 2019 eine Neuregelung schaffen.

Ohne
Reform bis zur gesetzten Frist droht ein Wegfall der
Milliardeneinnahmen. Städte und Gemeinden drängten deshalb auf eine schnelle Einigung. Eine Neuregelung durch Bundesrat und Bundestag
zu bringen, kann Monate dauern. Beamte müssten im Februar mit der
Ausarbeitung eines Gesetzes beginnen, damit es wirklich bis Ende des
Jahres beschlossen sein kann. Ab 2020 sollen die Bürger die Steuererklärung
mit den Angaben zur neuen Grundsteuer ausfüllen. Sie muss bis spätestens
2025 in der neuen Form bundesweit erhoben werden.

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Worauf haben sich Bund und Länder geeinigt?

Einem Eckpunktepapier zufolge sollen drei Punkte zur Berechnung der Grundsteuer herangezogen werden: das Alter des Gebäudes, der regionale Bodenrichtwert – also der Wert der Fläche – und die durchschnittlichen Nettokaltmieten. Diese werden wiederum aus dem Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes
abgeleitet. Liegt die tatsächliche Miete aber unter dieser
Durchschnittsmiete, soll dies bei der Berechnung berücksichtigt werden.

Ein von Bayern und zum Beispiel der FDP gewünschtes Modell, bei dem sich die Steuerhöhe pauschal an der Fläche orientiert, wird es dem nun vorgelegten Papier zufolge nicht geben. Bund und Länder wollen sich aber nach eigenen Angaben bemühen, den bürokratischen Aufwand zu minimieren: “Für Gebäude, die vor 1948 erbaut wurden, genügt aus
Vereinfachungsgründen in der Erklärung die Angabe ‘Gebäude erbaut vor
1948′”, steht in dem Papier. Niedersachsens Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU) teilte mit, dass es
gerade für Gewerbegrundstücke keine Mehrbelastung geben soll.
Unterschiedliche Steuermesszahlen sollen sicherstellen, dass die
Steuerverteilung in etwa so bleibt wie heute.

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Worum drehte sich der Streit?

Das Bundesfinanzministerium hatte ursprünglich zwei Modelle vorgeschlagen. Einerseits ein wertabhängiges Modell, wonach in die
Berechnung des Einheitswerts Nettokaltmiete, Wohnfläche, Baujahr,
Grundstücksfläche und Bodenrichtwert einfließen sollen. Dieses
sogenannte Mietenmodell hatte Finanzminister Olaf Scholz (SPD)
bevorzugt. Es ist aus seiner Sicht das Modell, das Vorgaben des
Verfassungsgerichts für eine zeitgemäße und sozial gerechte Besteuerung
erfüllt.

Alternativ schlug das Bundesfinanzministerium ein
wertunabhängiges Modell, auch “Flächenmodell” genannt, vor. Dabei wäre der Wert lediglich anhand der Fläche des Grundstücks und des Gebäudes
ermittelt worden. Es wird unter anderem von Bayern favorisiert, auch die
Immobilienwirtschaft wirbt wegen der einfachen Erhebung für das
Flächenmodell.

Der Mieterbund und das Institut der deutschen Wirtschaft hatten gefordert, anstelle von Scholz’ Vorschlägen eine reine Bodensteuer auf Grundlage
des Grundstückswerts einzuführen. Der Mieterbund und Oppositionsparteien
kritisieren, dass beim sogenannten Mietenmodell die Grundsteuer auf
die Miete umgelegt wird und Wohnen in vielen Regionen noch teurer
werden könnte. Außerdem warnen besonders die Wohnungs- und Immobilienunternehmen sowie Vertreter von CSU und FDP vor
einem riesigen bürokratischen Aufwand, denn die Angaben würden für jede
einzelne Wohnung benötigt.

Mit Material von dpa und AFP

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