/Science City Bahrenfeld: Senat wünscht sich ein Oxford in Bahrenfeld

Science City Bahrenfeld: Senat wünscht sich ein Oxford in Bahrenfeld

Oliver Hollenstein

Oliver Hollenstein
© Maria Feck

Liebe Leserin, lieber Leser,

gestern Morgen traf ich im ZEIT-Aufzug zwei
zitternde Kolleginnen. Angesichts der aktuellen Kälte erwartete ich schon ein
Lamento über den Wintereinbruch. Teile der Stadt scheinen ja, seit die
Temperaturen unter null gefallen sind, kurz vor Auslösung des
Katastrophenalarms zu stehen. Die Stadtreinigung verschickte gestern um vier
Uhr morgens eine Pressemitteilung: Vorsicht, es könnte glatt sein! Die Feuerwehr
warnte via Twitter: Eisflächen nicht betreten, es besteht Lebensgefahr! Und
eine große Lokalzeitung warb für den Kauf ihrer Ausgabe mit der Frage: Was
hilft am besten gegen die Kälte? In meiner Heimat schneit es manchmal schon im
Oktober, manchmal noch im April, der Wetteralarmismus der angeblich doch so
coolen Norddeutschen befremdet mich auch nach fünf Jahren in Hamburg noch. Umso
erstaunter war ich im Aufzug. Eine der beiden Kolleginnen, gebürtige Griechin
und eine der größten Frohnaturen der ZEIT, fand, dass es doch nichts Schöneres
als einen Spaziergang durch die Kälte gebe – und einen Grog danach. Sie wird
sich freuen: Es bleibt wohl bis Sonnabend frostig, in den nächsten Tagen könnte
es sogar noch kälter werden. Kein Grund zur Panik, man nennt es Winter.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag!

Ihr Oliver Hollenstein

Wollen Sie uns Ihre Meinung sagen, wissen Sie etwas, über das wir
berichten sollten? Dann schreiben Sie uns: hamburg@zeit.de.

Aktuelles


© Freie und Hansestadt Hamburg

Senat wünscht sich ein Oxford in Bahrenfeld

Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank
(Grüne) war sogar eigens aus der Babypause gekommen, um bei der Verkündung
dieser Nachricht dabei zu sein. Entsprechend groß waren die Worte: Ein
“Stadtteil des Wissens” soll es nach Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) werden,
für Universitätspräsident Dieter Lenzen gar “das neue deutsche Oxford”. Es sei
nur eine “Frage von Stunden, wann die ersten Nobelpreisträger darum bitten, bei
uns forschen zu dürfen”, verkündete Lenzen. Keine Frage, die “Science City
Bahrenfeld”, die gestern im Rathaus vorgestellt wurde, wird ein großes Ding.
125 Hektar groß, um genau zu sein. Sie soll nichts weniger als die Eier legende
Wollmilchsau der Stadtplanung werden: ein Wissenschaftsstandort mit unmittelbarer
Anknüpfung an die Wirtschaft – und was zum Wohnen. Rund um das
Forschungszentrum DESY werden weitere Fakultäten der Uni angesiedelt, vor allem
Chemie, Physik und Biologie, dazu kommen der geplante Innovationspark sowie
2500 Wohnungen, und all das direkt am Altonaer Volkspark. Vorerst ist die
Science City 2040 allerdings nur ein Masterplan und deshalb ohne exaktes
Budget. Mit den konkreten Planungen soll im kommenden Jahr begonnen werden.

Der Schlagermove bleibt auf St. Pauli – vorerst


© Daniel Bockwoldt/dpa

Bezirksamt-Mitte, Sitzung des City-Ausschusses der Bezirksversammlung. Seit
Wochen wird auf St. Pauli diskutiert, wie es weitergehen soll mit dem
umstrittenen Schlagermove. Bis zu 500.000 Schlagerfans ziehen jedes Jahr
feiernd durch die Stadt, viele Anwohner sind davon ziemlich genervt. Gestern
Abend dann das Aufeinandertreffen. Auf der einen Seite Veranstalter
Hossa-Hossa, auf der anderen 40 Bürger. Vier von SPD und Grünen vorgeschlagene
Alternativen zur derzeitigen Route sollten erörtert werden: Neben einem reinen
Rundkurs um das Heiligengeistfeld, einer Umrundung der Binnenalster oder des
Michels nebst Portugiesenviertel wurde eine Verlagerung zum Großmarktgelände
diskutiert. Ergebnis: Dem Veranstalter passen sie alle nicht. Aber auch
Vertreter von Polizei, Feuerwehr und City-Management waren skeptisch. Die
Bürger hielten sich während der Anhörung auffällig zurück, nur selten gab es
mauliges Stöhnen. Klar wurde in der dreistündigen Sitzung wieder einmal, dass sich die Anwohner vor allem an einem stören: Es sind
einfach zu viele Großveranstaltungen auf St. Pauli. Eine Entscheidung über die
Verlagerung wurde nicht getroffen. Sie würde ohnehin erst den Schlagermove 2020
betreffen.

