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Drogendramen: Wer einem noch in der Hölle die Hand hält

Drogensucht ist in den USA eine Epidemie. 170 Menschen sterben
täglich an einer Überdosis
. US-Präsident Donald Trump hat deshalb bereits 2017 einen
Gesundheitsnotstand ausgerufen. Im Januar laufen nun in Deutschland gleich zwei
amerikanische Filme an, die das Thema aufgreifen. Dabei wollen weder Ben
is Back, 
noch Beautiful Boy eine große politische
Aussage zu Amerikas Opioidkrise treffen. Eigentlich interessieren sie sich
nicht mal wirklich für die suchtkranken Jungen im Kern ihrer Geschichten. Es geht
ihnen vielmehr um die Liebe zwischen Mutter und Sohn beziehungsweise Vater und
Sohn, und all den Druck, die Schuldgefühle und Erwartungen, die damit verbunden
sind. Sie fordern uns auf, neben den Leidenden zu sitzen und ihre Hand zu
halten. Aber ist das genug?

Das Drehbuch zu Ben is Back hat Peter Hedges
geschrieben, der den Film auch mit seinem begabten Sohn Lucas Hedges in der
Titelrolle inszenierte. Die Rolle der Mutter, die eigentliche Hauptrolle,
übernahm die großartig spielende Julia Roberts. Es ist der Vorweihnachtstag in
einer kältestarren Kleinstadt im Bundesstaat New York. Die idyllische Vorfreude
kippt in blanken Horror, als der 19-jährige Ben unerwartet in der
Familieneinfahrt steht. Zwar schließt die Mutter, Holly, ihren verlorenen
Sohn instinktiv in die Arme. Aber sie macht sich
keinerlei Illusionen mehr. Es wäre nicht das erste Mal, dass ihr Sohn sie
manipuliert. Also versteckt sie ihren Schmuck und räumt das Medizinschränkchen
leer. Auch Bens Schwester (Kathryn Newton) sowie sein Stiefvater (Courtney B. Vance), der für Bens Entzüge bezahlt, bleiben von Anfang an skeptisch.

Nach einer Sportverletzung bekam Ben einst süchtig machende
opiathaltige Schmerzmittel verschrieben und ist dann in die Heroinsucht
abgerutscht. Die Familie will jetzt vernünftigerweise, dass er in die Klinik
zurückkehrt – doch schließlich lassen sich alle auf einen Kompromiss ein: Ben
darf einen Tag bleiben, schließlich ist Heiligabend. Die Dinge beginnen, aus
den Fugen zu geraten, als nach der Christmette der geliebte Familienhund
verschwindet und dem Drama einen Grund liefert, um Ben und seine Mutter auf
eine Odyssee durch die Nacht zu schicken, während der sie dunklen Gestalten aus
Bens Zeit als Junkie und Dealer begegnen. 

Ben is Back hat
ein interessantes Setting, aber es trägt nur, bis der Film in eine Art Kleinstadt-Krimi
abdriftet. Dann wird das Suchtdrama zu einem haarsträubenden Hollywoodfilm – zu
unglaubwürdig, um ihn zu mögen. Immerhin zeichnet er in seinen subtileren
Momenten das Bild einer amerikanischen Kleinstadt, das eben nicht nur so sonnig
wie Hollys Realität ist. Die Drogenkrise wäre damit endgültig im amerikanischen
Bürgertum angekommen. 

Am besten ist Ben is Back, wenn er zeigt, wie
schwierig es ist, einen Süchtigen zu lieben – und um wie viel schwieriger noch für
einen Süchtigen, sich selbst zu lieben. “Ich bin es nicht wert”, sagt
Ben einmal zu seiner Mutter, die trotz allem, was passiert ist, den Glauben an
ihren Sohn nicht verloren hat. Julia Roberts ist ein herzzerreißendes Bild
mütterlicher Hingabe. Sie lächelt immer noch ihr berühmtes Lächeln, aber hier
spürt man die wilde Verzweiflung dahinter. Wenn irgendjemand Ben retten kann,
dann ist es wohl diese Mutter. Aber es ist zu keinem Zeitpunkt sicher, dass sie
das tatsächlich kann.

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