/Christian Schwarzer: “Wenn einer liegen bleibt, dann ist es meistens ernst”

Christian Schwarzer: “Wenn einer liegen bleibt, dann ist es meistens ernst”

ZEIT ONLINE: Herr Schwarzer, kennen Sie pochende Schmerzen?

Christian Schwarzer: Ja, von den Zahnschmerzen. Das gab immer so Schübe. Und immer, wenn ich umgeknickt bin.

ZEIT ONLINE: Den stechenden Schmerz?

Schwarzer: Kopfschmerzen.

ZEIT ONLINE: Den brummenden Schmerz?

Schwarzer: Damit kann ich nichts anfangen.

ZEIT ONLINE: Den drückenden Schmerz?

Schwarzer: Ich bin sehr oft auf die Hüfte gefallen, die war immer offen. Meine Sporthose hat dann genau auf die Stelle gedrückt.

ZEIT ONLINE: Den ziehenden Schmerz?

Schwarzer: Bei Zerrungen, da zog es nicht nur an einer Stelle, sondern am ganzen Oberschenkel zum Beispiel.

ZEIT ONLINE: Und den brennenden Schmerz?

Schwarzer: Klar, von den Schürfwunden.

ZEIT ONLINE: Sie waren 22 Jahre lang Handballer, die meiste Zeit davon am Kreis, wo es richtig zur Sache geht. Schmerzen kennen Sie. Was war am unangenehmsten?

Schwarzer: Ich bin in Barcelona meinem Mitspieler mal auf den Fuß gesprungen, und als ich wieder runterkam, hatte ich einen dreifachen Bänderriss und eine kaputte Kapsel. Das tat richtig weh.

ZEIT ONLINE: Sonst nichts?

Schwarzer: Von schweren Verletzungen blieb ich zum Glück verschont. Vielleicht noch die eineinhalb verlorenen Zähne. Das Spiel hielt ich aber bis zum Ende durch, so schlimm war es also doch nicht. Die Schmerzen beim Zahnarzt – das war schlimmer.

ZEIT ONLINE: Verbinden Sie mit dem Schmerz ein Geräusch?

Schwarzer: Ein Knallen, ein Brechen, ein Reißen, wie viele andere Sportler es beschreiben, habe ich nie gehört. Beim Bänderriss damals war ich auch der Meinung, dass es nur eine Dehnung war, wie immer eben. Erst im MRT sah man es.

ZEIT ONLINE: Wenn Sie morgens nach einem Spiel aufgewacht sind, was tat Ihnen weh?

Schwarzer: Das Schlimmste bei mir war immer die Hüfte. Ich wusste nachts nicht, wie ich liegen soll, eigentlich ging es nur auf dem Rücken oder auf dem Bauch. An der Seite war ja alles offen, über Wochen und Monate, eigentlich die ganze Saison lang. Ich habe versucht, mit Cremes die Wunden zuzukriegen, aber eine Woche später war wieder Spieltag, dazwischen Training, es ging alles wieder auf. Nennen wir es Saisonschmerzen.

ZEIT ONLINE: Wann war es schlimmer: Nach dem Abpfiff, nach dem Duschen oder am nächsten Morgen?

Schwarzer: Meistens abends im Bett, vier bis fünf Stunden nach dem Spielende, wenn das Adrenalin den Körper verlassen hat.

ZEIT ONLINE: Waren Sie zufriedener, wenn es abends wehgetan hat?

Schwarzer: Der Schmerz ist jedenfalls geringer, wenn du erfolgreich warst. Ich habe mal einen Begriff kreiert: den Verwerfschmerz. Wenn man das Tor nicht trifft, schmerzen die Kleinigkeiten mehr.

ZEIT ONLINE: Haben Handballer eigentlich Lust auf Schmerzen?

Schwarzer: Man findet sich mit dem Thema ab. Bei uns Handballern kugelt sich selten jemand zehnmal über den Hallenboden, obwohl er nichts hat. Wenn einer liegen bleibt, dann ist es meistens ernst. Auf Schmerzen freuen sich aber nur die Wenigsten. Es ist wie überall: Bei manchen muss der Arm ab sein, damit sie Schmerzen empfinden, bei anderen reicht ein kleiner Kontakt.

ZEIT ONLINE: Was schmerzt mehr: Angriff oder Abwehr?

Schwarzer: Ein Trainer von mir sagte mal: Wer sich in der Abwehr verletzt, der ist selbst schuld. Wenn einer von beiden Schmerzen hat, ist es der Angreifer. Das Verhältnis würde ich auf etwa 80 zu 20 schätzen.

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