Tina Pokern

Rechtsextreme Vorfälle auch bei der Polizei in
Hamburg

Ein Angestellter der Polizei verschickte in
einer WhatsApp-Gruppe das Bild eines Tannenbaums mit Hakenkreuz-Kugeln, ein
anderer hielt bei einer Merkel-muss-weg-Demo eine Rede, ein Polizeibeamter
sammelte Waffen und NS-Propagandamaterial
: Auch bei der Hamburger
Polizei hat es seit 2015 mehrere rechtsextremistische Vorfälle gegeben. Das
geht aus einer Auflistung der Innenbehörde auf Anfrage der
Linken-Bürgerschaftsabgeordneten Christiane Schneider
hervor. Wie weit
gehen die rechten Umtriebe in der Polizei? Diese Frage stellt sich, seitdem im
Dezember bekannt wurde, dass mehrere hessische Polizisten in einem Chat
fremdenfeindliche und NS-verherrlichende Bilder und Texte ausgetauscht hatten.
Bei der Hamburger Polizei hat es seit 2015 gemäß der Auflistung vier
rechtsextremistische Vorfälle gegeben, in drei weiteren Fällen wurden
Ermittlungsverfahren eingeleitet, die teilweise noch nicht abgeschlossen sind.

In einem Satz

Im vergangenen Jahr soll es in der Stadt
deutlich weniger Wohnungseinbrüche, Taschen- und Fahrraddiebstähle sowie
Körperverletzungen gegeben haben, berichten der NDR und die “Bild”, die Polizei
kommentierte die Zahlen nicht +++ Ein aus Dänemark eingewanderter Wolf, der
nachweislich sechs Schafe in Pinneberg gerissen hat, soll zum Abschuss
freigegeben werden +++ Der Hafenbetreiber HHLA hat die Bahnanlagen am
Burchardkai um zwei auf zehn Gleise ausgebaut +++ Der FC St. Pauli hat den
polnischen U20-Nationalspieler Jakub Bednarczyk vom Bundesligisten Bayer 04 Leverkusen verpflichtet

Was heute auf der Agenda steht

Friedensnobelpreisträgerin
und Menschenrechtsaktivistin Shirin Ebadi spricht in der Bucerius Law School
zum Thema “Sind Islam und Demokratie miteinander vereinbar?” +++ Kultursenator
Carsten Brosda (SPD) besucht den Firmensitz von Facebook in Deutschland

Was Sie interessieren könnte

Alltagsreporter: Die Hebamme

“Es wird ein Junge! Der
Gynäkologe war sich bei den Vorsorgeuntersuchungen ganz sicher. Die Eltern
haben sich deshalb nur Jungennamen überlegt. Im Krankenhaus beim Ultraschall
dann die Überraschung: Ich sehe ein Mädchen!, sagte die Ärztin. So war es auch.
Die Eltern mussten sich also schnell einen anderen Namen ausdenken. Sie nahmen
es mit Humor. ›Wenn sie ihren Namen später doof findet, können wir immerhin
sagen, dass wir nicht viel Zeit zum Nachdenken hatten‹, meinten sie.”

An dieser Stelle finden Sie
täglich unsere Alltagsreporter. Hier schreiben Hamburger, die wir gebeten
haben, uns regelmäßig zu berichten, was sie in ihren Jobs erleben. Sie bleiben
anonym, damit ihnen beruflich keine Konsequenzen drohen.

Vorhang auf! So geht es weiter in der
Handelskammer


© XX, Axel Heimken/dpa

Noch werben beide Kandidaten um Stimmen, doch am
Donnerstag um 16 Uhr entscheidet sich, wer das neue Gesicht der Hamburger
Wirtschaft wird. Nachdem der als Kammerrebell bekannt gewordene Tobias Bergmann
im Dezember als Präses zurückgetreten war, braucht die Handelskammer einen
neuen Chef. Und der entscheidet, wie es weitergeht mit dem eingeleiteten
Reformkurs. In einer ersten Probewahl am Sonntag gewann der Investmentberater und ehemalige Chef des Lloyd-Fonds,
Torsten Teichert. Er will die Reform stoppen. Ist sein Konkurrent,
Hafenunternehmer Johann Killinger, damit raus? Diese Schlussfolgerung wäre
verfrüht, sagt unsere Wirtschaftsredakteurin Hanna Grabbe. Hier schreibt sie, welche
drei Szenarien nach der Wahl am Donnerstag wahrscheinlich sind
.

Im Maßstab: Städtetourismus ist
im Trend

Der Tourismus in Hamburg boomt.
13,4 Millionen Übernachtungen zählte das Statistikamt Nord allein bis November,
fünf Prozent mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. 2018 dürfte also
wieder ein Rekordjahr gewesen sein – und zwar nicht nur bei uns. Auch für
München und Berlin zeichnen sich erneut große Zuwächse ab. Wie sah es
eigentlich in den vergangenen Jahren aus?


