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Junge Alternative: Aussteiger will neue AfD-Jugend gründen

Vor
einem Jahr waren es noch zwölf, heute sind gerade einmal sieben Porträtbilder auf der Website übrig: Im Bundesvorstand der Jungen
Alternative, der offiziellen AfD-Jugend, lichten sich die Reihen. Auch Christopher Jahn ist nicht
mehr dabei. Jahn war einmal Beisitzer im Bundesvorstand, heute plant er eine
Konkurrenzorganisation zu seinem ehemaligen Jugendverband.

Der
32-Jährige will nicht mehr nur zusehen, wie die offizielle
AfD-Jugend sich immer weiter rechts positioniert. Er hat sich mit anderen
Gemäßigten vernetzt. Es gebe bundesweit über hundert
Gleichgesinnte, die auf einen Neuanfang warten, sagt Jahn ZEIT ONLINE.

Seine
Pläne treffen die Junge Alternative zu einem für sie ungünstigen
Zeitpunkt. Insider berichten, dass
sich vor
allem Gemäßigte von der
Jungen
Alternative abwenden.
Von
ihren ehemals knapp 1.900 Mitgliedern habe
die Parteijugend innerhalb
des letzten halben Jahres bis
zu 400 verloren, sagt einer,
der die Zahlen einsehen konnte. Die
Junge Alternative widerspricht
dieser Angabe. Sie habe derzeit 1.655 Mitglieder,
was auch an dem aufgelösten
Landesverband Niedersachsen liege.

Beschimpft als “Liberalala”

Ein
Grund für den
Mitgliederschwund ist sicher
auch, dass die AfD vom
Verfassungsschutz als Prüffall und ihre Jugendorganisation als
Verdachtsfall eingestuft

worden ist. In
einigen Bundesländern wird
die Junge Alternative sogar als
Beobachtungsfall geführt.
Nachdem zunächst die
Verbände in Bremen, Niedersachsen und Baden-Württemberg unter
Verdacht standen, wird seit
vergangener
Woche auch die AfD-Jugend
in Bayern als “Beobachtungsobjekt” behandelt.
In Niedersachsen,
dem
Landesverband von Christopher Jahn, hat
sich die Junge Alternative
bereits im vergangenen
November aufgelöst
.
Damals hatte es noch als
rote Linie gegolten, vom Verfassungsschutz beobachtet zu werden.
Konsequent wurde das
aber bereits damals nicht verfolgt, denn in Bremen und
Baden-Württemberg besteht die Parteijugend weiterhin.

Wenn
man ihn fragt, was eine neue AfD-Jugend anders machen sollte, muss
Christopher Jahn nicht lange überlegen. “Wir werden die roten
Linien achten”, sagt er und meint damit die Äußerungen und
Vorfälle, die die Junge Alternative zum Fall für den
Verfassungsschutz werden ließen. Er wünscht sich eine Parteijugend,
die in ihren Reihen keine radikalen Töne und kein radikales
Auftreten duldet. Mit Schrecken erinnert er sich an den
Bundeskongress im vergangenen Juni zurück. Er
sei sogar
früher nach Hause gereist,
weil er das Ende der
Veranstaltung nicht
abwarten wollte. “Ich
wollte nicht bedröppelt im
Saal
sitzen und noch einmal
‘Deutschland,
Deutschland
über alles‘ hören”,
sagt er. Auf dem Kongress
hatte
die AfD-Jugend bereits alle
statt
nur der dritten Strophe des Deutschlandlieds
gesungen. Jahn ahnte, dass sie es erneut anstimmen würde.

Auch
seine Kritik an dem Programm, das die Junge Alternative auf dem
Parteitag verabschiedete, kam bei vielen nicht gut an. Ein
gravierendes Beispiel ist für Jahn die Forderung,
abendliche Ausgangssperren
für junge männliche Flüchtlinge einzuführen.
Man werfe ihm deshalb vor,
nicht patriotisch zu sein, sagt Jahn
empört. Für
Konservativ-Liberale
wie ihn habe man
parteiintern ein
Schimpfwort: “Liberalala”. Das
stehe für eine
weich gespülte Position, die man nicht ernst
nehmen müsse.

Andere
Gemäßigte empfanden
die Stimmung auf
dem Kongress als aggressiv,
danach habe es “Alkoholexzesse” und “Rangeleien” gegeben, erzählen
Ehemalige.
Ein
Pressesprecher der Jungen Alternative wies darauf hin, dass ihm
solche Vorfälle nicht bekannt sind.
Ein
Ex-Mitglied berichtet
im Gespräch mit ZEIT ONLINE außerdem von
einem Klima, in dem er
als “Verräter” und
“Spalter” bezeichnet
werde und zeigt
Screenshots mit
beleidigenden Chat-Nachrichten. Für
Gemäßigte,
die noch immer in der AfD
Mitglied sind,
sei es mittlerweile
“karriereschädlich, den Mund aufzumachen”, sagt er
und klingt damit wie seine
eigene Partei,
die das häufig ihren politischen Gegnern vorwirft.

Keine
Angst vor konkreten Plänen hat hingegen Christopher Jahn. Er will
erst einmal klein anfangen und zusammen mit anderen in seinem
Landesverband Niedersachsen eine neue Parteijugend aufbauen. In
Niedersachsen gibt es keine Nachwuchsorganisation mehr, seit sie sich
aufgelöst hat. Eigentlich sollte Jahn dort mit Frank Rinck,
ehemaliges JA-Mitglied und Vorstand der AfD Niedersachsen, einen
neuen JA-Landesverband hochziehen. Nun
wenden
sich beide von
der Jungen Alternative ab.
Laut Jahn brauche es einen klaren Schnitt. Andere Bundesländer
könnten nachziehen und, parallel zur Jungen Alternative, sich später
bundesweit als neue AfD-Jugend mit neuem Namen bilden – eine
Entwicklung, die Jahn begrüßen würde: “Jeder Jugendliche könnte
dann entscheiden, ob er bei der alten JA mitmachen will – mitsamt
ihrer Probleme – oder lieber bei einer neuen Jugendorganisation,
die mit diesen Problemen nichts zu tun haben will”, sagt er. Das
ist eine Kampfansage an die Junge Alternative, aber auch an den
radikalen Flügel innerhalb der AfD.

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