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Theresa May: “Sie müssen jetzt entscheiden, was sie wollen”

Großbritanniens Premierministerin Theresa May will an diesem Nachmittag den Abgeordneten des Unterhauses in London darlegen, wie ein geregelter EU-Austritt doch noch gelingen soll. Dass sie
dabei einen konkreten Plan B präsentiert, ist aber nicht unbedingt zu
erwarten. Als wahrscheinlicher gilt in London, dass die konservative
Regierungschefin einen Fahrplan zur Konsensfindung im Parlament vorlegt. Am
29. Januar soll im Unterhaus über Mays Vorschlag debattiert und
abgestimmt werden. Die Abgeordneten haben dabei die Möglichkeit, die
Beschlussvorlage zu ändern.

Am Dienstag vergangener Woche hatten die Abgeordneten May eine
historische Niederlage beschert, als sie mit großer Mehrheit gegen das
mit der EU ausgehandelte Austrittsabkommen gestimmt hatten
. Im Anschluss musste May sich einem Misstrauensvotum stellen, wurde jedoch von einer knappen Mehrheit der Abgeordneten im Amt bestätigt. Daraufhin begann die Premierministerin Verhandlungen und Gespräche mit mehreren
Oppositionsvertreterinnen, mit Spitzenvertretern der EU sowie EU-Regierungschefs wie
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

Es bestehen allerdings Zweifel, dass es die Regierungschefin mit der Suche nach
einem Konsens ernst meint. Einige Beobachter halten für
möglich, dass May auf Zeit spielt und hofft, doch noch genügend
Abgeordnete für ihren Deal zu gewinnen, wenn der 29. März – das Datum für den geplanten Austritt aus der Europäischen Union – näher rückt. 

Sollte sie scheitern, droht ein ein sogenannter No-Deal-Brexit – mit drastischen Folgen für die
Wirtschaft und andere Lebensbereiche. Eine Mehrheit der Abgeordneten
will ein solches Szenario verhindern.

Ein bilateraler Plan mit Irland zur Lösung der Nordirland-Frage?

Ein Knackpunkt in den Verhandlungen ist die im Brexit-Abkommen
festgeschriebene Auffanglösung für die Grenze zwischen der britischen
Provinz Nordirland und Irland. Der sogenannte Backstop sieht vor, dass
das Vereinigte Königreich in einer Zollunion mit der EU bleibt, wenn
keine andere Vereinbarung getroffen wird. Die Brexit-Hardliner befürchten, dass Großbritannien damit auf unabsehbare Zeit an die EU gebunden bliebe.

Nach
Informationen der Sunday Times plant May deshalb einen bilateralen Vertrag
mit Irland, um eine Lösung für die Nordirland-Frage zu erreichen. Die
Premierministerin wolle dadurch die Auffanglösung umgehen. Der
konservative Abgeordnete Graham Brady sagte der BBC, wenn das Problem
des Backstop gelöst werden könne, dürfte das Austrittsabkommen die
Zustimmung des Parlaments bekommen.

Irlands Außenminister Simon Coveney machte jedoch deutlich, dass seine Regierung an dem
zwischen London und Brüssel ausgehandelten Austrittsabkommen festhält – einschließlich des Backstop.

Skeptisch zeigte sich auch Außenminister Heiko Maas: Es sei ihm “etwas schleierhaft, was die
britische Regierung mit Dublin verhandeln will”, sagte der SPD-Politiker
am Sonntagabend in der ZDF-Sendung Berlin direkt. Ein solches
mögliches “Zusatzabkommen” werde “keine Auswirkungen auf das haben, was
mit der Kommission verabredet worden ist”.

Maas sagte, er habe
“große Erwartungen” an Mays Ankündigungen. An die britischen
Abgeordneten gerichtet sagte er: “Letztlich reicht es nicht, wenn man in
London entscheidet, was man nicht will, sondern sie müssen jetzt
entscheiden, was sie wollen.” Der Bild-Zeitung sagte Maas,
Großbritannien müsse jetzt “ernst und sachlich einen Ausweg suchen”.
Für viele Europäer stehe “viel auf dem Spiel”.

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