/AfD-Spendenaffäre: “Alice Weidel trägt politische Verantwortung”

AfD-Spendenaffäre: “Alice Weidel trägt politische Verantwortung”

Über
die Schweizer Pharmafirma PWS wurden im Bundestagswahljahr 2017 insgesamt
130.000 Euro auf das Konto des AfD-Kreisverbands Bodensee überwiesen.
Das ist der Kreisverband im Wahlkreis der AfD-Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel.
Die Partei hat das Geld erst Monate später
in die Schweiz zurücküberwiesen und die Spende der Bundestagsverwaltung zu
spät mitgeteilt.

PWS
hatte zunächst
angegeben, die
Firma habe das Geld für
einen
Gönner der AfD weitergeleitet,
der anonym bleiben wolle. Nach Vorwürfen der illegalen Parteienfinanzierung hat die AfD der Bundestagsverwaltung
nach Informationen mehrerer Medien jetzt aber eine Liste mit 14 Spendern
vorgelegt
,
von denen das Geld
kommen soll.

Sophie
Schönberger

ist Professorin für Öffentliches Recht an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Sie ist Expertin für Parteienrecht.

ZEIT
ONLINE:
Frau Schönberger, jetzt soll nicht ein
Spender, sondern es sollen 14 Spender hinter der Zahlung an den
AfD-Kreisverband Bodensee stehen. Ändert das etwas an
der möglichen Strafbarkeit der Spende?

Sophie
Schönberger: Aus
rechtlicher Sicht ändert es nichts. Die Spende bleibt aus zwei
Gründen illegal: Das Geld ist erstens über eine Schweizer Firma an
die AfD geflossen und damit eine Auslandsspende. EU-Bürger dürfen
immer an deutsche Parteien spenden. Bürger aus der Nicht-EU, wie im
jetzigen Fall aus der Schweiz, dürfen nur spenden, wenn das Geld von
Deutschen oder von EU-Bürgern kommt. Zweitens ist die Spende
wahrscheinlich eine Strohmannspende, weil die Identität der Spender
verschleiert wurde, was ebenfalls verboten ist.

ZEIT
ONLINE:
Die Spender sollen aber doch Deutsche und EU-Bürger
gewesen
sein
. Hat das einen Einfluss?

Schönberger:
Nein, weil das Geld über die Schweiz geleitet und die Identität
verschleiert wurde. Wenn die Leute direkt gespendet hätten, wäre es
überhaupt kein Problem und völlig legal gewesen.

ZEIT
ONLINE:
Was will die AfD mit der Spenderliste erreichen?

Schönberger:
Offensichtlich versucht die AfD, eine andere Rechtsauffassung zu
vertreten und zu sagen: Im Ergebnis stammt das Geld von EU-Bürgern
und Deutschen, also von legalen Spendern. Die Umleitung über die
Schweiz blenden sie aus. Sie versuchen, damit die Sanktionen zu
umgehen.

ZEIT
ONLINE:
Mit welcher Höhe an Strafzahlungen muss die AfD rechnen?

Schönberger:
Mit dem Dreifachen der Spendensumme, also mit 390.000 Euro. Das Geld
würde an die Bundestagsverwaltung gehen und dann in den
Bundeshaushalt fließen. Früher wurde
das Geld an karitative Organisationen weitergegeben, das hat man vor
ein paar Jahren geändert.

AfD-Spendenaffäre: Sophie Schönberger

Sophie Schönberger
© Jochen Müller / HHU

ZEIT
ONLINE:
Die
Staatsanwaltschaft Konstanz ermittelt bereits gegen
den
AfD-Kreisvorstand
Bodensee wegen
des Verdachts
eines Verstoßes gegen das Parteiengesetz
.
Müssen
die Betroffenen
mit einer Verurteilung rechnen?

Schönberger:
Ich halte es für unwahrscheinlich,
dass es zu einer strafrechtlichen Verurteilung kommt. Die
Hürden dafür sind sehr
hoch. Man muss den
Betroffenen
nachweisen, dass sie ganz bewusst den Rechenschaftsbericht
verfälschen wollten. Und da sehe ich im Moment, bei allen
Schwierigkeiten, bei allen Problemen und auch bei allem unguten
Taktieren der AfD, keine Anhaltspunkte.

ZEIT
ONLINE:
Welche Verantwortung trägt Alice Weidel? Die 130.000 Euro
waren auf dem Parteikonto ihres Wahlkreises eingegangen.

Schönberger:
Rechtlich gesehen trägt Alice Weidel keine direkte Verantwortung, aber sie
trägt eine politische. In
erster Linie müssen die Kreisschatzmeisterin, der
Landesschatzmeister und auch der Bundesschatzmeister sicherstellen,
dass mit Spendengeld
sorgfältig umgegangen wird.
Die haben auch direkten Zugriff auf die Konten. Das Geld ist auf
einem Parteikonto eingegangen und nicht auf dem Privatkonto
von Frau Weidel.

Sie
war jedoch mittelbar
Begünstigte: Das Geld
sollte für ihren Wahlkampf ausgegeben werden. Wir können davon
ausgehen, dass sie deswegen auch über die Spende informiert war. Auf
einer politischen Ebene trägt sie natürlich Verantwortung dafür,
dass die Spenden für ihren Wahlkampf dann auch vernünftig verbucht
werden.

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