/Zeugnissorgen: Welche Sorgen die Halbjahreszeugnisse auslösen

Zeugnissorgen: Welche Sorgen die Halbjahreszeugnisse auslösen

Oliver Hollenstein

Oliver Hollenstein
© Maria Feck

Liebe Leserin, lieber Leser,

Frauen sind für die Quote, Männer dagegen. Das war mein erster
Eindruck nach der Lektüre der knapp 50 Mails, die uns gestern auf unsere Frage
erreichten, ob Parteien verpflichtet werden sollten, bei der Aufstellung ihrer
Wahllisten auf jeden zweiten Platz eine Frau zu setzen. Ist das nicht ein
bisschen viel Klischee? Stimmt, ist es. Die genauere Betrachtung zeigt: Drei
Frauen sind gegen die Quote. Anke K. schreibt etwa: “Warum sollten Männer in
der Bürgerschaft oder anderen Gremien Frauenbelange nicht repräsentieren? Von
manch einer weiblichen Politikerin fühle ich mich nicht automatisch vertreten,
nur weil wir das gleiche Geschlecht haben.” Und drei Männer plädieren für eine
Quote, etwa Leser Christian F.: Nur so könne man Frauen ermutigen, politische
Ämter zu übernehmen! Ansonsten argumentieren viele Männer, wenn es eine
Frauenquote gäbe, brauche es auch gleich eine Alters- und Berufsquotierung. Es
stehe ja jeder Frau frei, zu kandidieren. Das Hamburger Wahlsystem ermögliche
außerdem schon, sein Kreuz nur bei Frauen zu machen. Wenn Frauen nur Frauen
wählen würden! Frauen halten dagegen, dass sie von der Politik und ihren
Männerbünden abgeschreckt seien. Oder wie Renate R. schreibt: Männer würden
eben dazu neigen, sich immer wieder vorzudrängeln.

In diesem Sinne halte ich
mich jetzt mit einer Meinung zurück – und wünsche Ihnen einen schönen Tag!

Ihr Oliver Hollenstein

Wollen Sie uns Ihre
Meinung sagen, wissen Sie etwas, über das wir berichten sollten? Dann schreiben
Sie uns: hamburg@zeit.de.

Aktuelles


© SIGNA-Chipperfield/HafenCity Hamburg GmbH/dpa

Kommt er doch nicht?

Es war einer seiner letzten Auftritte als Bürgermeister, Olaf Scholz geriet für seine Verhältnisse fast ins Schwärmen: Selbstbewusst,
elegant, schön sei das Gebäude, ein Entwurf der Meisterklasse. Dieser Turm
passe zum neuen Hamburg, sagte er bei der Vorstellung der Pläne für einen 245
Meter hohen “Elbtower” an den Elbbrücken.
Das “Vermächtnis des Olaf Scholz”,
schrieb das “Hamburger Abendblatt”. Nun,
fast genau ein Jahr später, sind es Scholz’ Parteigenossen, die dieses
Vermächtnis infrage stellen. Überraschend verlangen die Fraktionen von SPD und
Grünen vom Investor René Benko (bekannt als Eigner von Karstadt) neue Zusagen:
Der Bauherr soll etwa vor Baubeginn im Jahr 2021 verbindliche Mietverträge für
30 Prozent der geplanten 70.000 Quadratmeter Bürofläche mit einer
Mindestlaufzeit von wenigstens fünf Jahren nachweisen, außerdem einen
Pachtvertrag für das geplante Hotel über 15 bis 20 Jahre. Ziel der
Forderungen: Die Stadt soll bei dem 700 Millionen Euro teuren Projekt des
Investors kein finanzielles Risiko eingehen. Angesichts der Erfahrung mit der
Elbphilharmonie nicht die schlechteste Idee – aber dennoch überraschend: Scholz
hatte immer betont, dass der bisherige Vertrag schon alle Risiken von Hamburg
fernhalte.


