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Kohlekommission : Viele Milliarden für den Kohleausstieg

Die globale Klimakrise ist zu großen Teilen auf die Verfeuerung von Kohle zur Energiegewinnung zurückzuführen. Mit dem Beschluss zum Ende der Kohleverstromung hat die von der Bundesregierung eingesetzte Sonderkommission daher eine für Deutschland energiepolitisch zentrale Arbeit geleistet. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Beschluss genau so auch umgesetzt wird, denn die Kommission ist kein politisch beschlussfähiges Gremium. Sie sollte unter den beteiligten Interessengruppen (Industrie, Gewerkschaften, Umwelt und Wissenschaft) einen Kompromiss erarbeiten. Die Umsetzung obliegt der Bundesregierung. 

Wenn diese den Empfehlungen folgen sollte, wird es teuer. Privathaushalte und die Wirtschaft sollen laut Kommission ab 2023 von möglichen steigenden Strompreisen entlastet werden, es sind weitere Subventionen für die energieintensive Industrie vorgesehen sowie Hilfen für die Beschäftigten der Kohleindustrie. Außerdem sollen die betroffenen vier Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt eine gesetzliche Absicherung der Bundeshilfen per Staatsvertrag erhalten.

Das Dokument (PDF) zum Beschluss ist 126 Seiten lang und hat einen 210-seitigen Anhang. Darin beschreibt die Kommission, wie sie sich den schrittweisen Ausstieg aus dem Kohlestrom und den Umstieg auf erneuerbare Energien vorstellt. Laut dem Bericht erwartet die Kommission “von der Bundesregierung ein konsequentes und zügiges Management der Energiewende, das die Umsetzung dieser Maßnahmen ermöglicht”. Was muss der Bund politisch umsetzen, wenn er sich an den Plan der Kommission hält? Hier die wichtigsten Punkte:

Der Ausstiegsplan

“Als Abschlussdatum empfiehlt die Kommission Ende des Jahres 2038”, steht im Bericht. Dazu kommt aber eine “Öffnungsklausel”, auf die die Umweltverbände setzen: Wenn Strommarkt, Arbeitsmarkt und wirtschaftliche Lage es erlauben, kann das Ausstiegsdatum im Einvernehmen mit den Betreibern auf 2035 vorgezogen werden. 2032 soll das überprüft werden. Auch 2023, 2026 und 2029 soll der Ausstiegsplan mit Blick auf Versorgungssicherheit, Strompreise, Jobs und Klimaziele evaluiert werden.

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Die Abschaltung von Kohlekraftwerken

Ende 2017 waren Kohlekraftwerke mit einer Nettoleistung von 42,6 Gigawatt (GW) am Markt, dazu kommt eine Reserve. Nach und nach werden sie ohnehin vom Netz genommen. Jetzt soll es aber schneller gehen: Bis 2030 sollen noch höchstens 17 GW am Markt sein, 2038 ist dann spätestens Schluss. Bis 2022 sollen insgesamt 12,5 GW vom Netz gehen. Besonderen Wert legen Klimaschützer darauf, dass darunter 3,1 GW Braunkohle zusätzlich sind –  Braunkohlekraftwerke sind besonders klimaschädlich, sie stoßen viele Treibhausgase aus und werden von den CO2-Preisen in der EU nicht so schnell aus dem Markt gedrängt. Welche Kraftwerke abgeschaltet werden, gibt die Kommission nicht vor. Das muss die Politik nun mit den Betreibern aushandeln.

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Ausgleich für steigende Strompreise bei Privaten

Ab 2023 sieht die Kommission Entlastungen bei den Strompreisen vor: “Es ist ein Ausgleich zu schaffen, der Unternehmen und private Haushalte vom Strompreisanstieg entlastet, der durch die politisch beschleunigte Reduzierung und Beendigung der Kohleverstromung entsteht.” Reduziert werden könnten die Netzgebühren, die für Private etwa ein Fünftel des Strompreises ausmachen können. Die Kommission schlägt einen Zuschuss zu den Netzentgelten vor, die Teil der Stromrechnung sind – und rechnet mit Kosten von zwei Milliarden Euro pro Jahr. Neue Umlagen oder Abgaben soll es nicht geben.

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Ausgleich für steigende Strompreise bei der Industrie

Die energieintensive Industrie soll dauerhaft von Kosten entlastet werden, die durch den Preis der CO2-Verschmutzungsrechte entstehen, die Kohle- und Gaskraftwerke kaufen müssen. Eine Kompensation dieser indirekten Kosten gibt es bereits, sie läuft aber 2020 aus. Die Regierung will eine Verlängerung bei der EU beantragen. Zuletzt betrugen die Entlastungen knapp 300 Millionen Euro pro Jahr. Da die CO2-Rechte sich deutlich verteuert haben, wird die Summe künftig höher ausfallen. Die sogenannte Strompreiskompensation soll bis 2030 fortbestehen.

