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Linksfraktion: Ein Brandmäuerchen gegen Sahra Wagenknecht

Als Sahra Wagenknecht in einem Berliner Hotel die ersten Interviews gibt, wirkt sie nicht sonderlich aufgeregt. Angesprochen auf Presseberichte, wonach Abgeordnete bei der Fraktionsklausur “Brandmauern” gegen sie errichten wollten, winkt die Fraktionschefin ab: “Hier brennt es nicht.”

Noch vor Weihnachten schien es, als könnte es bei der Fraktionsklausur zur Abrechnung mit Wagenknecht kommen. Zu oft hatte die Fraktionschefin die eigene Fraktion im vergangenen Jahr gegen sich aufgebracht. Die von ihr gegründete Sammlungsbewegung Aufstehen sahen viele als Konkurrenz zur eigenen Partei und warfen ihr vor, vor allem in Migrationsfragen andere Positionen zu vertreten als die Linke.

Dass Wagenknecht dann auch noch anders als die Mehrheit ihrer Fraktion den UN-Migrationspakt ablehnte und das Bündnis Unteilbar kritisierte, das im Herbst 2018 in Berlin eine Massendemonstration für eine offene Gesellschaft organisiert hatte, tat sein Übriges. Der langjährige Bundestagsabgeordnete Thomas Nord drohte gar mit seinem Rückzug aus der Fraktion.

Versuchte Einhegung

Von einem Abwahlantrag war bei der jetzigen Klausur, anders als dies noch im Herbst gerüchteweise der Fall war, jedoch keine Rede mehr. Stattdessen versuchte eine Gruppe von Abgeordneten, der Fraktionschefin mit zwei Papieren Grenzen zu setzen.

Eines davon stellt klar, dass die Linke das weiterhin aktive Bündnis Unteilbar unterstützt. Dessen Aussagen und Forderungen seien “Kernanliegen linker Politik”. Sie entsprächen dem “individuellen und programmatischen Selbstverständnis”. Die Debatte darüber sei “kontrovers und engagiert” gewesen, berichtet Mitunterzeichnerin Kathrin Vogler. Am Ende wurde der Antrag aber mit kleineren Änderungen einstimmig angenommen.

Ein zweites Papier beschäftigt sich ausdrücklich mit Wagenknechts Aufstehen-Bewegung. Es hält fest, dass Abgeordnete der Linksfraktion keine Forderungen von Aufstehen unterstützen dürften, die “im Widerspruch zu den programmatischen Forderungen der Linken stehen”. Aufstehen müsse sich von rechtsextremen Parteien und Strukturen abgrenzen. Zudem dürften Aufstehen-Gruppen nicht zu Wahlen antreten. Am kritischsten für Wagenknecht dürfte wohl Punkt vier gewesen sein: Es solle auf die Absicht verzichtet werden, mithilfe äußeren Drucks Entscheidungen in der Partei zu “präjudizieren“. Schließlich hatte Wagenknecht mehrfach erklärt, dass Aufstehen genau so wirken solle – auch wenn sie dabei eher SPD und Grüne in den Blick nahm als ihre eigene Partei.

Alles selbstverständlich

Auch zu diesem Papier gab es Diskussionen. Allerdings hatten die Autorinnen und Autoren schon im Vorfeld darauf verzichtet, es zur Abstimmung zu stellen. Im Grunde verpflichtet es also niemanden zu nichts. In der Debatte dazu gab es wohl auch deshalb vor allem Zustimmung. Das seien alles Selbstverständlichkeiten, versicherten diejenigen Fraktionsmitglieder, die bei Aufstehen mitmachen. Auch Wagenknecht selbst hatte zu Beginn der Klausur daraufhin hingewiesen, dass Aufstehen die Forderungen in dem Papier nie infrage gestellt habe.

Was nun die Verpflichtung angeht, sich an die Parteilinie zu halten, so besteht das Problem ja gerade darin, dass diese von Wagenknecht und ihren Kritikern eben unterschiedlich interpretiert wird. Das Papier wird daran wenig ändern.

Dass die Fraktionsklausur der Linken trotz aller Differenzen bislang weitgehend friedlich verlief, dürfte aber vor allem daran liegen, dass auch den Linken klar ist, dass die Fortsetzung ihres Dauerzoffs der Partei nur schaden kann. Wie alle anderen Parteien plädieren sie deswegen für eine Rückkehr zu ihren eigentlichen Themen, vor allem der Sozialpolitik. Darüber hinaus ist Wagenknecht in Umfragen nach wie vor die beliebteste Politikerin der Linken – vor allem im Osten.

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