© Bodo Marks/dpa

Keine
Gesundheitsgefahr in Boberger Niederung

Vor einigen Monaten wurde bei einer
Routineprobe im Hamburger Naturschutzgebiet Boberger Niederung ein erschreckend
hoher Wert des hochgiftigen Dioxins gemessen
. Nun haben die Behörden
Entwarnung gegeben: Der Dioxinfund ist harmloser als befürchtet. Weder in
Wohngebieten noch in Grundwasser oder Seen stellten die Behörden bedenkliche
Mengen des Gifts fest, nur ein Hektar gilt als kontaminiert und muss saniert
werden. Der Messwert von 700 Mikrogramm Dioxin pro Kilogramm Boden bestätigte
sich ebenfalls nicht, das Gesundheitsrisiko gilt als verschwindend gering. “Das
mindert den Umweltskandal in keiner Weise”,
sagte Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD). Das Dioxin stammt
offenbar vom Pharmakonzern Boehringer. Unklar ist, wie es ins Naturschutzgebiet
gelangte. Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) versicherte, man sei in
“konstruktiven Gesprächen” und erwarte,
dass Boehringer seiner Verantwortung gerecht werde.

                                                                                                Annabel Trautwein

In einem Satz

Die Zahl der Erwerbstätigen in Hamburg ist 2018 um 1,2 Prozent auf
1,26 Millionen gestiegen, der Anstieg war damit etwas geringer als im
Bundesdurchschnitt +++ Vom 16. August an müssen sich die ehemaligen Vorstände
der damaligen HSH Nordbank erneut wegen Untreue und Bilanzfälschung vor dem
Landgericht behaupten, einen Freispruch von 2014 hatte der Bundesgerichtshof
gekippt +++ Mit einer Befragung will die Stadt herausfinden, wie zufrieden die
Hamburger mit ihrer Verwaltung sind +++ Wegen der Sanierung des
Kongresszentrums CCH hat die städtische Messegesellschaft im vergangenen Jahr
Umsatz verloren +++ Durch zwei Gegentore in den letzten zehn Minuten hat der FC St.
Pauli in Darmstadt 1:2 verloren

Was heute auf der Agenda
steht

Die Bürgerschaft tagt, unter anderem geht es um den Brexit, die
Zustände in Ausländerbehörden und die Folgerungen aus der Enquetekommission
Kinderrechte +++ Bausenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) nimmt am
Neujahrsempfang des Bundes Deutscher Architekten und Architektinnen Hamburg
teil +++ Der HSV spielt gegen Sandhausen

Was Sie interessieren könnte

Alltagsreporter: Der
Polizist

“Wenn wir Leute für eine Nacht in die
Ausnüchterungszelle stecken, erleben wir Szenen wie im Zoo. Die benutzen die
Zellen als Klo und schlagen die ganze Nacht gegen die Tür. Auch Anwälte und
Ärzte benehmen sich dann so, als würden sie aus der untersten Gosse stammen.
Die sind nicht mehr bei Sinnen und versuchen einen immer noch zu belehren. Das
finde ich fragwürdiger als das Verhalten von manchen Dauer-Alkis.”

An dieser Stelle finden Sie
täglich unsere Alltagsreporter. Hier schreiben Hamburger, die wir gebeten haben,
uns regelmäßig zu berichten, was sie in ihren Jobs erleben. Sie bleiben anonym,
damit ihnen beruflich keine Konsequenzen drohen.

Die neuen Hamburg-Seiten
der ZEIT:

Das Titelthema

Als wir in den vergangenen Monaten mit Leserinnen und Lesern zusammensaßen und
sie fragten, was sie sich von einem monatlichen Hamburg-Teil wünschten, hörten
wir häufig ähnliche Antworten: Tiefenbohrung, lange Recherchen, ganz genaues
Hinschauen. Das wollen wir natürlich auf allen Seiten umsetzen. Aber an einem
Ort in der Zeitung ganz besonders: auf einer dreiseitigen Strecke zu einem
Schwerpunktthema. In der ersten Ausgabe widmen wir uns dem Straßenverkehr.
Unser Redakteur Frank Drieschner hat exklusiven Zugang zu Daten von
Navigationsgeräten bekommen und kann brennende Fragen beantworten: Wie schnell
kommen Autos in der Stadt voran? Wie hat sich das in den vergangenen Jahren
entwickelt? Welche Rolle spielen die Autobahnen für den Stadtverkehr? Und wie
steht Hamburg da im Vergleich zu anderen Millionen-Metropolen?


© Hauke-Christian Dittrich/dpa

“Wie sage ich es meinen
Eltern?”

