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Sprachliche Radikalisierung: Wie aus Sprache Gewalt wird

Fangen wir mit 1984 an – nicht mit dem historischen Datum, fünf Jahre
bevor in Deutschland, in Osteuropa und mit dem Fall der Sowjetunion auch in der Weltordnung
alles sich wendete, sondern mit George Orwell und seinem gleichnamigen Roman. In diesem
deprimierend visionären Buch wird ein System der absoluten Kontrolle beschrieben, ein
totalitäres Regime, das die sprachlichen Äußerungen und das Verhalten der ihm Unterworfenen
auf eine so umfassende Weise manipuliert, dass niemand ihm entkommen kann, auch nicht der
Protagonist, durch dessen Augen wir diese Welt sehen. Dieser Winston Smith, ein englischer
Jedermann, ist das Alter Ego des Autors, von dem die Biografen berichten, er habe sich, schwer
an Krebs erkrankt, auf die Hebrideninsel Jura zurückgezogen, um dort 1948, drei Jahre nach
Kriegsende, seinen Roman zu vollenden. Und da sitzt nun ein tief verzweifelter Mensch,
moribund, und schreibt die schwärzeste Fiktion des Jahrhunderts, ein Buch, in dem die Zukunft
des Kontinentes besiegelt scheint und es kein Außen mehr gibt.

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