/Alexander Steinhilber: “Die Orgel kann alles”

Alexander Steinhilber: “Die Orgel kann alles”

Mozart nannte die
Orgel die Königin aller Instrumente. Unter dem Motto “Hamburg zieht alle
Register” feiert die Stadt mit mehr als 900 Konzerten und anderen
Veranstaltungen ein oft unterschätztes Instrument. Wie faszinierend die Orgel
sein kann, erklärt Alexander Steinhilber, der Orgelbeauftragte der Stadt.

ZEIT ONLINE: Die Orgel
gilt als langweilig und verstaubt. Die meisten Menschen denken erst einmal an
Kirchenmusik. Was entgegnen Sie denen?

Alexander
Steinhilber:
Die Orgel kann alles! Viele glauben, die Orgel sei ein lautes Instrument
für getragene Musik, das von einem Typen im Rollkragenpullover gespielt wird.
Aber die Orgel kann auch leise sein und sehr virtuos gespielt werden. Sie ist
kein graues Monster, sondern eine feine Dame. Auf der Orgel kann die Musik für
ein ganzes Orchester erklingen, nur dass man dafür statt 60 Musiker nur einen
braucht. Orgel kann auch nicht nur klassische Musik, sondern genauso Jazz und
Pop.

Alexander Steinhilber: Alexander Steinhilber ist selbst Organist und seit 2011 Orgelbeauftragter der Freien und Hansestadt Hamburg.

Alexander Steinhilber ist selbst Organist und seit 2011 Orgelbeauftragter der Freien und Hansestadt Hamburg.
© Kathrine Nielsen

ZEIT ONLINE: Wie
wollen Sie im Orgeljahr die Menschen für das Instrument begeistern?

Steinhilber:
Indem wir nicht nur Konzerte in Kirchen machen, sondern überall: in Schulen,
beim Elbjazz-Festival, sogar an öffentlichen Plätzen. Dafür sind wir im Sommer auch
mit einer Orgel auf einem Truck unterwegs. Wir kommen damit zu den Leuten.
Außerdem wird es im Museum für Kunst und Gewerbe ab Juli die Ausstellung
“Manufaktur des Klangs” über 2000 Jahre Orgelbau und -musik geben. Da bauen wir
eine kleine Orgelwerkstatt auf. Die Besucher können nicht nur zuschauen,
sondern auch selbst ausprobieren. Darauf freue ich mich besonders.

ZEIT ONLINE: Sie
sind Orgelbeauftragter der Stadt. Wie steht es um die Orgeln in Hamburg?

Steinhilber: Gut,
wir haben hier viele herausragende Instrumente aus den unterschiedlichsten
Stilepochen – von bekannten Barockorgeln bis zum ganz modernen Instrument in
der Elbphilharmonie. Für das Orgeljahr haben wir die mehr als 300 Orgeln inventarisiert
und in einem virtuellen Stadtrundgang versammelt. Es gibt sogar vier Orgeln in
Gefängnissen, die bei Andachten gespielt werden. 1997 gab es schon mal so ein
Verzeichnis. Seitdem hat sich einiges getan. Manche Instrumente sind leider weg,
weil Kirchen aufgegeben wurden. Aber es gibt auch Neubauten. In der
Katharinen-Kirche steht zum Beispiel seit 2013 eine neue Orgel, die alte wird
jetzt in Polen gespielt.

ZEIT ONLINE: Was
haben Sie für Aufgaben als Orgelbeauftragter?

Steinhilber: Ich
kümmere mich um die 20 städtischen Instrumente, die in Schulen,
Veranstaltungssälen und eben in den Gefängnissen stehen. Ich begleite
Restaurierungsarbeiten und bin auch Ansprechpartner für das Denkmalamt, wenn
etwa an Orgeln in Kirchen gearbeitet wird. Da geht es ja nicht nur um das
Aussehen, sondern auch um den Klang.

ZEIT ONLINE:
Anlass des Festjahrs ist der 300. Todestag des Orgelbauers Arp Schnitger. Warum
ist er so wichtig?

Steinhilber: Arp Schnitger war einer der bekanntesten Orgelbauer des Barocks und hatte seine
Werkstatt in Neuenfelde. Von dort aus hat er im gesamten norddeutschen Raum
gearbeitet, von den Niederlanden bis Dänemark – und zwar qualitativ auf einem
sehr hohen Niveau. Schnitger hat einen eigenen Orgeltypus mit speziellem
Aussehen entwickelt, den Hamburger Prospekt – so nennt sich diese Anordnung der
sichtbaren Pfeifen. Sie findet sich auf der ganzen Welt wieder. Schnitgers
Bauweise setzte Maßstäbe und hat bis heute Auswirkungen auf den Orgelbau.

ZEIT ONLINE:
Haben Sie noch einen Tipp, was man im Orgeljahr als Hamburger auf jeden Fall
unternehmen sollte?

Steinhilber: Eine
Orgel-Führung! Das bekannteste Instrument von Arp Schnitger steht in der
Jacobi-Kirche. Da gibt es zum Beispiel jeden Donnerstag um 12 Uhr die
Möglichkeit, sich die Orgel genauer anzusehen. Für die Zuhörer bleibt das
Instrument sonst ja statisch, die Fassade sieht immer gleich aus, egal was zu
hören ist. Bei einer Führung kann man meist auf die Empore rauf und dort das
Instrument ganz aus der Nähe erleben. Das ist faszinierend. Und wenn man nett
fragt, darf man vielleicht auch mal eine Taste drücken.

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