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Ernährung: Pump it up

Wer sich in Fitnessstudios umhört, gewinnt schnell den Eindruck: Proteine lassen die Muskeln wachsen, sie machen stark. Klar, dass Eiweißshakes, Proteinriegel, Energy-Balls und selbst Brot und Müsli mit besonders viel Protein beliebt sind. Ein Ei enthält sieben Gramm Protein, eine Hähnchenbrust 23 und ein kleines Glas Milch drei. Ein Proteinshake hingegen so viel, wie der Messlöffel hergibt.

Das Geschäft mit dem Eiweiß läuft gut. Der Marktführer Whey, Englisch für Molke, hatte 2015 einen Jahresumsatz von 9,2 Milliarden US-Dollar. Die britische Zeitung The Guardian schätzt den Umsatz, der mit den Pulvern, Getränken und Riegeln 2017 gemacht wurde, weltweit auf 96 Milliarden. Nach Daten des Portals Statista nehmen 26,6 Prozent der Männer und 13,7 Prozent der Frauen in Deutschland eiweißhaltige Nahrungsergänzungsmittel. Unter Briten, die mehr als einmal die Woche Sport treiben, sei die Zahl mit bis zu 39 Prozent noch höher, heißt es in einem Bericht der Marktforschungsfirma Mintel. Aber halten die Produkte auch ihre Versprechen? Stimmt es, dass Hobbysportler kräftiger werden, wenn sie besonders viele Proteinriegel verspeisen? Oder birgt es gar Risiken, das Essen künstlich mit Protein anzureichern?

Protein ist lebensnotwendig

Erst einmal gilt: Unser Körper ist auf Proteine angewiesen. Neun der 20 Aminosäuren, aus denen sich Proteine als Makromoleküle zusammensetzen, können wir nicht selbst herstellen, sie müssen durch die Nahrung aufgenommen werden. Muskeln, Herz, Haut, Haare und Gehirn bestehen zu einem Gutteil aus Proteinen. Proteine übernehmen dort verschiedenste Funktionen. Je nach Alter und Gewicht sind allein sieben bis 13 Kilogramm unseres Körpers reines Protein. Wenn wir Proteine essen, werden sie von der Säure des Magens in ihre Bestandteile, die Aminosäuren, zerlegt. Diese werden zum Teil über den Darm aufgenommen und dann entweder in Körperzellen transportiert oder – wenn es zu viele sind – über die Nieren wieder ausgeschieden.

0,8 Gramm Eiweiß pro Kilo Körpergewicht sollte ein gesunder erwachsener Mensch täglich zu sich nehmen, empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). Für eine 60 Kilogramm schwere Frau sind das 48 Gramm. Für einen Mann, der 70 Kilogramm wiegt, sind es 57 Gramm. Zwei Handteller große Portionen Fisch, Fleisch, Nüsse, Tofu oder Hülsenfrüchte decken diesen Bedarf ungefähr. Die meisten Deutschen haben überhaupt kein Problem, diese Werte zu erreichen. Durchschnittlich nehmen Männer täglich 85 Gramm Proteine, Frauen 64 Gramm zu sich. Mit der deutschen Mischkost, von der sich der durchschnittliche Bundesbürger ernähre, überschreite man die empfohlene Menge sogar eher, ergab eine Studie des Bundesforschungsinstituts für Ernährung und Lebensmittel (Max Rubner-Institut: Nationale Verzehrsstudie II, 2008, PDF). Ein Beispiel: Drei Scheiben Vollkornbrot, ein Viertelliter Milch, ein kleiner Becher Joghurt, eine Portion Kartoffeln und ein Stück Fisch ergeben bereits 60 Gramm.

So viele Eiweiß-haltige Lebensmittel müssen Bodybuilder essen

Mengen an Kartoffeln, Schweinefleisch, Emmentaler, Linsen, Joghurt und Walnüssen (und deren Eiweißgehalt), um den täglichen Eiweißbedarf zu decken.

© Grafik: ZEIT ONLINE

Für Kinder, Schwangere und besonders für Ältere empfiehlt die DGE eine größere Menge, für Sportlerinnen und Sportler tut sie das nicht. Wer vier- bis fünfmal pro Woche eine halbe Stunde trainiere, für den sei dieser Tagessatz noch immer ausreichend. Etwas anders lauten die Empfehlungen der Internationalen Gesellschaft für Sporternährung: Wer täglich mehrere Stunden Sport mache, brauche zwei- bis zweieinhalbmal so viel Protein wie eine Normalperson (Journal of the International Society of Sports Nutrition: Jäger et al., 2017). Etwas, das Uwe Schröder, der sich am Deutschen Institut für Sporternährung mit dem Thema beschäftigt, bestätigen kann: “Es kann sinnvoll sein, die Eiweißzufuhr zu erhöhen oder zeitlich besser zu takten. Nämlich dann, wenn ich meine Muskulatur möglichst schnell regenerieren oder gezielt an Muskelmasse zulegen möchte.” Das gelte für den Bodybuilder, aber auch für den Bezirksfußballer, der seine Muskulatur mehrmals die Woche über einen längeren Zeitraum belastet. Denn dabei entstehen mikroskopisch kleine Risse in den Muskelfasern, die repariert werden müssen – durch Proteine.

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