/“Tatort” Dortmund: Noch ein Pilsken für den Pott

“Tatort” Dortmund: Noch ein Pilsken für den Pott

Kurz
vor Weihnachten wurde das allerletzte Stück Steinkohle in Deutschland abgebaut,
nun fördert der WDR schon einen Tatort zum Ende des Bergbaus zutage. In Zorn
wird der ehemalige Bergmann Andreas Sobitsch erschossen am Dortmund-Ems-Kanal
geborgen. Bis zuletzt hat er sich für die Interessen der Bergleute eingesetzt
und versucht, Entschädigungen für sie zu erstreiten. Doch die einst
eingeschworene Gemeinschaft ist zerstritten, wie die wieder im Quartett
agierenden Kommissarinnen und Kommissare aus Dortmund herausfinden: Auf dem
Gelände der Zeche soll ein Freizeitpark eröffnen. Dreht sich hier alles um die
Verlierer des Strukturwandels in der Region? Und wie weit geht ihre Wut? Bald
schon lassen sich nämlich Verbindungen zu rechtsextremistischen Gruppen
ausmachen, und Hauptkommissar Faber (Jörg Hartmann) landet zuerst bei einem
Reichsbürger, der sich in seinem “Freien Reich Frieden” verschanzt hat, und
dann bei einer Mitarbeiterin des Verfassungsschutzes. Also bei einem Modethema
des Tatorts in letzter Zeit. 

1. Worüber werden am Montag alle reden?

Christian Buß: Über
die alten Schimanski-Tatorte. Denn
wie dort in den Achtzigerjahren in die Arbeitswelt der Zechen und Stahlwerke
eingetaucht wurde, so führt auch dieser Faber-Tatort ins Kumpel- und Malocher-Milieu. Zumindest ein allerletztes
Mal, da diese Welt im Strukturwandel des Ruhrpotts endgültig untergeht.

Lars-Christian Daniels: Über
die stillgelegte Zeche Sophie Charlotte, das “Freie Reich Frieden” und die
tollen Chancen für Quereinsteiger in Freizeitparks. Der Fachkräftemangel macht
selbst vor der Geisterbahn nicht Halt.

Matthias
Dell:
Über
die richtige Auflösung des Falls. Spoiler: Vergeblich.

Kirstin
Lopau:
Darüber,
dass Faber ziemlich wenig fabert und sich sogar einmal (ist es nicht sogar das
erste Mal seit Dienstbeginn?) mit Vornamen vorstellt. Nicht, dass er sich so
langsam entfabert.

2. Was haben Sie aus diesem “Tatort” gelernt?

Christian Buß: Der
Pott ist tot.

Lars-Christian Daniels: Wie
man hartnäckige Rückenschmerzen loswird: Auf die Chakren kommt es an! Und
natürlich aufs Rauchquarz. Ganz wichtig.

Matthias
Dell:
Dass
Reiki gegen Rückenschmerzen hilft.

Kirstin
Lopau:
Wir
erhalten viele Vorlagen für ausgemachte Depressionen und Selbstmordgedanken:
“Uns fickt schon jeden Tag das Leben. Das reicht dann am Abend.”
Oder: “Sie machen sich hier fertig, bis es für die Klapse reicht.”
Oder: “Wenn man so ein Team hat, braucht man keine Feinde.” Positiv
mitnehmen können wir, dass Reiki anscheinend wirklich gegen Rückenschmerzen
hilft, auch wenn die Hauptkommissarin sich noch so dagegen wehrt.

3. Welche Frage bleibt offen?

Christian Buß: Weshalb
muss eigentlich dieser Schwenk zur “Reichsbürger”-Problematik sein?
Als Milieukrimi über abgewickelte Malocher funktioniert die Folge auch ohne den
Schwenk zum Tatort-Modethema.

Lars-Christian Daniels: Pawlak
und Dalay: Duzen sie sich jetzt oder siezen sie sich jetzt? Und wann kommt es
zum Wiedersehen mit Markus Graf (Florian Bartholomäi), der mittlerweile in
Hamburg sein Unwesen treibt?

Matthias
Dell:
Wann
und wie hat Martina Bönisch (Anna Schudt) denn ihre Vorbehalte gegen Reiki
verloren?

Kirstin
Lopau:
Hätte
nicht arbeitslose Bergbaukumpels versus Umweltschutz als Thema gereicht?
Mussten unbedingt noch Reichsbürger und Verfassungsschutz thematisch
untergebracht werden?

4. Welche Rolle hätte man besser besetzen sollen? Und mit wem?

Christian
Buß:
Ein
schönes Ensemble abgekämpfter Pott-Querköpfe, rustikal besetzt, wie es die
Geschichte erfordert.

Lars-Christian Daniels: Keine,
alle überzeugend besetzt. Aber irgendwie hätte ich mir noch Ur-Ruhrpottler Willi
Thomczyk in diesem Tatort
gewünscht. 

Matthias Dell: Welche
Rollen?

Kirstin
Lopau:
Nora,
wir müssen reden. Was ist mit dir los? Dein Ungerechtigkeitsempfinden in Sachen
Beförderung tut dir und deiner Rolle nicht gut. Ich möchte bitte die alte Nora
zurück!

5. Von welcher Szene werden Sie träumen?

Christian Buß: Von
Pilsken und Kippen, wie sie die Bergleute hier im Minutentakt konsumieren.
Macht Durst, dieser Tatort.

Lars-Christian Daniels: “Ommmmmmmm …” – “Echt jetzt?”

Matthias
Dell:
Wie
Faber (Jörg Hartmann) zum Reichsbürger Keller (Götz Schubert) reingeht und mit
dem plaudert, während Verfassungsschutz und Polizei dumm und unfähig am Tor vom
Privatstaatsgebiet warten. Dieser Faber ist nun wahrlich ein toller Hecht, der
zeigt es allen, und das immer.

Kirstin
Lopau:
Von einem lächelnden Faber, der sich mir vorstellt: “Mein
Name ist Peter Faber.”

6. Von 0 (super spannend) bis 10 (schon um halb neun eingeschlafen): Wie viele goldene Schlafmützen bekommt dieser “Tatort”?

Christian
Buß:
3
Schlafmützen 😴
😴
😴

Lars-Christian
Daniels:
4
Schlafmützen 😴
😴
😴
😴

Matthias
Dell:
7
Schlafmützen 😴
😴
😴
😴
😴
😴
😴

Kirstin
Lopau:
Für
Dortmund eher schwach, aber dennoch nur 3 Schlafmützen 😴
😴
😴

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