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Heliskiing: Wir Schneekinder

Was braucht es, damit Erwachsene eine Woche lang wieder zu Kindern werden? Eine Berghütte in den kanadischen Columbia Mountains, frischen Schnee, extrabreite Ski, Verpflegung – und einen Helikopter. Hier oben, viele Kilometer von der nächsten Straße entfernt, schließen sie Freundschaften fürs Leben, singen gemeinsam am offenen Feuer, spielen am letzten Abend sogar johlend ein Tischtennisturnier auf den hölzernen Esstischen im Gemeinschaftsraum aus. Der österreichische Topmanager, die deutsche Yoga-Lehrerin, der argentinische Firmenberater, das französische Rentnerpaar, das im Sommer um die Welt segelt. Was sie eint, ist die kindliche Sehnsucht nach reinem, weißem Tiefschnee.

Am Morgen sind sie mit dem Helikopter auf einen der zahllosen Gletscher geflogen. Sie sind in die vom Rotor aufgestobenen Flocken gesprungen, haben sich die Ski angeschnallt und sich talwärts gewandt. Gleichgewicht ist alles in diesem kanadischen Schnee, der weich ist und einen doch trägt. Man kann wunderbar aus den Knien fahren, wie es vor den Carving-Skiern auch auf der Piste üblich war. Der Rhythmus der Kurven setzt beinahe von allein ein. Nun beginnt es zu schneien. Die Sicht wird getrübt, das Fahren anspruchsvoller. Manche jauchzen, andere sind selbst dafür zu konzentriert, allen gemeinsam ist dieser Tiefschnee-Gesichtsausdruck von Aufregung und Freude.

Hier in den Bugaboos, einer Bergregion oberhalb des Columbia River, organisierte der österreichische Skipionier Hans Gmoser 1965 den ersten Heliski-Trip. Es gibt Filmaufnahmen davon. Der Helikopter konnte nur zwei Skifahrer auf einmal befördern, die Ski waren lang und schmal, die Schuhe aus Leder und mit Bändern geschnürt. Bei der Tiefschnee-Abfahrt über einen Gletscher überschlug sich so mancher der Abenteurer, das Ganze wirkt aus heutiger Sicht höchst wacklig. Doch der Spaß ist jedem einzelnen anzusehen, damals schon.

Eine Sonde für den Notfall

Am Berg stand nur ein Wohnwagen. Die Gäste, vor allem Professoren, Beamte oder Geschäftsleute von der amerikanischen Ostküste, mussten nach dem Bergsteigen mit kochen, aufräumen, waschen. Ein, zwei Abfahrten am Tag waren anfangs schon ein Erfolg. Später baute Gmoser dort oben die erste Hütte seines Unternehmens. Heute gibt es zwei Hubschrauber, allein der große befördert bis zu elf Gäste und einen Guide auf die Gletscher, an guten Tagen 15 Mal. Jeder Gast ist mit den breiten Tiefschneeski von heute, mit Lawinenpiepser, Funkgerät und Spaten ausgestattet. Außerdem steckt eine ausziehbare Sonde für den Notfall im Rucksack.

Die Behausung im Niemandsland ist zur Luxushütte für bis zu 44 Gäste ausgebaut worden. Es gibt eine Sauna, Massageräume, eine Bar, einen Kamin und einen hervorragenden Koch. Durch die rückseitigen Fenster der Lodge erscheint an Wintermorgen ein riesiges weißes V, die Schneeberge, die in der Mitte runter reichen bis an die Spitze des bewaldeten Tales. Ein Hüttenregiment ist es gleichwohl. Wenn die Glocke um sieben Uhr morgens schellt, beeilt man sich zur Frühgymnastik. Wenn sie wieder schellt, ist Frühstück, um neun startet der erste Helikopter. Zu der Zeit steht man mit seiner Gruppe besser in voller Montur und mit Skiern vor der Brust am Landeplatz. Der Heli wartet nicht.

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