/“Tatort” Saarbrücken: Schwester, Schwester

“Tatort” Saarbrücken: Schwester, Schwester

Schon
am Anfang mischten sich Stolz und Zweifel: Als im Dezember 2011 die
Neubesetzung der Kommissarstelle im Saar-Tatort mit Devid Striesow verkündet
wurde, sprach die Saarbrücker Zeitung von einem “Coup”, warnte aber: “Jetzt
muss der Rest auch noch stimmen.” Ob er stimmte, darüber gingen die Meinungen bei
den sieben zwischen 2013 und 2018 ausgestrahlten Folgen verlässlich auseinander
– und bereits 2017 teilte die ARD mit, Striesow wolle sich bald “intensiver
neuen Herausforderungen und anderen Projekten widmen”. Nun also Der Pakt,
letzte Folge mit Hauptkommissar Jens Stellbrink, norddeutscher Herkunft, der gleich zu Beginn endlich angekommen scheint im neuen Milieu, stilecht mit Schwenkgrill auf der Dachterrasse. Von dem wird er per Handy
weggerufen, um sich folgendem Fall zu widmen: Die Schwesternschülerin Anika
(Lucie Hollmann) hat sich für Flüchtlinge engagiert, auch für den koptischen
Christen Kamal Atiya (El Mehdi Meskar). Als sie erfährt, dass er für die
Ausländerbehörde spitzelt, setzt sie ihn unter Druck – und findet wenig später
die ihr verblüffend ähnlich sehende Vanessa erdrosselt in ihrem Zimmer. Ist
Kamal der Mörder? Kommissar Stellbrink, übernehmen Sie! 

1. Worüber werden am Montag alle reden?

Christian Buß: Über
Devid Striesow und darüber, wie wenig man diesen eigentlich tollen Schauspieler
als Tatort-Ermittler vermissen wird – und wie sehr man sich dafür
über alle zukünftigen Auftritte von ihm außerhalb des Tatorts freut.

Lars-Christian Daniels: Über
mintgrüne Haarspangen, koptische Christen im Saarland und einen
Wirbelsäulenbruch auf Höhe C2.

Matthias
Dell:
Wird die Saarbrücker Oberbürgermeisterin Charlotte Britz in die
Tasten hauen und einen Beschwerdebrief an den SR schreiben?

Kirstin
Lopau:
Darüber,
dass das ein starker Abschieds-Tatort von Stellbrink war. Und wie sehr wir verstehen,
warum er aufhört – bei dem Ende! 

2. Was haben Sie aus diesem “Tatort” gelernt?

Christian Buß: Flaschendrehen
auf Koks, so amüsiert sich also die Partygemeinschaft bei Veranstaltungen im
Schwesternheim.

Lars-Christian Daniels: Das,
was sich auch in den bisherigen sieben Tatort-Folgen mit Devid Striesow
beobachten ließ: Ein guter Hauptdarsteller macht noch lange keinen guten Krimi.

Matthias
Dell:
Dass Filmemachen doch nicht so leicht ist, wie man denken könnte,
nur weil es so viele davon gibt. 

Kirstin
Lopau:
Bei
Partys: “Männer denken immer, der Alkohol reicht nicht.” Wir lernen
außerdem, dass Frottee ein schwieriger DNA-Trägerstoff ist und dass ein Rapid-DNA-Abgleich
trotzdem zwei Stunden dauert. Vor allem aber verstehen wir mal wieder, wie ein Spitzelsystem
funktioniert und dass dabei immer die Unschuldigen bezahlen müssen, während ein
Beamter der Ausländerbehörde weiterhin mit seinem SUV den Sohn zur Schule fährt
und noch fröhlich zum Abschied hupt.

3. Welche Frage bleibt offen?

Christian Buß: Was
ist eigentlich aus Kommissarin Lisa Marx (Elisabeth Brück) geworden? Obwohl sie
2013 gleichberechtigt mit dem Kollegen Stellbrink gestartet ist, spielt
sie nun in der letzten Folge keine Rolle mehr.

Lars-Christian Daniels: Mit
wem geht es weiter an der Saar? In Personalfragen hüllt sich der Saarländische Rundfunk bisher in Schweigen. Bisher klang lediglich durch, dass ein
Ermittlerquintett die Nachfolge von Stellbrink und Co. antreten wird.

Matthias
Dell:
Warum?

Kirstin
Lopau:
Darf
Stellbrink nun offiziell auf seiner Dachterrasse einen Schwenkgrill benutzen? Und was macht er jetzt beruflich?

4. Welche Rolle hätte man besser besetzen sollen? Und mit wem?

Christian
Buß:
Ach,
wo sollen wir anfangen. Hier ist keine Rolle so richtig glaubhaft besetzt oder gespielt.

Lars-Christian Daniels: Sämtliche
Kleindarsteller in Polizeiuniform – mit halbwegs gelernten Schauspielern.
Sorry, Saarbrücken, aber dieses ausdruckslose Zeilenaufsagen ist einfach nicht
primetimetauglich. 

Matthias Dell: Welche nicht?

Kirstin
Lopau:
Absolut
keine.

5. Von welcher Szene werden Sie träumen?

Christian Buß: Von
einem guten Saar-Tatort. Entschuldigung, man wird ja wohl noch
träumen dürfen.

Lars-Christian Daniels: Vom
saftigen Steak, das der hungrige Stellbrink auf seiner Dachterrasse angrillt
und dann unverzehrt zurücklassen muss – weil zu später Stunde noch sein
Diensthandy klingelt.

Matthias
Dell:
Wie Devid Striesow am Ende seiner letzten Folge als Kommissar Jens Stellbrink Zeuge eines völlig bescheuerten Finales wird – und darüber in Tränen
ausbrechen muss, obwohl es so albern ist, dass er lachen müsste. Und froh sein,
dass es vorbei ist.

Kirstin
Lopau:
Von
dem platt auf dem Asphalt liegenden Plüscheisbären und vor allem von der
letzten Szene, die kaum zu ertragen ist. Im Lied dazu heißt es It’s my
time to give up
und ja – das fühlt jeder empathische Mensch bei dieser
Szene! Ich teile Stellbrinks Tränen.

6. Von 0 (super spannend) bis 10 (schon um halb neun eingeschlafen): Wie viele goldene Schlafmützen bekommt dieser “Tatort”?

Christian
Buß:
6
Schlafmützen 😴😴😴😴😴😴

Lars-Christian
Daniels:
6
Schlafmützen 😴😴😴😴😴😴

Matthias
Dell:
10 Schlafmützen 😴😴😴😴😴😴😴😴😴😴

Kirstin
Lopau:
Ein
absolut starker und sehr eindringlicher Abschied für einen Kommissar
Stellbrink, der jenseits der Klamaukschiene so viel mehr zu bieten gehabt
hätte. 2 Schlafmützen 😴😴

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