/Fridays For Future: “Uns geht es nicht darum, die Schule zu schwänzen”

Fridays For Future: “Uns geht es nicht darum, die Schule zu schwänzen”

Die Schwedin Greta
Thunberg hat es vorgemacht. Seit August schwänzt sie freitags die Schule und
streikt fürs Klima. Spätestens seit ihrem Auftritt bei der
UN-Klimakonferenz in Kattowitz ist sie weltweit bekannt. Tausende Jugendliche
haben sich inzwischen der Bewegung Fridays for Future angeschlossen, auch
Julia Oepen aus Hamburg. Die 17-Jährige hat eine WhatsApp-Gruppe gestartet und Protestaktionen
organisiert. Heute
steht die nächste Demo vor dem Hamburger Rathaus an.

ZEIT ONLINE: Frau
Oepen, beim letzten Schulstreik fürs Klima vor zwei Wochen standen rund 2.000
Schüler und Studenten vor dem Rathaus. Heute gibt es die nächste Demo,
allerdings ist eh schulfrei. Mit wie vielen Teilnehmern rechnen Sie?

Julia Oepen: So
mit 600. Beim letzten Mal hatten wir einen größeren Aufruf gestartet und es war
etwas mehr Vorlauf, deshalb werden es wohl weniger sein. Wir haben zum Beispiel
erst gestern die Genehmigung bekommen, dass wir heute auf den Rathausmarkt
dürfen. Trotzdem haben schon viele geschrieben, dass sie kommen wollen. Das ist
ja auch eine Chance zu zeigen, dass es uns ums Thema geht und nicht darum die
Schule zu schwänzen. Unsere Kritiker, etwa in der Schulbehörde, sollen sehen,
dass wir auch streiken, wenn schulfrei ist.

ZEIT ONLINE: Sie
streiken für mehr Klimaschutz. Um was geht es Ihnen genau?

Oepen: Unser
großes Ziel ist es, dass das Pariser Klimaabkommen eingehalten wird. Das ist
die Voraussetzung für alles andere. Heute wenden wir uns vor allem gegen die
Ergebnisse der Kohlekommission von vergangenem Wochenende. Wir sind damit nicht
zufrieden, dass es erst 2038 keine Kohlekraftwerke mehr in Deutschland geben
soll.

Fridays For Future: Schülerin Julia Oepen organisiert in Hamburg die "Fridays for Future"

Schülerin Julia Oepen organisiert in Hamburg die Fridays for Future
© Gunter Glücklich

ZEIT ONLINE:
Denken Sie, dass Sie mit dem Streik etwas bewirken können?

Oepen: Ich hoffe
es. Unser Protest richtet sich vor allem an die Politiker. Da sehen wir einen
großen Handlungsbedarf, sonst ändert sich nichts. Klar ist es auch schlecht,
wenn jemand mit dem Geländewagen zum Brötchenholen fährt oder jede Ferien
wegfliegt. Es ist gut, wenn wir die Leute zum Nachdenken anregen können, aber
für wirkliche Veränderungen brauchen wir die Politik.

ZEIT ONLINE: Sie
haben die erste Demo in Hamburg organisiert. Wie kam es dazu?

Oepen: Wie viele
andere habe ich im Dezember das Video von der Rede gesehen, die Greta Thunberg
auf der UN-Klimakonferenz in Kattowitz gehalten hat. Ich engagiere mich schon
länger bei der Greenpeace-Jugend und kenne darüber Leute in ganz Deutschland.
Einige haben mir damals geschrieben, dass sie nun auch einen Schulstreik
planen. Daraufhin habe ich fünf, sechs Freunde hier in Hamburg kontaktiert, eine
WhatsApp-Gruppe gestartet und bei der Versammlungsbehörde eine Demonstration am
Jungfernstieg angemeldet. Wir waren zwischen 50 und 60 Leute. Das klingt jetzt nach
nicht vielen, aber es waren mehr als gedacht. Ich habe nur mit so 20 gerechnet.

ZEIT ONLINE: Wie
ging es danach weiter?

Oepen: Die
nächste Demo war dann schon die mit den 2.000 Teilnehmern. Die ganzen Leute mit
ihren selbst gebastelten Plakaten vor dem Rathaus zu sehen – das war
überwältigend! Die Bewegung Friday for Future ist schnell gewachsen. Unsere
WhatsApp-Gruppe in Hamburg hat inzwischen 400 Leute und für die Demos haben wir
ein richtiges Organisationsteam. Ich bin zum Beispiel auch dafür zuständig, mich
mit den Organisatoren aus anderen Städten auszutauschen.

ZEIT ONLINE: Alle
zusammen haben Sie vergangenen Freitag in Berlin demonstriert. Wie war das?

Oepen: Es
herrschte eine tolle Stimmung! Ich glaube, wir waren eine ziemlich laute Demo. Aus
Hamburg kamen etwa 100 Schüler mit. Wir hatten extra zwei Busse gemietet, trotzdem
haben die Plätze nicht gereicht und einige mussten noch auf eigene Faust nach
Berlin fahren. Gleich am Bahnhof haben wir andere Leute mit Plakaten getroffen.
Das war ein schönes Gefühl, zu wissen, dass man nicht allein ist. Wir haben uns
vor dem Bundeswirtschaftsministerium getroffen, sind von da aus zum Kanzleramt
gezogen und wieder zurück.

ZEIT ONLINE: Was sagen
eigentlich Ihre Eltern und Lehrer zu den Schulstreiks?

Oepen: Meine
Mutter war zuerst skeptisch, als sie hörte, dass ich dafür die Schule schwänze,
aber mittlerweile findet sie es gut. Von der Schulleitung und meinen Lehrern
werde ich auch unterstützt. Ich arbeite den Stoff, den ich verpasse, zu Hause
nach, aber ich lerne auch auf den Demos etwas. Ein Ziel der Schule ist es ja,
dass wir selbstständige, politisch aktive Menschen werden, die für ihre Zukunft
einstehen. Genau das machen wir!

ZEIT ONLINE: Wie
geht es weiter? Wollen Sie und Ihre Mitstreiter nun jede Woche demonstrieren?

Oepen: Nein, so
oft wollen wir dann doch nicht fehlen in der Schule. Wenn wir jede Woche
streiken würden, müssten wir zu viel nacharbeiten. Lieber nur regelmäßig, alle
paar Wochen und dafür dann mit vielen Teilnehmern. Die nächste große Demo ist
für den 15. März geplant, nicht nur in Hamburg, sondern auch in anderen Städten
in Deutschland und Europa. Unser Motto lautet: “Wir streiken, bis ihr handelt.”

Dies ist ein Artikel aus dem Ressort ZEIT:Hamburg. Hier finden Sie weitere News aus und über Hamburg.

Hits: 17