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Fußball: Abschied vom Laptoptrainer

Auch wenn – um mit Uli Hoeneß zu sprechen – der Osterhase erst in zwei Monaten kommt, lässt sich eines über die Fußball-Bundesliga bereits jetzt festhalten: In der spannendsten sowie qualitativ stärksten Saison seit gut einer Dekade spielen die von sogenannten Laptoptrainern geführten Mannschaften keine relevante Rolle.

Wir erinnern uns: Mehmet Scholl führte diesen Trainertypus vor etwas mehr als drei Jahren in die Fußballdebatte ein, weil ihm auffiel, wie taktikfokussiert und bestnotengarantiert eine ganze Garde an Kollegen die Ausbildungsklassen verließ. Deren jetzt ausbleibender Erfolg ist insofern bemerkenswert, als dass ihr Siegeszug noch vor weniger als sechs Monaten für unaufhaltbar erachtet wurde.

Der Fußball und der Fortschritt

Gerade unter avancierten Fußballfreunden galten die jungen Tech-Gardisten um Hoffenheims Julian Nagelsmann, Schalkes Domenico Tedesco und womöglich auch Bremens Florian Kohfeldt als paradigmatische Verkörperungen des Credos, der Bogen der Fußballgeschichte möge zwar lang und unruhig geschwungen sein, sich am Ende aber doch in Richtung des, insbesondere analytisch, hochbegabten Datennerds, also des Fortschritts selbst, schließen. Basale Qualifikationen, wie etwa menschliche Reife oder eigene Profierfahrung, waren nun nicht mehr das probate Mittel zur Findung der Wahrheit des Spiels. Die Wahrheit lag nicht mehr auf dem Platz, sondern auf dem Laptop.

Aus der Sicht einer im Zuge der Pep-Guardiola-Ära auch publizistisch hegemonial gewordenen Scheinprogressivität schienen die Tage eher erdnah verankerter Praktiker vom Typus Bruno Labbadia, Pal Dardai oder gar Friedhelm Funkel mit Beginn der Saison 2018/2019 jedenfalls endgültig gezählt. Nichts sprach für sie, außer dass sie eben auch noch da waren.

Wirkte der Fortschritt größer, als er war?

Doch sechs Monate in die neue Saison sind deren Teams die eigentlich positiven Überraschungen der Liga! Nicht zuletzt taktisch dienen sie Wochenende um Wochenende als Paradebeispiele, wie man überdrehte Systematiker in die Leere des Raumes laufen lässt. Man denke etwa an die erste Halbzeit zwischen Schalke und Wolfsburg, in der Tedescos gewiss minutiös gebrieftes, aber traurig todprogrammiertes Team von Labbadias Wölfen in Sachen Spielverlagerung wie eine Kneipentruppe ein ums andere Mal in die Ödnis gestellt wurde. Gut, man wird zurecht einwenden, Schalke habe dieses Spiel letztlich gewonnen. Aber das ist nur Fußball, manchmal gewinnt eben auch die deutlich dämlichere Mannschaft.

Wie wäre diese Retrotrendwende zu verstehen? Ist die Hochzeit der Matrix-Strategen schon wieder vorbei? Tanzten sie gar nur einen oder zwei Sommer? Hatte es auch dieser Fortschritt an sich, viel größer zu wirken, als er tatsächlich war?

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