© ZEIT-Infografik

Wer wir sind


© Maria Feck

Ich bin Tina Pokern, 33, freie
Journalistin und seit knapp drei Jahren Teil der Elbvertiefung. Zuvor habe ich
in Niedersachsen über das geschrieben, was vor der Haustür passiert, mit einer
Vorliebe für die Krümel vom Kuchen, das Kleine im Großen. Wenn es irgendwo
rumort, suche ich nach dem Warum und gehe mitten rein – in die
Erstaufnahmeeinrichtung, den Wohnmobilstrich oder eben die Eckkneipe im
Viertel, wo die Menschen einander noch Nachbarn sind. Es ist die Neugier, die
mir mit baumelnden Beinen auf der Schulter sitzt und mir immer wieder
Fragezeichen vor die Füße wirft. Ihretwegen bin ich am Ende Journalistin
geworden und nicht etwa Rockstar, wie eigentlich geplant. Tja, jetzt bringt
mich mein Job zwar nicht auf die Bühnen der Welt, aber dafür immerhin schon mal
bis über beide Ellenbogen in den
Hintern einer Kuh
.

Was Sie heute erleben können

Mittagstisch:

Bedingt Sehnsucht stillend

Für aus Süddeutschland stammende Menschen ist der Winter in Hamburg bisweilen eine Qual. Nicht dass die Hansestadt nicht auch eine schöne Winterkulisse böte und ihren ganz eigenen winterlichen Charme entwickelte, aber die Berge sind denn doch recht fern, und Schnee unter den Brettern wird man in Hamburg selten haben. Ob ein Besuch in der Alpenkantine bei Sehnsucht helfen kann? Es ist ein hübscher Ort mit langen Tischen, an denen man mit anderen zusammensitzt, als mache man eben eine Pause auf einer Hütte. Und auch die Wand aus Beton könnte eine ferne Reminiszenz an eine Gondelbahn sein. Doch schon der Blick auf die Kuckucksuhr, die bekanntlich aus dem Schwarzwald stammt, lässt stutzen. Die Allgäuer Kasspatzen (9,50 Euro) dann, mit Käse überbackene, in Sahne schwimmende und lediglich mit ein paar Ringlein Frühlingszwiebeln verzierte Spätzle, betrüben eher, als die Stimmung zu heben. Der Krautsalat passt nur bedingt dazu, der Gaumen sehnt sich nach etwas Grünem. Immerhin, der Almdudler ist vertraut süß und mit 3,50 Euro fast ebenso überteuert wie auf einer österreichischen Skihütte.

Alpenkantine; Eimsbüttel,
Osterstraße 98, Mo–So 10–22 Uhr

Elisabeth Knoblauch

Was geht

Pianoplatz: “Seit 50 Jahren sitze ich am Klavier, dem schönsten
Platz auf der Erde”, sagt Franck-Thomas Link. Beim Feierabendkonzert
im Oberhafen
spielt der künstlerische Leiter des Hamburger Kammerkunstvereins
sein Lieblingswerk, die Klaviersonate D 960 von Franz Schubert.

Halle 424, Stockmeyerstraße 43, 18–19 Uhr, 10 Euro

“Liebe” im KZ: Im Winter 1945 beobachteten Häftlinge des
Frauenaußenlagers Tiefstack die Beziehung zwischen Aufseherin Anneliese Kohlmann und Insassin Lotte Winter. Anna Hájková (University of Warwick)
erzählt eine queere Geschichte des Holocausts und der Machtlosigkeit der Opfer.
“Sexualität im KZ – Facetten einer erzwungenen Frauenbeziehung”.

Mahnmal St. Nikolai, Willy-Brandt-Straße 60, 18–19.30 Uhr, Eintritt
frei

Country in Serie: In der US-TV-Serie
“Nashville” spielt Charles Esten den Country-Star Deacon Claybourne. 2018 sprang seine Figur von der Bühne ins wahre
Leben: Der 52-Jährige gab sein Live-Debüt als Musiker. Heute lässt er mit
“Roads & Shoes” erneut die Leinwand hinter sich und beschwört Cowboys und
-girls in der Steppe des Docks.

Docks, Spielbudenplatz 19, 19 Uhr, VVK 27,15 Euro

Hamburger Schnack

In einer Bäckerei am Grindelhof sitzt ein älteres Ehepaar und frühstückt. Der Mann holt einen Stapel verschiedenster Tageszeitungen aus seiner Tasche, legt diese offen für seine Frau auf den Tisch und sagt: “Die Todesanzeigen habe ich schon gelesen. Ich kenne keinen.”

Gehört von Christina Braasch

Meine Stadt

Gesehen unter einer Brücke am nördlichen Alsterlauf

Gesehen unter einer Brücke am nördlichen Alsterlauf
© Horst-Dieter Martinkus

Die heutige Ausgabe zum
vertieften Lesen

Was
sind die wahrscheinlichsten Szenarien nach der Handelskammer-Wahl?

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