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Unterstützung für Kohleländer

An die betroffenen Kohleregionen im Rheinland und besonders in der ostdeutschen Lausitz sollen Strukturhilfen gehen, die Gesamtsumme wird bis 2040 auf mindestens 40 Milliarden Euro beziffert. Neben zahlreichen Verkehrsprojekten wird die Ansiedlung von Bundesbehörden angeregt, was in den kommenden zehn Jahren etwa 5.000 neue Arbeitsplätze schaffen könnte. Angeregt wird eine Investitionszulage für Unternehmer.

Die Hilfen könnten sich am Berlin/Bonn-Gesetz orientieren, mit dem der Hauptstadtumzug für Bonn abgefedert wurde. Bereits Ende April sollen Eckpunkte für ein Maßnahmengesetz vorliegen, das festschreibt, wie der Bund den Strukturwandel genau fördern will. Ein Staatsvertrag soll die künftigen Bundesregierungen daran binden. Die Kosten aus Sicht der Kommission belaufen sich im Einzelnen auf 1,3 Milliarden Euro pro Jahr über 20 Jahre, dazu sollen den Ländern 0,7 Milliarden pro Jahr bereitgestellt werden, die nicht an Projekte gebunden sind. Hinzu kommen zur Verbesserung des Verkehrs ein Sonderfinanzierungsprogramm und ein Sofortprogramm bis 2021 im Umfang von 1,5 Milliarden Euro, die bereits im Bundeshaushalt bis 2021 eingeplant sind.

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Entschädigungen bei Braunkohlekraftwerken

Die Kommission empfiehlt vertragliche Regelungen mit den Kraftwerksbetreibern und Entschädigungen bei Stilllegungen bis 2030. Diese solle sowohl Entschädigungen für die Betreiber als auch Regelungen über die sozial verträgliche Gestaltung enthalten. Je älter ein Braunkohlekraftwerk ist, desto weniger wird gezahlt. Profitieren kann davon auch das Großkraftwerk Datteln von Uniper, das noch im Bau ist, aber gar nicht mehr in Betrieb gehen soll. Sollte es bis Juli 2020 zu keiner vertraglichen Einigung mit den Betreibern kommen, soll der Ausstieg über das Ordnungsrecht verfügt werden. Auch hier werden dem Bund Kompensationen nahegelegt.

Die Kommission regt außerdem an, sich bei der Höhe der Entschädigung an bereits in der Vergangenheit gezahlten Beträgen zu orientieren. Schon einmal wurden Braunkohleanlagen für den Klimaschutz vom Netz genommen und in eine Reserve überführt. Damals wurden rund 600 Millionen Euro pro GW Leistung bezahlt. Am Netz sind noch Kohlekraftwerke mit über 40 GW.

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Entschädigungen bei Steinkohlekraftwerken

Auch hier soll es eine Kompensation geben. Da diese Kraftwerke aber weniger Rendite abwerfen, ist eine Stilllegungsprämie über eine Ausschreibung geplant. Das könnte vereinfacht so funktionieren: Der Bund gibt vor, wie viel Kapazität stillgelegt werden soll. Darauf bewerben sich Kraftwerksbetreiber mit Forderungen nach einer Entschädigung. Wer die geringsten Entschädigungen verlangt oder das meiste CO2 durch die Abschaltung einspart, erhält den Zuschlag.

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Hilfen für Kohlebeschäftigte

Für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Kohleindustrie ab 58 Jahren, die die Zeit bis zum Renteneintritt überbrücken müssen, soll es ein Anpassungsgeld geben sowie einen Ausgleich von Renteneinbußen. Geschätzte Kosten: bis zu fünf Milliarden Euro, die Arbeitgeber und Staat gemeinsam tragen könnten. Betriebsbedingte Kündigungen sollen ausgeschlossen werden. Für jüngere Arbeitnehmer soll es Aus- und Weiterbildung geben, Vermittlung in andere Jobs und Hilfe bei Lohneinbußen.

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Zukunft des Tagebaus

Ein Waldstück am Tagebau Hambach ist zum Symbol der Anti-Kohle-Bewegung geworden. Im Bericht steht, die Kommission halte es für “wünschenswert”, dass der Hambacher Forst bleibt – RWE will ihn für den Braunkohleabbau roden lassen, ein Gericht hatte das gestoppt. Darüber hinaus sind an den Tagebauen in West und Ost Dörfer vom Kohlebagger bedroht. Die Kommission bittet die Landesregierungen um einen “Dialog” mit den Betroffenen zu den Umsiedlungen, “um soziale und wirtschaftliche Härten zu vermeiden”.

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Stromversorgung sicherstellen

Um die Gefahr eines Blackouts aufgrund mangelnder Stromerzeugung zu bannen, soll die Sicherheit der Versorgung genauer beobachtet werden. Zudem soll die Genehmigung von umweltfreundlicheren Gaskraftwerken beschleunigt werden. Zusätzlich werden Investitionsanreize geschaffen.

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