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Donald Trump: Notstand im Weißen Haus

So ein nationaler Notstand, das würde Donald Trump wohl gefallen. Und auch seinen Anhängern. Einfach mal durchgreifen, ohne lästige Abstimmungen und Kompromisse. Endlich die Mauer zu Mexiko bauen und gleichzeitig den starken Mann markieren. Aber so einfach wird es nicht. Man werde sehen, was in den nächsten Tagen passiert, sagte der US-Präsident in einem an der Grenze geführten Interview mit dem Fernsehsender Fox News. Wahrscheinlich dies: Viele werden ihm abraten. Ob er auf sie hört, ist eine andere Frage.

Was Trump möglicherweise vorhat, um das Geld für die Mauer endlich lockerzumachen, ist erst einmal nicht ganz so drastisch, wie es klingt. Die Rede ist nicht von einem Ausnahmezustand, der große Teile der demokratischen Prozesse aushebeln würde, also nicht von türkischen oder ägyptischen Zuständen – auch wenn aus Trump manches Mal der Neid auf so agile Autokraten wie Erdoğan oder al-Sissi spricht. Die Befugnisse des Präsidenten würden kurzfristig deutlich erweitert, aber nicht außerhalb der Kontrolle von Kongress und Justiz.

In diesem Fall geht es ums Geld. Entgegen Trumps Versprechen war immer klar, dass Mexiko nicht für sein großes Symbol, die Mauer an der Grenze, bezahlen würde. Bleibt also nur der US-amerikanische Steuerzahler. Über dessen Geld verfügt aber eben nicht der Präsident, sondern der Kongress: Keinen Dollar kann Trump ausgeben ohne entsprechendes Gesetz. Läuft der Haushalt aus, braucht es einen neuen. Ohne Einigung ist plötzlich Schicht für viele, die von der Regierung oder Bundesverwaltung bezahlt werden. Trump hat den sogenannten Shutdown diesmal zu verantworten: Er blockiert den Haushalt, weil die Finanzierung für seine Mauer nicht veranschlagt wurde. Und er scheint zu keinem Kompromiss bereit.

Die Mauer als “militärisches Bauprojekt”

Aber wie so oft ist Trump offenbar bereit, aufs Ganze zu gehen, also einen nationalen Notstand auszurufen, um am Kongress vorbei das Geld für seine Mauer ausgeben zu können. Die Anforderungen dafür sind zunächst eher formeller Natur. Der Präsident kann den Notstand einfach deklarieren, die geforderte konkrete Begründung dürfte dem gleichen, was Trump immer wieder über die Lage an der mexikanischen Grenze gesagt hat: eine akute Krise der nationalen Sicherheit, ausufernde illegale Migration, Drogenschmuggel, Terrorgefahr – mag das auch die realen Entwicklungen falsch wiedergeben.

Ist der Notstand ausgerufen, gibt es unzählige Gesetze, auf die sich Trump berufen könnte, um konkret aktiv zu werden. Laut Medienberichten wird geprüft, die Mauer angesichts der vermeintlichen Sicherheitskrise als “militärisches Bauprojekt” einzustufen. Der Verteidigungsminister kann solche Vorhaben in Notlagen ohne Zustimmung des Kongresses anweisen. Ebenso dürfte er zivile Projekte der Armee stoppen, um Soldaten für den Bau von Einrichtungen abzustellen, “die essenziell sind für die nationale Verteidigung”. Die Mauer als militärische Befestigung gegen die akute Bedrohung von außen, die nur so abzuwenden ist – eine fragwürdige Argumentation.

Der Kongress, entsprechende Mehrheiten vorausgesetzt, könnte die Deklaration des Notstands direkt anfechten. Beide Kammern könnten beschließen, ihn gleich wieder zu beenden. Würde Trump dagegen sein Veto einlegen, bräuchte es eine Zweidrittelmehrheit in Repräsentantenhaus und Senat, um ihn zu überstimmen. Die Demokraten, die sich weiterhin strikt gegen die Finanzierung des Mauerbaus stellen, wären dabei eine sichere Bank. Fraglich ist allerdings, wie sich die Republikaner verhalten würden.

Die Bagger würden nicht sofort rollen

Darüber hinaus ist mit umgehenden juristischen Schritten gegen die Notstandsregelungen zu rechnen. Die würden sich wahrscheinlich lange hinziehen, mit einstweiligen Verfügungen könnte Trumps Handlungsfähigkeit aber derweil blockiert werden. Selbst wenn der Präsident theoretisch über die Mittel aus dem Verteidigungsetat verfügen könnte, würden womöglich nicht sofort die Bagger rollen. Und auch direkt an der Grenze würde das Projekt auf Probleme stoßen, die vor Gericht landen dürften: Vielerorts müssten Landbesitzer enteignet und entschädigt werden, der Streit darum könnte Jahre dauern.

Trump käme also dem Ziel seiner populistischen Träume nur schwerlich näher, der Mauerbau hätte noch viele Hürden zu überwinden. Es dürfte ihm eher um die symbolische Wirkung gehen. Seine Anhänger sollen sehen, dass er nicht nachgibt und alle Mittel ausschöpft. Denn im Haushaltsstreit hat sich der Präsident in eine unmögliche Position manövriert: Verzichtet er auf die Mittel für die Mauer, erscheint er schwach; doch je länger der Shutdown anhält, desto mehr bricht ihm die Unterstützung weg. Trump braucht jemanden, dem er die Schuld geben kann – die Opposition und die Justiz am liebsten. Nur so kann er die unpopuläre Haushaltssperre beenden, für die er selbst die Verantwortung trägt.

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