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INF-Vertrag: Einen Atomkrieg in Europa verhindern

US-Präsident Donald Trump hat angedroht, aus dem INF-Vertrag mit Russland auszusteigen. Der Vertrag verbietet Mittelstreckenwaffen und war ein wichtiges Instrument auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges für Abrüstungsverhandlungen. Auch ist der Vertrag entscheidend für die Infrastruktur der Sicherheit in Europa, das von einem atomaren Wettrüsten zwischen den USA und Russland besonders betroffen wäre. Der Vorsitzende der deutschen Sektion der IPPNW ( Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges), Alex Rosen, sieht jetzt vor allem Deutschland am Zug, zu vermitteln.

Einsam sitzt der Mann vor seinem Computer im Kontrollraum einer
sowjetischen Armeebasis, etwa 50 km südlich von Moskau. Auf beiden Bildschirmen
sieht er, wie sich fünf atomare Interkontinentalraketen aus den USA ihren Weg in
Richtung der sowjetischen Hauptstadt bahnen. Die Satellitendaten ergeben, dass
sie in weniger als einer halben Stunde einschlagen. Er kann nicht glauben, dass
dies tatsächlich passiert, und beschließt, die Meldung als Fehlalarm zu werten.

INF-Vertrag: Dr. med. Alex Rosen ist Vorsitzender der deutschen Sektion der IPPNW (Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges) und seit ihrer Gründung aktiv in der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN), die 2017 den Friedensnobelpreis erhielt.

Dr. med. Alex Rosen ist Vorsitzender der deutschen Sektion der IPPNW (Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges) und seit ihrer Gründung aktiv in der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN), die 2017 den Friedensnobelpreis erhielt.

© IPPNW Deutschland

Er lag damit richtig. Seine Stelle verlor er dennoch. Der Mann hieß
Stanislaw Petrow und seine einsame Entscheidung hat am 26. September 1983 die
Menschheit vor einem vernichtenden Atomkrieg bewahrt. Er wurde durch einen Film
bekannt, als “der Mann, der die Welt rettete”. In den 45 Jahren des Kalten Kriegs gab es viele Menschen wie ihn, die durch ihr Handeln eine atomare
Katastrophe verhindern konnten.

Eine
atomare Auseinandersetzung zwischen den USA und Russland mag heutzutage schwer
vorstellbar erscheinen, doch die Sicherheitsarchitektur, die von Militärs und
Diplomaten über viele Jahre sorgfältig aufgebaut wurde um einen Atomkrieg zu
verhindern, wird gerade eifrig demontiert. Nach dem Austritt der USA aus dem
ABM-Vertrag über die Begrenzung von Raketenabwehrsystemen durch George W. Bush
hat US-Präsident Donald Trump nun die Aufkündigung des INF-Vertrages angedroht,
der 1987 die Stationierung von Mittelstreckenraketen in Europa beendete. 

Der
INF-Vertrag bewirkte, dass auf dem Höhepunkt des Kalten Kriegs die USA 846
Raketen und 32 Startplätze abbauten, die UdSSR sogar 1.846 Raketen und 117
Startplätze. Dies verlängerte die benötigte Flugzeit der stationierten
Atomraketen und damit die Vorwarnzeit. Die Wahrscheinlichkeit eines
versehentlichen Atomkrieges wurde somit erheblich eingeschränkt. Die
Unterzeichnung des Vertrages durch Ronald Reagan und Michail Gorbatschow war
eine wichtige vertrauensbildende Maßnahme und legte den Grundstein für
weitere Abrüstungsverhandlungen wie den START-Vertrag.

Sowohl Russland als auch
die USA verfügen heute über Waffensysteme, die entgegen den Statuten des
INF-Vertrages eingesetzt werden könnten. Auch wenn es aktuell keine öffentlich
zugänglichen Beweise für einen Vertragsbruch gibt, ist klar, dass beide Länder
gegen den Geist des INF-Vertrages verstoßen und diesen auszuhöhlen drohen – die
USA mit dem Aegis-Raketenabwehrsystem und Russland mit neuen
9M729-Marschflugkörpern.

Ein neues atomares
Wettrüsten droht nicht nur, es ist längst in vollem Gange. Die USA investieren
Milliarden in den Ausbau ihrer B61-Atomwaffen in Europa und umkreisen Russland
mit einer Reihe von Raketenabwehrstationen, während Russland
Kurzstreckenraketen in Kaliningrad stationiert und neue Raketentypen mit
Hyperschallantrieb entwickelt, die die US-amerikanische Raketenabwehr
durchbrechen können.

Profiteure dieses neuen
Rüstungswettlaufs sind die Rüstungskonzerne. Leidtragende sind vor allem die
Menschen in Europa. Das Risiko eines Atomkriegs durch Fehlalarme,
Cyberattacken oder menschliches Versagen steigt wieder an.

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