/Robert Habeck: “Twitter hilft nicht, ehrlich zu sprechen”

Robert Habeck: “Twitter hilft nicht, ehrlich zu sprechen”

DIE ZEIT:
Herr Habeck, vergangene Woche wurde bekannt, dass ein Krimineller die
Facebook-Kommunikation Ihrer Familie gehackt und ins Netz gestellt hat, darunter sehr
private Dinge. Wie geht es Ihrer Familie und Ihnen nun damit?

Robert Habeck:
Uns geht es genauso wie wahrscheinlich Tausenden anderen, die von so etwas betroffen sind,
nur mit mehr Öffentlichkeit. Das ist natürlich kein gutes Gefühl. Aber es wurden
Sicherheitsmaßnahmen ergriffen, in der Hoffnung, dass so etwas nicht noch einmal passiert.
Und gut ist, dass der mutmaßliche Täter jetzt gefasst ist und sicher dann die entsprechenden
Konsequenzen gezogen werden. Solch ein Datendiebstahl ist eine ernste Sache, kein
Kavaliersdelikt.

ZEIT:
Der zweite digitale Zwischenfall, den Sie erlebt haben, hat einen ganz anderen Charakter.
Da geht es um ein Video von Ihnen, das auf Twitter zu sehen war, mit einem arrogant
wirkenden Aufruf für den Landtagswahlkampf in Thüringen, in dem der Eindruck entstand, erst
Sie und die Grünen würden die Demokratie dorthin bringen
. Dafür haben Sie viel Gegenwind
bekommen und dann sowohl Ihren Twitter- wie Ihren Facebook-Account gelöscht. Was hat
eigentlich das eine mit dem anderen zu tun, außer psychologisch?

Habeck:
Inhaltlich nichts, nur zeitlich. Über Twitter wurden die privatesten Daten meiner Familie,
quasi ein Tagebuch, öffentlich verbreitet, vieles abgefischt bei Facebook. Und das traf zum
Jahresanfang zusammen mit der Video-Geschichte. Da habe ich mich gefragt, warum mir ein
solcher Fehler zum zweiten Mal passiert – es gab ja ein ähnliches Video von mir schon im
Bayern-Wahlkampf. Beide waren für Twitter gedacht, und wahrscheinlich habe ich mich
unbewusst auf die Art von Twitter eingestellt.

ZEIT:
Was hat es denn auf sich mit Ihnen und Twitter?

Habeck:
Das Medium beeinflusst eben auch die Botschaft, Twitter verlockt – jedenfalls mich – zu
aggressiverer und zugespitzter Kommunikation.

ZEIT:
Man könnte auch sagen, die Parallele besteht nicht im Medium, sondern darin, dass Sie sich
als eine Art demokratischen Erlöser sehen.

Habeck:
Das tue ich nicht.

ZEIT:
Aber es wirkt in den Videos so.

Habeck:
Eben! Und das widerspricht allem, was ich politisch denke und will, nämlich die Gegenseite
zu respektieren, die anderen Positionen ernst zu nehmen und den Ausgleich zu suchen.
Selbstverständlich kann ich meine blinden Flecken nie vollständig ausleuchten, aber ich
weiß: Das ist mein politisches Projekt und nichts anderes. Und wenn ich merke, dass ich das
selbst konterkariere, dann muss ich daraus ja für mich Konsequenzen ziehen.

ZEIT:
Nun kann es bei dem Thüringen-Video nicht am Tempo von Twitter gelegen haben, denn es war
schon wochenlang fertig, bevor es dann gepostet wurde. Da müssen doch auch professionelle
Kontrollmechanismen versagt haben.

Habeck:
Klar gab es auch Management-Fehler, aber ich war es, der dieses Video gesprochen hat, also
ist es meine Verantwortung.

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