/Kohlekommission: Kretschmer fordert gesetzliche Grundlage für Kohleausstieg

Kohlekommission: Kretschmer fordert gesetzliche Grundlage für Kohleausstieg

Nach der Einigung der Expertenkommission des Bundes zum Kohleausstieg hat Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) die Bundesregierung aufgefordert, schnell die nötigen gesetzlichen Grundlagen zu schaffen. “Für die weiteren Tage ist es nun entscheidend, dass der Bund Verlässlichkeit schafft”, sagte Kretschmer der Rheinischen Post. “Wir brauchen eine gesetzliche Fixierung dieser Maßnahmen.”

Bis Ende April müssten die Eckpunkte für das Maßnahmengesetz und das Planungsbeschleunigungsgesetz vorliegen, forderte der Ministerpräsident. Er warnte alle Beteiligten vor neuem Streit. Sachsen werde den Kompromiss der Kohlekommission akzeptieren. “Ich werde meinen Beitrag dazu leisten, möchte aber auch alle anderen Beteiligten dazu auffordern, dieses Ergebnis zu achten und nicht infrage zu stellen.”

Auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sagte, nach dem Beschluss sei “eine ganze Reihe von Gesetzen” notwendig. Die Regierung werde die Empfehlungen jetzt zunächst prüfen, sagte Altmaier in der ARD-Sendung Bericht aus Berlin. Für den schnellen Anlauf des Kohleausstiegs habe der Bund einen “sehr schnellen Start” der Finanzierung angeboten. Dafür stehe bereits Geld im Bundeshaushalt zur Verfügung.

Der Co-Vorsitzende der Kommission und frühere brandenburgische Ministerpräsident, Matthias Platzeck, sagte der Märkischen Allgemeinen Zeitung: “Wenn man ein fast einstimmiges Ergebnis hat, kann das die Politik nicht ignorieren. Ich bin zuversichtlich, dass die in Rede stehenden Strukturhilfen in dieser Höhe auch fließen werden.” Der Vorsitzende der Industriegewerkschaft IG BCE, Michael Vassiliadis, sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland, die Kommission habe nach zähem Ringen einen gangbaren Weg aufgezeichnet, den alle relevanten gesellschaftlichen Gruppen mittragen. “Ich rate der Bundesregierung und dem Bundestag dringend, diesen eins zu eins umzusetzen.”

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© Foto: Yves Herman/Reuters

RWE-Chef warnt vor Stellenabbau

RWE-Chef Rolf Martin Schmitz sagte der Rheinischen Post, der Kohleausstieg werde auch Jobs bei dem Energiekonzern kosten. RWE habe im rheinischen Revier bereits in den vergangenen Jahren Kraftwerksblöcke für die Sicherheitsbereitschaft vom Netz genommen. “Weitere Stilllegungen werden deshalb umso schwieriger und werden dann wohl auch große Auswirkungen auf das Tagebausystem haben.” Wie viele Mitarbeiter betroffen sein werden, könne er noch nicht sagen. Er rechne aber mit einem “signifikanten Abbau bereits bis 2023”, der weit über bisherige Planungen und die normale Fluktuation hinausgehe. Mittelbar seien in den darauffolgenden Jahren auch Beschäftigte im Tagebau betroffen. Der Abbau werde sozialverträglich erfolgen.

“Das wird ein Kraftakt für alle und kann nur gelingen, wenn die Politik tatkräftig und verlässlich unterstützt”, sagte Schmitz. “Und selbst dann werden wir sehen, ob ein so frühes Ausstiegsdatum am Ende überhaupt sinnvoll möglich ist.” Positiv sei, dass die Kommission ein fast einstimmiges Ergebnis erreicht habe. “Denn wir brauchen einen Konsens und Planungssicherheit.” Wie die Umsetzung genau funktioniere und was das im Einzelnen für RWE heiße, müsse man erst einmal analysieren. “Klar ist aber, und das sollte allen bewusst sein, in der Braunkohle wird es tiefe Einschnitte geben.”

Zum Hambacher Forst sagte Schmitz, man werde prüfen, “was sinnvoll machbar ist unter Berücksichtigung der Erfordernisse der weiteren Nutzung des Tagebaus und der Rekultivierung”. Die Auseinandersetzung sei “nicht rational”. Der Wald zwischen Köln und Aachen ist zum Symbol für den Widerstand gegen Braunkohleverstromung geworden. RWE wollte einen Teil des Waldes roden, um den benachbarten Tagebau Hambach zu vergrößern. Die Kohlekommission hatte den Erhalt des Hambacher Forstes als “wünschenswert” bezeichnet. 

Wirtschaft warnt vor steigenden Strompreisen

Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer, warnte derweil vor steigenden Strompreisen. Die von der Kommission vorgeschlagenen Kompensationen müssten “ausstiegsbedingte Strompreiserhöhungen vollständig auffangen”, sagte Schweitzer den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die Energieexpertin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) kritisierte mögliche Entschädigungen für die Kraftwerksbetreiber. Statt in “Kohleabwrackprämien” sollte besser in innovative Energiewendeprojekte investiert werden, sagte Kemfert der Passauer Neuen Presse.

Laut den Vorschlägen der Kohlekommission soll Deutschland bis spätestens 2038 aus der Kohleverstromung aussteigen. Bereits bis 2022 sollen insgesamt sieben Gigawatt Kohlekapazität zusätzlich vom Netz genommen werden, davon drei Gigawatt Braunkohle. Die Folgen in den betroffenen Regionen soll der Bund mit 40 Milliarden Euro abfedern. Zuschüsse in Höhe von  jährlich etwa zwei Milliarden Euro ab 2023 sollen einen Anstieg der Strompreise verhindern.

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