Viele Kinder und Jugendliche gehen morgen mit einem mulmigen
Gefühl zur Schule: Es gibt Zeugnisse. Bei Frust und Fragen können sie sich
heute schon an das Sorgentelefon wenden. Unter der Nummer 428 99 20 02 sind bis
Freitag, jeweils von 8 bis 16.30 Uhr, Sozialpädagogen und Psychologen der
Regionalen Bildungs- und Beratungszentren erreichbar. Clemens von Lassaulx,
Leiter der Beratungsabteilung des Regionalen Bildungs- und Beratungszentrums
(ReBBZ) im Bezirk Nord, nimmt seit fünf Jahren Anrufe entgegen und weiß um die
ärgsten Nöte.

Elbvertiefung: Mit welchen
Sorgen rufen Kinder und Jugendliche an?

Clemens von Lassaulx: Die klassische
Frage ist: Wie sage ich es meinen Eltern? Manchmal spreche ich dann mit den
Kindern das Zeugnis durch. Das ist meistens gar nicht so schlimm, da sind zum
Beispiel nur zwei Noten nicht so toll. Schon durch das Gespräch fassen viele
den Mut, mit ihren Eltern zu reden. Manche fragen auch, ob sie das Zeugnis
irgendwie verheimlichen können. Das geht natürlich nicht. Die Schulen verlangen
ja die Unterschrift der Eltern. Zudem ist Kindern oft nicht klar, dass ihre
Eltern meist schon Bescheid wissen.

EV: Wieso?

Lassaulx: Ein Zeugnis ist
heute in der Regel keine Überraschung. Es gibt Lernentwicklungsgespräche an den
Schulen, die werden sehr genau eingehalten. Es gibt kaum noch Eltern, die nicht
wissen, was da kommt.

EV: Wie alt sind Ihre
Anrufer ungefähr?

Lassaulx: Die meisten sind
Eltern, die sich Sorgen über die Schullaufbahn ihrer Kinder machen oder mit dem
Zeugnis nicht einverstanden sind. Zum Halbjahr gibt es immer viele Anfragen
dazu, ob jemand weiterkommt und in die Oberstufe gehen darf oder eben nicht
zugelassen wird. Wenn Eltern oder die Jugendlichen selbst von der Erwartung
ausgehen, dass sie später studieren und sie dann die Zulassung zur Studienstufe
nicht schaffen, stellt sich die Frage: Wie geht denn jetzt mein Lebensweg
weiter?

EV: Was sagen Sie
dann?

Lassaulx: Die Tür zum
Studium ist ja nicht endgültig zugeschlagen. Es gibt auch noch den zweiten
Bildungsweg, die Handelsschule, die höhere Handelsschule, Kollegschulen.
Manchmal muss man aber auch begreifen, welche Fähigkeiten man mitbringt. Für
einige ist das Studium auch einfach nichts.

EV: Merken die Eltern
das zu spät?

Lassaulx: Bei denen, die
bei uns mit dieser Fragestellung anrufen, ist es oft so. Wenn die Eltern vorher
schon engagiert wären, dann würden sie sich schon beim ReBBZ in ihrem Bezirk
beraten lassen und hätten nicht durch ein Zeugnis davon erfahren, wie es um die
Chancen ihrer Kinder steht.

Welche Sorgen die Eltern
am Telefon umtreiben und was die schwierigsten Fälle von Clemens von Lassaulx
waren, lesen Sie im vollständigen
Interview unserer Kollegin Annabel Trautwein auf ZEIT ONLINE
.

WER WIR SIND


© Maria Feck

Ich bin Christoph Twickel,
Jahrgang 1966, ich wollte eigentlich mal zum Theater, habe dann doch lieber
eine Band gegründet und nach dem Studium über die Musik zum Journalismus
gefunden – in den frühen Neunzigern war das, als die “Spex” noch ein Leitmedium war
und die Plattenindustrie noch Geld hatte, um Musikmagazine mit Anzeigen am
Leben zu erhalten. Als ich mich zu alt für den Popjournalismus fand, so mit
Mitte dreißig, habe ich angefangen, über Stadtentwicklung und Kultur in allen Facetten
zu schreiben – bei der “Szene Hamburg”, zuletzt als Chefredakteur, und seit 2003 als freier Journalist
für “Spiegel Online”,
“taz”, “Freitag”, “Brand Eins” und seit 2014 als Autor
der ZEIT:Hamburg. Bücher schreibe ich manchmal auch. “”Gentrifidingsbums oder
eine Stadt für alle”
(Edition Nautilus, 2010) zum Beispiel handelt von Mieten, Verdrängung und
Wohnproblemen, Themen die wir in Hamburg ja besonders gut kennen.

