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Irland: EU-Kommissionsvizepräsident sieht Frieden in Irland gefährdet

EU-Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans hat Großbritannien dazu aufgerufen, beim Brexit den Frieden in Nordirland zu wahren. Eine
offene Grenze zwischen Irland und Nordirland sei entscheidend, um neue
Gewalt zwischen den ehemaligen Kriegsparteien abzuwenden, sagte
Timmermans. “Ich werde nie verstehen, wie es möglich ist, dass einige
Leute in Westminster so gleichgültig darüber hinweggehen. Ich verstehe
das einfach nicht”, sagte er.

Die von der Europäische Union im
Brexit-Abkommen geforderte Garantie für eine offene Grenze, der
sogenannte Backstop, sei eine Frage der Solidarität. Auf die Frage, wie
Grenzkontrollen in Irland im Falle eines Brexits ohne Vertrag zu
verhindern wären, sagte Timmermans: “Ich ziehe eine Situation mit einer
harten Grenze nicht in Erwägung, weil ich glaube, dass dies eine
kollektive Verantwortung ist, die überall zu spüren sein müsste.”

Unterdessen haben auch hunderte Demonstranten am Samstag an der Grenze zwischen dem britischen Nordirland und der Republik Irland vor den Folgen des Brexit gewarnt. Die Demonstrantinnen und Demonstranten fürchten, dass der EU-Austritt Großbritanniens wieder zu einer festen Grenze zwischen Nordirland und Irland führen und es erneut zu Konflikten kommen könnte. Derzeit ist die Grenze nahezu unsichtbar und kann ohne Kontrollen passiert werden.

“Wir sind doch diejenigen, die unter den Fehlern leiden, die im Parlament in London gemacht werden”, zitierte die britische Nachrichtenagentur PA einen Demonstranten in der Grafschaft Down. “Wir werden die Grenze nicht akzeptieren.” Die Teilnehmer waren zum Teil als Soldaten und Zollbeamte verkleidet und errichteten eine Betonmauer, Zollstation und Wachturm. Nach Angaben der Veranstalter sollte dies eine sichtbare Darstellung des schlimmsten denkbaren Szenarios darstellen. 

Brexit-Befürworter wollen keinen Backstop

Im Bürgerkrieg kämpften pro-irische Katholiken unter Führung der
Untergrundorganisation IRA gegen protestantische, pro-britische
Loyalisten. Im Kern ging es darum, ob der zu Großbritannien gehörige
Nordteil Irlands mit der Republik im Süden vereinigt werden soll. Das
sogenannte Karfreitagsabkommen beendete am 10. April 1998 die langen
Auseinandersetzungen. Zwischen 1969 und 2001 starben mehr als 3600
Menschen. Hunderttausende gelten als traumatisiert. Die Spannungen
zwischen Katholiken und Protestanten sind auch heute noch zu spüren. So
trennen mehr als 100 hohe Mauern Nachbarschaften in Belfast. 

Großbritannien will die EU am 29. März verlassen. Doch das mit
Brüssel ausgehandelte Abkommen fand im britischen Unterhaus keine
Mehrheit, unter anderem wegen des von Brexit-Befürwortern abgelehnten
Backstops. Am Dienstag will Premierministerin Theresa May über das
weitere Vorgehen debattieren und abstimmen lassen.Timmermans
sagte, nur wenn Großbritannien sich einige, sei ein Brexit ohne Vertrag
zu vermeiden. Eine Verlängerung der zweijährigen Austrittsfrist über den
29. März hinaus sei nach Artikel 50 der EU-Verträge möglich.

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