WAS SIE HEUTE ERLEBEN KÖNNEN

Mittagstisch:

Suppe beim Zoll

Bis 2013 verlief hier die Grenze zwischen der Hamburger Altstadt und dem damaligen Freihafengebiet. Heute überquert man den Zollkanal über die aus dem 17. Jahrhundert stammende Kornspeicherbrücke und findet dann gleich rechterhand das alte Zollgebäude. Frisch renoviert, beherbergt es den Suppenladen Soup City. Vier verschiedene Suppen stehen zur Auswahl: Tomate, Asiatische Kokos-Currycreme, Lauchcreme und Chili con Carne (je nach Beilage und Größe zwischen 4,40 und 5,50 Euro). Daneben gibt es Quiche, Backkartoffel und Pasta des Tages. Der halbrunde Raum ist in Grau- und Brauntönen gehalten, es sitzt sich gemütlich auf einer langen Bank oder einem tiefen Hocker. Nur das Bild des güldenen Ankers an der einen und das Pseudo-Graffito »SoupCity« in Grün-Rot an einer anderen Wand wollen nicht so ganz passen. Die hausgemachte Wirsing-Speck-Quiche mundet sehr, der knackige Salat im Weckglas dazu ist eine feine Ergänzung (5 Euro). Und während sich vor den Fenstern Touristentrauben vorbeischieben, wird der Raum von Geschäftsmännern dominiert, die sich zu einer schnellen Business-Suppe verabredet haben.

Speicherstadt, Soup City Bistro Zoll, Neuer Wandrahm, Ecke Kornhausbrücke, Mo–Fr, 8–16 Uhr

Elisabeth Knoblauch

Was geht

Hoger
liest:
Sie
gilt als “weiblicher Wallraff der Weimarer Republik”, schrieb über die
Unsicherheit im Leben von Frauen, vom alltäglichen Sexismus, von der
Radikalisierung in der Nachkriegszeit. Hannelore Hoger liest Paula Schlier:
“Petras Aufzeichnungen oder Konzept einer Jugend nach dem Diktat der Zeit”.

Katholische
Akademie Hamburg
, Herrengraben 4, 19 Uhr, 15 Euro
 

Fan-Sport:
Nichts
wärmt so gut wie Gehopse und Gebrüll im Fußballstadion. Davon kann der HSV
jede Menge brauchen, will er die Tabellensitze der zweiten Liga halten. Heute
tritt er an gegen den SV Sandhausen, der auf den hinteren Liga-Plätzen
dümpelt.

Volkspark Stadion, Sylvesterallee 7, 20.30 Uhr, ab 18 Euro
 

Dänischer
Pop:

Seine Refrains erinnern an Stevie Wonders Falsettgesang, das Debütalbum
“Cohere” brachte ihm die Auszeichnung “Solokünstler des
Jahres” der Danish Music Awards 2017 ein. Trotzdem ist Alex Vargas
mitnichten ein Newcomer, er steht schon seit 17 Jahren auf der Bühne. Soulige Electro-Pop-Tour.

Knust, Neuer Kamp
30, 21 Uhr, VVK 28,30 Euro

Hamburger Schnack

Gestern Morgen in der S1 von Blankenese Richtung Altona schaltete sich kurz vor Othmarschen der Schaffner in die Waggons und berichtete in einem einwandfreien, unglaublich sympathischen Hamburger Platt: »Moin, Moin, hier ist Ihr Schaffner. Der Onkel von ganz vorn. Vor uns in Othmarschen steht eine S11, die gerade am Wenden ist. Wenn der Zausel an uns vorbeigetüdelt ist, können wir weiterfahren. Entschuldigen Sie die Verspätung.«

 

Gehört von Isabel Schmidt

Meine Stadt

Frei nach Hermann Hesse: Und jedem Winter wohnt der Frühling inne

Frei nach Hermann Hesse: Und jedem Winter wohnt der Frühling inne
© Horst-Dieter Martinkus

Die heutige Ausgabe zum vertieften Lesen

Welche Sorgen die Eltern am Telefon umtreiben und was die schwierigsten Fälle
von Clemens von Lassaulx waren
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